DONNER & REUSCHEL: Mumm Briefing zum Wochenausklang
Die OECD hat im Rahmen ihres jüngsten Zwischenberichts zur weltwirtschaftlichen Entwicklung die Wachstumserwartungen für die Eurozone und für China für die Jahre 2023 und 2024 nach unten revidiert:22.09.2023 | 09:51 Uhr
- So wird für die Eurozone nur noch ein Wachstum von 0,6 Prozent (Deutschland -0,2 Prozent) in diesem und 1,1 Prozent im kommenden Jahr erwartet.
- Für China liegen die Prognosen bei 5,1 und 4,6 Prozent.
- Demgegenüber wurden die Erwartungen für die USA, Brasilien und Mexiko nach oben angepasst. Demnach dürfte die US-Wirtschaft um 2,2 bzw. 1,3 Prozent zulegen. Den größten Beitrag – zum insgesamt vergleichsweise schwachen globalen Wachstum – wird in beiden Jahren von Indien erwartet mit Werten von 6,3 und 6,0 Prozent. Es bleibt also vorerst bei der Zweiteilung zwischen den dynamisch wachsenden Schwellenländern und nur verhalten wachsenden Industrienationen, wobei innerhalb beider Gruppen große Divergenzen bestehen.
Als Kernrisiko für die globale Konjunktur benennen die OECD-Experten die Möglichkeit wieder stärkerer Preisanstiege bei Energie und Nahrungsmitteln, daraus resultierend lang ausgedehnte Phasen hoher Leitzinsniveaus sowie ein noch schwächer als ohnehin erwartetes Wachstum in China. Allein aus dem letzten Szenario könnte sich durch wegbrechende Nachfrage, steigende Risikoprämien im Zinsbereich sowie einbrechende Aktienmärkte ein negativer Wachstumsimpuls von rund einem Prozent für die Weltwirtschaft ergeben.
Auch Deutschlands Wirtschaft dürfte unter der Annahme einer noch schwächeren Exportnachfrage Chinas erheblich leiden. Dabei ist die Kapazitätsauslastung der Industrie in Deutschland zuletzt auf 83 Prozent abgerutscht, den niedrigsten Wert seit Anfang 2021. Auch der LKW-Maut-Fahrleistungsindex signalisiert eine immer schwächere Produktionsdynamik. Vor diesem Hintergrund ist in der kommenden Woche ein erneut schwacher ifo-Geschäftsklimaindex für September zu erwarten. Kurzfristig dürften sich somit keine positiven Impulse vonseiten der Konjunktur für die Börsen ergeben.
Auch in den USA mehren sich die Anzeichen einer bevorstehenden wirtschaftlichen Abkühlung. Vor allem der Immobilienmarkt dürfte sich künftig erneut schwächer entwickeln, nachdem im Sommer auf niedrigen Niveaus eine Zwischenerholung einsetzte. So fiel der NAHB-Immobilienmarktindex im September unter die Expansionsschwelle von 50 Punkten. Die befragten Unternehmen gaben an, dass angesichts der erneut auf über 7 Prozent p.a. gestiegenen Hypothekenzinsen die Nachfrage nach neuen und bestehenden Häusern deutlich einbricht und die Preise entsprechend korrigieren. Da Immobilien ein wichtiger Vermögensbestandteil von privaten US-Haushalten und oftmals als Sicherheiten für Kredite hinterlegt sind, wirken nachgebende Preise auch dämpfend auf den Konsum. Auch wenn zuletzt verstärkt von einer möglichen „weichen Landung“ der US-Wirtschaft – also einer zinsinduzierten Abkühlung ohne eine Rezession – die Rede war, bleibt das Hauptszenario eine kurze und milde rezessive Phase in den kommenden Quartalen. Diese Perspektive dürfte die US-Notenbank Fed im Blick gehabt haben, als sie in dieser Woche auf eine weitere Leitzinsanhebung verzichtete. Allerdings blieb Fed-Präsident Jerome Powell bei seiner bisherigen Rhetorik und ließ die Möglichkeit einer weiteren geldpolitischen Straffung in den kommenden Monaten offen. Immerhin ist die Inflation in den USA zuletzt wieder leicht gestiegen.
Die mittlerweile auf mehr als 90 US-Dollar gestiegenen Rohölnotierungen werden in den kommenden Monaten dafür sorgen, dass die Komponente Energie nicht mehr inflationsdämpfend wirkt, denn die bei der Inflationsberechnung relevanten Vergleichspreise aus dem Vorjahr lagen auf vergleichbaren Niveaus. Auch die EZB dürfte trotz des deutlichen Signals für einen erreichten Leitzinsgipfel vorerst keine Entwarnung bzgl. des noch bestehenden Inflationsdrucks geben. Zwar haben in dieser Woche die Bank of England, die Schweizer Nationalbank sowie die Bank of Japan auf Leitzinsanhebungen verzichtet, allerdings bleiben Zinssenkungen weiterhin nicht absehbar.
Der Fokus an den internationalen Kapitalmärkten liegt somit vor allem auf negativen Einflussfaktoren, woraus positive Überraschungen resultieren könnten:
- So ist nicht auszuschließen, dass die chinesische Regierung im Zuge einer sich weiter abkühlenden Wirtschaft doch noch zusätzliche fiskalische oder geldpolitische Stimulierungsmaßnahmen implementiert.
- Zudem dürfte die ausgeprägte globale Konjunkturschwäche für eine deutlich nachgebende Rohöl- und Energienachfrage sorgen.
- Gleichzeitig steigt mit dieser Perspektive und aufgrund der derzeit erhöhten Notierungen der Anreiz für einzelne Förderstaaten, die Produktion kurzfristig wieder zu erhöhen und so für ein Abrutschen der Ölpreises zu sorgen. Das wiederum würde den Inflationsdruck mildern, die Zinsen bei längeren Laufzeiten dämpfen und könnte die Diskussionen um den Zeitpunkt erster Zinssenkungen im Laufe des kommenden Jahres anregen.
- Damit bleibt ein realistisches Szenario für eine Erholung der Aktienmarktnotierungen nach einem schwankungsreichen Herbst.