El-Erian: Instabilität des Finanzsystems steigt

International befinden sich viele politische Systeme im Umbruch. Was das langfristig bedeutet, sei zwar noch nicht klar. Doch zwei Auswirkungen seien bereits heute zu spüren, meint Mohamed El-Erian.

31.01.2017 | 11:16 Uhr von «Teresa Laukötter»

Dass die Themen Globalisierung und Regionalisierung heute auf dem Prüfstand stehen, ist für Mohamed El-Erian, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Pacific Investment Management Company (PIMCO), nicht weiter verwunderlich. Denn seit Jahren hätten die Industrienationen wichtige strukturelle Reformen sowohl in internationalen Organisationen als auch im Finanzsystem versäumt, schreibt er in einem durch das „project syndicate“ veröffentlichten Kommentar. „Das wohl prominenteste Beispiel ist die globale Finanzkrise 2008.“ Massive Risikobereitschaft und laxe Regulierung seitens der entwickelten Nationen hätten beinahe das globale Finanzsystem kollabieren lassen. Auswirkungen auf Handel, Arbeitslosenzahlen und das Weltwirtschaftswachstum seien verheerend gewesen. 

Mehr und mehr würden also Zweifel deutlich, ob die Industrienationen überhaupt in der Lage seien, ihren Teil der internationalen Abmachung zu erfüllen. „Ein Großteil der Welt ist Teil eines multilateralen Systems, das ihnen – besonders den USA und Europa - enorme Privilegien verschafft.“ Ihre Währungen würden als Reservewährungen gehandelt. Ihre Staatsanleihen quasi automatisch ein Teil in Portfolio-Allokationen. „Industrieländer können also von Ihnen bedrucktes Papier gegen Waren und Dienstleistungen, die andere herstellen, tauschen. Ihre Staatsdefizite werden teilweise von anderen Ländern finanziert.“ Zudem würden ihnen Veto-Rechte und Sperrminoritäten in internationalen Organisationen wie dem IWF oder der Weltbank eingeräumt. Zeitgleich besetzen sie fast selbstverständlich Top-Positionen. Die Regeln nach denen die Systeme funktionieren, könnten sie also selbst mitgestalten. „Diese Privilegien kommen – und sollten – nicht umsonst sein.“ Im Austausch komme den Industrienationen Verantwortung für die Stabilität und das Funktionieren dieser Systeme zu. Versäumnisse Reformen voranzubringen hätten Anti-Establishment-Bewegungen letztendlich den Nährboden gegeben. Es sei nicht klar, welche Auswirkungen aktuelle und vergangene Entwicklungen letztendlich haben werden. 

Zwei Beziehungen würden bereits heute leiden:  

1. „Zum einen die Beziehungen zwischen kleinen und großen Volkswirtschaften.“ In einer Zeit aufkommenden Nationalismus würden kleine, offene Volkswirtschaften - so gut sie auch geführt sein mögen – unter Druck geraten: „Ihre Handelsbeziehungen werden immer anfälliger und immer weniger stabil. Gleichzeitig schwindet ihre Teilnahme an globalen Entscheidungen.“

2. Zum anderen sinke der Einfluss von Bretton-Woods-Organisationen, welche seit dem Ende des zweiten Weltkriegs für Stabilität sorgen: „Die Länder, die das verhindern könnten, scheinen nicht bereit die nötigen Reformen voran zu bringen.“ All das führe bereits kurzfristig zu geringerem globalen Wirtschaftswachstum und einer steigender Instabilität des Finanzsystems. Langfristig könnte das in einem Handelskrieg enden. 

(TL)

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