DONNER & REUSCHEL: Mumm kompakt – Immobilienmärkte verarbeiten den Zinsschock
Die liquiden Segmente der Kapitalmärkte haben die historisch beispiellose Zinswende vieler Notenbanken im letzten Jahr in Form massiver Kursverluste bei Aktien, Anleihen und Krypto-Anlagen verarbeitet und verzeichneten in diesem Jahr bereits sehr positive Wertentwicklungen.23.05.2023 | 08:42 Uhr
Bei den jahrelang gestiegenen Immobilienpreisniveaus ist die Anpassung an die neue Zinsrealität noch in vollem Gange:
- So zeigt der Immobilienpreisindex des Verbands der deutschen Pfandbriefbanken (vdp) im ersten Quartal 2023 für alle Objektklassen Preisrückgänge. Dabei fielen die Preise für Einzelhandels- und Büroimmobilien im Vergleich zum Vorjahr besonders stark um 10,5 bzw. 7,5 Prozent.
- Relativ moderat korrigierten Wohnimmobilienpreise mit einem Minus in Höhe von 2,1 Prozent. Allerdings verweist der vdp auf die nach wie vor sehr geringe Anzahl von Transaktionen am Immobilienmarkt, woraus abgeleitet werden kann, dass die Phase der Hauspreiskorrektur sich noch einige Quartale hinziehen kann – bis sich ein neues, an das stark gestiegene Zinsniveau angepasstes Gleichgewicht gebildet hat. Offensichtlich werden Verkäufe derzeit nur im Falle nicht verschiebbarer Gründe getätigt, während Käufer auf weitere Preiskorrekturen warten.
Der Stillstand am Immobilienmarkt spricht aber auch
dafür, dass es sich um eine zyklische Korrektur und nicht um das Platzen eines
Preisblase handelt, vor allem im Segment Wohnen.
Panikverkäufe sind nicht
feststellbar. Die Zinsen für private Baufinanzierungen befinden sich nach einer
Verdreifachung seit Anfang 2022 seit einigen Monaten in einer Seitwärtsbewegung
und die EZB nähert sich dem Ende ihres Zinserhöhungszyklus. Da jedoch nicht mit
deutlich fallenden Hypothekenzinsen zu rechnen ist, unter anderem weil Banken
die Kreditvergabebedingungen weiter angezogen haben, dürften bei anstehenden
Refinanzierungen in den kommenden Monaten mehr Hausbesitzer als in den vergangenen
Jahren zu einem Verkauf gezwungen werden.
Allerdings stehen dem daraus
steigenden Angebot auch eine grundsätzlich weiterhin hohe Nachfrage und eine in
den letzten Monaten deutlich reduzierte Neubautätigkeit gegenüber.
So wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts im ersten Quartal 2023 25,7 Prozent weniger Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt als im Vorjahr. Nicht zuletzt die weiterhin tief negativen Realrenditen – nominale Zinsen abzüglich Inflation – sprechen für eine wieder anziehende Nachfrage nach realen Anlagen, sobald sich das neue Gleichgewichtspreisniveau abzeichnet. Um die notwendige Neubautätigkeit anzukurbeln, sollten auch von staatlicher Seite entsprechende Förderungen bereitgestellt sowie regulatorische Bauvorgaben flexibilisiert werden.