DPAM: Aktienmärkte im zweiten Halbjahr – behalten die Bullen die Oberhand?

Anhaltendes Wachstum bei restriktiver Geldpolitik – das bereitet sowohl den Bullen als auch den Bären Kopfzerbrechen. Der Balanceakt zwischen Disinflation, Wachstum, Zinserhöhungen und den Auswirkungen langfristiger Wachstumsthemen geht weiter. Derzeit haben die Bullen die Oberhand. Was Johan Van Geeteruyen, CIO Fundamental Equity von DPAM, fürs zweite Halbjahr erwartet:

26.06.2024 | 11:45 Uhr

Aktien übergewichten

Ein moderates BIP-Wachstum in den USA und eine Bodenbildung in Europa sprechen für eine Übergewichtung von Aktien. Wir bevorzugen hochwertige Wachstumstitel, die in einem Szenario mit weicher Landung tendenziell gut abschneiden. Regional bevorzugen wir Japan gegenüber Europa und Europa gegenüber den USA.

Weltweit sind die Zentralbanken bereit, die Zinsen zu senken, mit Ausnahme von Japan. Die Fundamentaldaten sind günstig und europäische Titel sind attraktiver bewertet als amerikanische. Auch bei der fiskalischen Unterstützung klafft eine große Lücke zwischen den beiden Regionen, was für Europa mehr Aufwärtspotenzial erwarten lässt. Diese Faktoren schaffen ein starkes Umfeld für Risikoanlagen in der zweiten Jahreshälfte.

USA: Dynamik mit Fragezeichen

Die US-Wirtschaft bleibt widerstandsfähig, bei hartnäckiger Inflation. Die Bilanzen des Privatsektors haben sich verbessert, und die spätzyklische Dynamik dürfte anhalten.

In den kommenden Quartalen dürfte sich die US-Wirtschaft weiter beschleunigen, da der Aktienmarkt neue Allzeithochs erreicht hat und die Ausgabenpolitik unterstützend wirkt. Starke Gewinne, insbesondere von Unternehmen wie Nvidia, treiben die Marktstärke an, ebenso wie das Potenzial der künstlichen Intelligenz, das künftige BIP-Wachstum anzukurbeln.

Der US-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor ist auf seinem höchsten Stand, was Zinssenkungen verzögern könnte. Die bevorstehenden Wahlen und die hohen Bewertungen müssen ebenfalls berücksichtigt werden. 6 Billionen Dollar sind in Geldmarktfonds geparkt und könnten investiert werden.

Die Marktbreite ist nach wie vor gering; der Schwerpunkt liegt auf Large Caps und Titeln mit KI-Bezug. Der Technologiesektor ist seit langem ein Favorit bei institutionellen Anlegern, die große Positionen aufbauen. Doch er überzeugt auch mit robusten Gewinnaussichten und starken Bilanzen, selbst wenn eine weiche Landung ausbleibt, da die Erträge aus dem Bereich der KI weniger von den Konjunktur- und Geldpolitikzyklen beeinflusst werden. Momentum-Titel werden wahrscheinlich so lange bevorzugt, bis sich die Konjunkturdaten verbessern und die Wahlunsicherheiten beseitigt sind.

Wir vermeiden eine Untergewichtung der USA aufgrund ihrer Dynamik und ihres Status als sicherer Hafen.

Europa: Small Caps in Wartestellung

Europa erholt sich, wobei die EZB den weltweiten Zinssenkungszyklus anführt. Für eine Übergewichtung in Europa sprechen: sich verbessernde Konjunkturindikatoren, das steigende Vertrauen der Unternehmen, die sich erholende Unternehmenstätigkeit, die attraktive Kapitalverteilung und die unterschätzte KI-Verbreitung.

Das Wachstum wird jedoch aufgrund der schwächeren Verbraucherausgaben geringer ausfallen als in den USA. In der zweiten Jahreshälfte sollten sich die Gewinne erholen und zu einer Neubewertung führen. Einige Unternehmen rechnen mit einem stärkeren zweiten Halbjahr als dem ersten. In der Industrie ist die Stimmung aufgrund der nachlassenden Nachfrage- und Preisdynamik eher neutral.

Die Einkaufsmanager-Indizes deuten auf eine bevorstehende Outperformance von Small Caps hin, die zwar auf wirtschaftliche Verbesserungen reagieren, aber seit über zwei Jahren auf einem rezessiven Bewertungsniveau liegen. Die Anleger bevorzugen Large Caps, bis sich die wirtschaftliche Stabilität verbessert. Mehrere Katalysatoren, darunter Zinssenkungen der EZB, sich verbessernde Konjunkturbedingungen und eine niedrige Positionierung, können auf einen bevorstehenden Wechsel hindeuten. In diesem Umfeld scheint es sinnvoll, Positionen allmählich aufzubauen.

China: Zurückhaltung angebracht

China hat sich seit Jahresbeginn besser entwickelt als die USA und Japan. Die extrem niedrige Bewertung, wiederkehrende ausländische Zuflüsse und vielversprechende politische Maßnahmen lassen auf eine Erholung der Vermögenspreise hoffen. Allerdings ist kein Katalysator für eine strukturelle Outperformance erkennbar. Die Konsenserwartungen für das Gewinnwachstum scheinen überhöht. Die anhaltende Immobilienkrise, die fehlende Neuausrichtung auf den Konsum, die Deflation, die das Umsatzwachstum behindert, und die potenziellen weiteren handelspolitischen Umwälzungen unter einer zweiten Trump-Regierung gemahnen ebenfalls zur Vorsicht.

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