Eigentlich müsste man doch nur konkret werden. Eigentlich.
Es hat sich herumgesprochen, dass wir in der Branche der Finanzanlage-Makler ein nicht unerhebliches Nachwuchsproblem haben. Zumindest fachlich qualifizierte, menschlich überzeugende und gleichzeitig auch noch einigermaßen zahlungskräftige Nachwuchskräfte sucht man oft vergebens. Und wenn ein Bestandsinhaber dann doch einmal einen gefunden hat, kommt es doch nicht zum Deal.10.05.2019 | 15:36 Uhr
Meine Kollegen spüren seit ungefähr einem halben Jahr eine deutlich steigende Nachfrage nach Moderationen. Nein, keine Fernseh-Shows, sondern die Moderation von Sondierungsgesprächen. Verhandlungsrunden zwischen einem Senior-Makler und einem Junior-Makler. Dabei ist doch eigentlich das Wichtigste schon passiert: Es haben sich zwei gefunden, die zusammen die Nachfolge des Seniors regeln wollen. Sie sind sich sympathisch und versichern sich immer wieder, es gemeinsam probieren zu wollen.
So treffen sie sich in regelmäßigen Abständen, trinken Kaffee oder Tee und besuchen vereinzelt sogar Kunden. Und doch passiert im Grunde nichts. Jedenfalls nichts, was den Bund zwischen den beiden wirklich besiegeln und zu einer gelösten Nachfolgefrage führen würde. So schleppt sich das Vorhaben über Wochen, Monate und teilweise Jahre.
Wir beobachten dies vor allem bei den Projekten, bei denen beide Seiten ein solches Vorhaben zum ersten Mal angehen, also auch der Junior noch nie einen Maklerbestand erworben hat und zum ersten Mal über das Thema Unternehmernachfolge verhandelt.
Ist ein professioneller Bestandskäufer im Spiel, läuft es meist ganz anders. Der weiß sehr genau, wie er beim Seniormakler ein gutes Gefühl erzeugt und anschließend selbst ein noch viel besseres Geschäft machen kann. Ob der Deal dann für den Senior auch ein gutes Geschäft ist, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Wenn anstatt eines Bestandkauf-Profis ein „Erstkäufer“ im Rennen ist, geht es meist nicht so zielorientiert voran. Und irgendwann – meist ist es der Junior-Makler – ruft man dann doch nach externer Hilfe. Das ist dann der Moment, in dem wir Gelegenheit bekommen, Einblicke in das bisher Geschehene zu nehmen. Wir stellen meist fest, dass beide Parteien eigentlich noch nie konkret über das Projekt selbst und über die Vorstellungen der anderen Seite gesprochen haben, sondern – wenn überhaupt – über Nebensächlichkeiten. In vielen Fällen hat man auch ganz konsequent aneinander vorbeigeredet.
Woran das liegt? Meist an der Sorge, durch eine falsche Frage oder Forderung die andere Seite zu überfordern oder gar zu verprellen. Aber auch daran, dass man der anderen Seite zwar trauen will, aber es so richtig dann doch nicht tut. Hinzukommt, dass der Inhaber selbst einen inneren Kampf mit sich selbst austrägt, schließlich steht er vor der einschneidenderen Weichenstellung, ohne dass nachträglich dann noch ein Kurswechsel möglich wäre.
Um in einem solchen Projekt zur Lösung zu gelangen, lassen wir uns zuerst einzeln und im Vertrauen von jeder Seite ihre Sicht der Dinge schildern: Geplanter Zeitpunkt des Einstiegs bzw. Ausstiegs, Beginn und Dauer der Übergabephase sowie die Gewinnverteilung in der Übergangszeit, Zeitpunkt der Übergabe der unternehmerischen Verantwortung und der Entscheidungsbefugnisse, Rolle des Seniors danach, denkbarer oder finanzierbarer Kaufpreis, Nebenbedingungen, Kennzahlen und Qualität des Bestands, bisherige Erfahrungen mit dem anderen, die wesentlichen Sorgen. Ebenso diskutieren wir denkbare Kompromisslinien und die Themen, die nicht kompromissfähig sind.
Es ist oft überraschend, wie wenig die Parteien über ihre Pläne tatsächlich ausgetauscht haben und wie weit die Vorstellungen teilweise dann doch auseinander liegen.
Wenn wir schließlich ein genaues Bild der Lage haben, treffen wir uns erstmals mit den Parteien zum gemeinsamen Termin zu Dritt.
Es ist verwunderlich, welchen Einfluss die Anwesenheit eines externen Beraters auf den Gesprächsablauf und die Entscheidungsfreude der beiden Parteien haben kann. So reicht es in 90% der Fälle völlig aus, in der Runde die Sicht und Ziele der jeweils anderen Seite zu zeigen, etwas zu kommentieren, und dann die daraus denkbaren Kompromisslinien zu skizzieren. Meist steht nach einem Termin schon das Rahmenwerk mit grobem Zeitplan für die Übergabe des Unternehmens fest: Mal handelt es sich um ein Projekt über wenige Wochen, mal um eine Übergabe in mehreren Schritten über mehrere Jahre. Dann aber mit definierten Meilensteinen und klar abgesteckten Verantwortlichkeiten.
Nach so einem Meeting fragt man sich dann als Berater meist, ob es eigentlich nicht gereicht hätte, wenn die beiden Seiten einfach etwas mutiger gewesen und richtig konkret miteinander geredet hätten. Unterm Strich zählt aber das Ergebnis: Und da steht dann eine weitere erfolgreich geregelte Nachfolge. Da fallen die Kosten von ein paar Beraterstunden dann wirklich nicht ins Gewicht.