DONNER & REUSCHEL: Mumm Briefing zum Wochenausklang
Zwar ist die akute Phase der Turbulenzen im US-Bankensektor überstanden, doch leiden weiterhin viele Institute unter erheblichen Mittelabflüssen. Dabei handelt es sich auch um eine Korrektur der stark angestiegenen Einlagenvolumina.06.04.2023 | 09:32 Uhr
Viele Anleger schichten offensichtlich liquide Vermögenswerte von kleineren zu größeren Banken und vor allem in Geldmarktfonds und Staatsanleihen um. Der Hintergrund dürfte neben Sorgen um die Standfestigkeit einzelner Institute die angesichts deutlich gestiegener Zinsen jetzt wieder vorhandenen Anlagealternativen sein.
Daher wäre ein wichtiger Beitrag zur weiteren Stabilisierung des Bankensystems die Anhebung der Einlagenzinsen. Das würde allerdings die ohnehin aktuell schwierige Profitabilität einiger Häuser weiter schwächen. Da gerade kleinere Banken – neben größeren Verlusten bei Anleihen auch von steigenden Ausfällen im Segment der gewerblichen Immobilienfinanzierungen, konjunkturell bedingt bei Unternehmenskrediten sowie im Falle einer künftig steigenden Arbeitslosigkeit bei Konsumentenkrediten – stärker betroffen sein dürften, schließen wir weitere Bankenpleiten oder Notverkäufe nicht aus. Allerdings ist das Ausscheiden von Banken aus dem US-Markt nicht ungewöhnlich. Zudem stehen Regulierer, die Regierung und die Notenbank Fed weiterhin bereit, um größere Turbulenzen zu vermeiden. Entsprechend halten die im Rahmen des aktuellen Ökonomenpanels vom ifo-Institut und der FAZ befragten Volkswirte zwar weitere Liquiditätsschwierigkeiten systemrelevanter Banken für möglich, rechnen jedoch überwiegend nicht mit einer schweren Finanzkrise wie im Jahr 2008.
In den USA nehmen die Anzeichen für eine bevorstehende Rezession weiter zu. Unter anderem rangiert der sogenannte „Powell-Spread“ – die Differenz zwischen der erwarteten Rendite 3-monatiger staatlicher Schuldtitel in 18 Monaten und der aktuellen Rendite – tief im negativen Bereich und signalisiert damit eine kommende wirtschaftliche Drosselung. Nicht zuletzt die aufgrund des restriktiven geldpolitischen Kurses der Fed sinkende Geldmenge bremst die wirtschaftliche Entwicklung. Zusammen mit den Schwierigkeiten des Bankensektors ist die Markterwartung, dass es zu keiner Leitzinshebung mehr kommt und die Fed ab Juli die Zinsen senkt. Solange jedoch am nahezu voll ausgelasteten Arbeitsmarkt keine Anzeichen für eine steigende Arbeitslosigkeit erkennbar wird, halten wir eine weitere Zinsanhebung Anfang Mai für die wahrscheinlichere Variante.
Die Konjunktur in Deutschland profitiert von weiter abnehmenden Lieferkettenproblemen, die es Unternehmen ermöglicht, die in den letzten Jahren aufgestauten Aufträge abzuarbeiten. Allerdings fehlen bisher ausreichend steigende Neuaufträge, um die Produktion auch im Sommerhalbjahr auszulasten. Ein Lichtblick ist dabei der Anstieg der Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe um 4,8 Prozent im Februar. Es wird sich jedoch erst in den kommenden Monaten zeigen, wie nachhaltig diese Entwicklung ist.
Sorgen bereiten die zuletzt schwachen Exporte Chinas angesichts der globalen Nachfrageschwäche, die eine sehr dynamische Wachstumsbelebung der chinesischen Volkswirtschaft fraglich machen. Auch der „OPEC-Schock“, die unerwartete Drosselung der Fördermengen durch das Ölpreiskartell und deren kooperierenden Staaten verunsichern kurzfristig die wirtschaftlichen Perspektiven. Es ist aber nicht damit zu rechnen, dass die Ölpreise deutlich über die aktuellen Niveaus hinaussteigen werden. Eher dürfte es eine Vorab-Reaktion auf die zunächst weiterhin schwächelnde Nachfrage sein. Unter dieser Annahme wird der Inflationseffekt der Energiekomponente aufgrund des Vergleichs der aktuellen Notierungen mit den Höchstwerten des Vorjahres in den kommenden Monaten dämpfend bleiben. Die wichtigere Frage ist, wann die bis zuletzt steigende Kernrate der Inflation – ohne die Komponenten Energie und Nahrungsmittel – drehen. Solange dies nicht nachhaltig erkennbar ist, wird die EZB an ihrem Zinserhöhungskurs festhalten.
Die globale anziehenden Zinsniveaus setzen zunehmend auch die japanische Notenbank Bank of Japan (BoJ) unter Zugzwang. Einerseits ist auch in Japan die Inflation im Januar auf den höchsten Stand seit Anfang der achtziger Jahre gestiegen und der deutlich abgeschwächte Yen verteuert wichtige Importe zusätzlich. Andererseits ist eine geldpolitische Wende nach Jahrzehnten ultra-expansiver Ausrichtung mit noch stärkeren Nebenwirkungen verbunden als in Europa oder den USA. Nicht zuletzt die enorme Staatsverschuldung Japans spricht gegen eine schnelle Zinswende. Trotzdem ist unter dem neuen Gouverneur der BoJ mit zumindest zaghaften weniger restriktiven Schritten zu rechnen, wodurch die Volatilität des Yen, der japanischen Zinsen und auch der Aktienmärkte wohl zunächst zulegen würde.
Ihr Carsten Mumm