ETF Securities: Energieaktien wieder interessant

Die Entwicklung des Energiesektors hinkt der Erholung der Rohölpreise hinterher. Die Bewertungen im Energiesektor preisen bereits einen pessimistischeren Ausblick für Rohöl ein, obwohl kurzfristig durchaus Unterstützungen vorhanden sind.

21.04.2017 | 12:15 Uhr

Energieaktien hinken Rohölpreisen hinterher

Während die Rohölpreise im März um 13 Prozent korrigierten und sich seither um 8 Prozent fast wieder auf das Vorkorrekturniveau erholten, legten Ölaktien verglichen mit globalen Aktien interessanterweise nur um 2 Prozent zu.

Rohölpreise kurzfristig mehrfach unterstützt

Wir sehen den Preis von Rohöl keineswegs optimistisch, sondern auf mittlere Sicht in einer Spanne schwanken. Die problematische Vertragstreue der OPEC-Staaten dürfte das Aufwärtspotenzial in Grenzen halten, während die Schieferöl¬förderung in den USA für Abwärtsdruck sorgt. Trotzdem sind die Rohölpreise kurzfristig von verschiedenen gegenläufigen Faktoren unterstützt:

Zunächst erscheint die Positionierung auf dem Terminmarkt ausgewogener als zuvor. Seit wir Ende Februar darauf hinwiesen, dass sich die spekulative Long-Position von Rohöl auf einem Extremniveau befindet, hat sie sich wieder ermäßigt. Sie wirkt heute ausgeglichener, sodass das Abwärtsrisiko weiterer Notverkäufe entsprechend gesunken ist.

Zweitens beginnt nun die für Rohöl günstigste Jahreszeit. Im Schnitt der letzten zehn Jahre tendierten die Rohölpreise von März bis August aufwärts, da sich die wartungsbedingten Raffinerieschließungen in diesem Zeitraum und der Beginn der „Fahrsaison“ in den USA meist stützend auswirken.

Drittens wirkt die globale Nachfragesituation sogar angesichts des Risikos robust, das das steigende Angebot der Schieferöl- und OPEC-Förderländer darstellt.

Bewertungen preisen pessimistischeren Ausblick ein

Auf der Basis verschiedener Kennziffern ist der Ausblick anhaltend niedrigerer Ölpreise in den Kursen der Energieaktien bereits eingepreist. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis und die Dividendenrendite werden im Vergleich zum allgemeineren Markt eine Standardabweichung unter dem langfristigen Durchschnitt gehandelt. Gleichwohl weist der Energiesektor mit 3,6 Prozent die höchste prognostizierte Dividendenrendite aller zyklischen Sektoren auf. Auch auf dem Gesamtmarkt beträgt sie nur 2,6 Prozent.

Die Bewertungen befinden sich relativ zu anderen Nutznießern der Reflation, zum Beispiel zu den Sektoren Grundstoffe und Industrie, in der Nähe eines Allzeitextremwerts. Legt man das Kurs-Buchwert-Verhältnis zugrunde, wird der MSCI World Energy gegenüber den Sektoren Grundstoffe und Industrie mit einem Abschlag von 20 Prozent beziehungsweise 40 Prozent gehandelt. Wenn die Rotation in Substanzwerte oder Nutznießer der Reflation anhält, dürfte der Energiesektor davon profitieren.

Blickt man auf das KGV, erscheint der Sektor allerdings weniger attraktiv, da sich die Gewinne noch nicht vollends erholt haben. Über die nächsten drei Jahre jedoch prognostiziert der Konsens für den Energiesektor das höchste Gewinnwachstum aller Sektoren.

Bilanzen des Energiesektors mittlerweile gesünder

Positiv hervorzuheben ist, dass das Kreditrisiko des Energiesektors viel geringer ist als vor drei Jahren: Der jüngste Rückgang der Rohölpreise führte nicht zu einer Aufblähung der Risikoaufschläge hochverzinslicher Energieanleihen, weil die globalen Ölgesellschaften eine Phase beispielloser Kosten¬senkungen und Investitionskürzungen hinter sich haben. Laut IHS Markit fielen die vorgelagerten Investitions- und Betriebskosten in Nordamerika 2015 um 50 Prozent und 2016 um 35 Prozent – und damit so stark wie zuletzt vor 30 Jahren. Dies trug dazu bei, dass die Rendite des prognostizierten freien Cashflows zum ersten Mal seit drei Jahren wieder im grünen Bereich lag, was die künftige Dividendenpolitik der Unternehmen stabilisieren sollte.

Welche Risiken bestehen?

Eines der größten Risiken für die Rohölpreise besteht auf mittlere Sicht in der nachlassenden Vertragstreue der OPEC-Mitglieder. Das Kartell selbst hält die im letzten Jahr vereinbarte Förderkürzung um 1,2 Mio. Barrel nur zu 83 Prozent ein. Da sich die Nicht-OPEC-Länder noch weniger an die Abmachungen halten, könnte eine Verlängerung der Vereinbarung schwierig werden. Näheres dürften wir auf dem nächsten OPEC-Treffen am 25. Mai erfahren.

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