DONNER & REUSCHEL: Mumm kompakt – Anleger sind gefangen zwischen Zinshoffnung und Rezessionsangst

Seit der Zinswende des Jahres 2022 richtete sich der Fokus an den Kapitalmärkten besonders auf die geldpolitischen Ausrichtungen der Notenbanken. Dabei stand in Europa und in den USA im laufenden Jahr die Frage im Raum, wann die Leitzinsen erstmals wieder sinken würden.

07.08.2024 | 11:32 Uhr

In diesem Kontext wurden schwache Konjunktursignale überwiegend positiv betrachtet. Denn eine sich abkühlende Wachstumsdynamik würde den Inflationsdruck weiter schwächen und damit den notwendigen Spielraum für eine geldpolitische Lockerung bringen, so das Kalkül. In Europa ging diese Rechnung schon seit dem letzten Winterhalbjahr auf und entsprechend wurde die erste Zinssenkung durch die EZB im Juni 2024 beschlossen.

Dagegen überraschte die US-Volkswirtschaft in den letzten Quartalen immer wieder positiv. Doch zuletzt mehrten sich auch in den USA die Anzeichen einer schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung. Dazu zählten neben einer negativen Unternehmensstimmung im Bereich der Industrie insbesondere der schwächer als erwartet ausgefallene Juli-Arbeitsmarktbericht mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf 4,3 Prozent. Parallel gaben die Inflationserwartungen nach, und schon im Juni sank die US-Inflation mit 3,0 Prozent auf den niedrigsten Stand seit Sommer 2023. Gemäß CME Fed Watch Tool erwarten die Märkte mittlerweile eine Senkung der Leitzinsen durch die Notenbank Fed um 100 Basispunkte auf 4,25 bis 4,50 Prozent bis zum Jahresende.

Anders als in den vergangenen Monaten sorgte diese Entwicklung jedoch für massive Verunsicherung an den Aktienmärkten. Ganz plötzlich wurde eine schwächere Konjunktur nicht positiv gesehen, man sorgte sich nun vor einer Rezession in den USA. Hinzu kamen Befürchtungen, die enormen Kursgewinne vieler Aktien im Zusammenhang mit erwartetem Gewinnwachstum durch Technologien auf Basis Künstlicher Intelligenz könnten überzogen sein. Zudem verunsicherte die Anhebung der Zinsen in Japan und sorgte für eine schnelle und deutliche Aufwertung des seit Monaten extrem schwachen Yen sowie die drohende Eskalation im Nahen Osten.

Fazit: Obwohl sich die fundamentale Situation nicht grundlegend verändert hat, werden derzeit bekannte Fakten einfach anders bewertet. Die resultierende Verunsicherung dürfte vorerst anhalten, denn der deutliche Kursrücksetzer bei japanischen und US-Technologieaktien wirkt bei vielen Anlegern noch nach. Die Auflösung lange Zeit sehr lukrativer Carry-Trades, also der Verschuldung in Yen bei gleichzeitiger Kapitalanlage in anderen Währungen, könnte die Kursentwicklungen an den internationalen Börsen weiter belasten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Aktienkurse mit der Aussicht auf sinkende US-Leitzinsen im Laufe des Herbstes wieder stabilisieren können.


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Eva Fiedler
GFD Finanzkommunikation
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