DONNER & REUSCHEL: Mumm kompakt – Stagflationärer Schock geht in die Verlängerung
Das sich rasant verändernde wirtschaftliche Umfeld im laufenden Jahr sorgte für regelmäßige Korrekturen der Wachstums- und Inflationsprognosen von Wirtschaftsforschern und Volkswirten.13.09.2022 | 09:27 Uhr
Während das erwartete Wachstum global und für die meisten Regionen weltweit nach unten korrigiert wurde, stiegen die Inflationsraten laufend an. Zwar deuteten die jüngsten Inflationsprojektionen der Bundesbank – mit über sechs Prozent in Deutschland – sowie der EZB – mit 5,5 Prozent erwarteter Inflation im Euroraum für 2023 – auf eine Besserung hin, doch zeichneten die kürzlich veröffentlichten Herbstprognosen des Kiel Institut für Weltwirtschaft und des ifo-Instituts – mit jeweils nach oben revidierten 8,7 bzw. 9,3 Prozent Teuerung auf Verbraucherpreisebene – ein anderes Bild. Zudem wurden die Wachstumsprognosen auf -0,7 und -0,3 Prozent erneut deutlich gesenkt. Beide Institute nennen als Hintergrund die erst ab dem Winter erfolgende verstärkte Durchreichung der an den Börsen und im Großhandel explodierten Energiepreise an die Endverbraucher.
Auch anhaltende Lieferengpässe und steigende Lohnabschlüsse werden dazu beitragen, dass die Spitze der Inflation in Deutschland erst im ersten Quartal und vermutlich auf zweistelligen Niveaus überschritten wird. Für ein erstmal sehr schwieriges Fahrwasser für Volkswirtschaften, Konsumenten und Unternehmen spricht auch die vom Institut für Wirtschaftsforschung in Halle bekannt gegebene, im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Viertel gestiegene Anzahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland, die künftig weiter zulegen dürfte. Umso wichtiger sind konkretere und schnell umsetzbare staatliche Stützungsmaßnahmen für Unternehmen und Menschen, deren Situation existenziell gefährdet werden könnte.
Dabei sollte man von pauschalen Preisdeckeln absehen, weil diese das Sparen von Energie und damit einen der kurzfristig dringend notwendigsten Anreize abmildern würden. Diese Hebel sind neben dem verstärkten Einkauf von Gas außerhalb Russlands sowie der Umstellung auf andere Energieträger beeinflussbare Faktoren. Andere Aspekte, wie, ob der Winter mild oder hart wird, können wir nur auf uns zukommen lassen. Nicht auszuschließen ist damit aber auch, dass sich in dem sehr dynamischen Umfeld die derzeit sehr pessimistischen Prognosen im Verlauf der kommenden Monate wieder bessern und schnell ändern können. Ein Beispiel dafür sind die nach wie vor deutlich nachgebenden Börsenkurse für europäisches Gas und für Strom – ausgerechnet seitdem so gut wie klar ist, dass in Deutschland vorerst keine Lieferungen russischen Gases mehr zu erwarten sind.
Ihr Carsten Mumm
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