ETF Securities: Geopolitik dominiert das Geschehen

Die politische Unsicherheit dominierte bereits 2016 die Anlagethemen und spielt auch in diesem Jahr eine wichtige Rolle. Parallele politische Prozesse in Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland mit möglicherweise gravierenden Konsequenzen schaffen ein äußerst unsicheres Anlageumfeld.

13.03.2017 | 16:46 Uhr

Im März nehmen diese Prozesse an Fahrt auf. Es beginnt eine Phase, in der die Marktteilnehmer kontinuierlich neue Informationen erhalten, die auf die Marktkurse Einfluss nehmen, wodurch sich eine erhöhte Volatilität und möglicherweise auch Gelegenheiten ergeben. Die Aktien-, Währungs- und Anleihenmärkte in Europa dürfen von diesen Schwankungen am stärksten betroffen sein.

In Großbritannien wird Theeresa May vermutlich in Kürze die Zustimmung des Parlaments für das formale Auslösen von Artikel 50 erhalten, sodass die Brexit-Verhandlungen offiziell beginnen können. Die Premierministerin hat zwar in ihren jüngsten Reden ein recht optimistisches Bild eines Großbritanniens nach dem Brexit gezeichnet. Die Realität könnte aber einige Schwierigkeiten bereithalten. Die designierte stellvertretende Gouverneurin der Bank of England (BoE), Charlotte Hogg, hat vor plausiblen Szenarien gewarnt, in denen der Brexit den Konsum und das Wachstum deutlich stärker beeinträchtigt, als dies derzeit prognostiziert wird, was die Politik vor echte Herausforderungen stellen würde. Die Verhandlungen zu den Themen Handel, Immigration und Rechte sind zweifellos von entscheidender Bedeutung für die künftige Bewertung britischer Staatsanleihen (Gilts) und Aktien, ebenso für das Pfund Sterling relativ zu seinen wichtigsten Pendants.

In Kontinentaleuropa ist die Lage uneinheitlich. Glaubt man den Meinungsumfragen, spricht inzwischen einiges dafür, dass Emmanuel Macron und nicht die nationalistische Marine Le Pen die französischen Präsidentschaftswahlen gewinnen wird. Ein Sieg des jungen und charismatischen Kandidaten der Mitte wäre ein insgesamt positives Ergebnis für die Märkte. In den Niederlanden liegt hingegen Geert Wilder noch immer in Führung. Auch wenn er sich wahrscheinlich keine Mehrheit sichern kann, muss aufgrund seiner Popularität aber vermutlich eine instabile Mehr-Parteien-Koalition gebildet werden. Allerdings sind dies alles Spekulationen. Die politischen Ereignisse des letzten Jahres haben gezeigt, dass Meinungsumfragen falsch sein können und sich die politische Dynamik bei neuen Entwicklungen rasch ändern kann.

In Anbetracht dieser Kombination unsicherer politischer Ereignisse ergibt sich ein breites Spektrum potenzieller Szenarien, von denen einige besonders starken Einfluss auf die Finanzmärkte nehmen würden.

Im ungünstigsten Fall verfolgen die EU in den Brexit-Verhandlungen eine harte Linie gegenüber Großbritannien und erreichen die nationalistischen Kandidaten Wahlsiege oder starke Ergebnisse bei den kommenden Präsidentschaftswahlen in den Niederlanden und Frankreich. Ein marktfreundlicheres Szenario wäre eine einvernehmliche und für beide Seiten vorteilhafte Brexit-Vereinbarung, die sich günstig auf Handel und Investitionen auswirkt, während gleichzeitig die Populisten keine Wahlerfolge erzielen. Tritt nur eines dieser Ereignisse ein, müsste mit unterschiedlichen Folgen für UK- und EU-fokussierte Vermögenswerte gerechnet werden.

Im letzten Jahr waren Währungen ein bevorzugtes Medium, wenn es darum ging, Einschätzungen hinsichtlich der Konjunkturperspektiven für Großbritannien und die EU Ausdruck zu verleihen. So gab zum Beispiel das GBP in den Tagen nach dem EU-Referendum 14% gegenüber dem US-Dollar nach, während der EUR auf ein 20-Monatstief relativ zum US-Dollar zurückfiel, als Matteo Renzi im Dezember seinen Rücktritt erklärte. Sowohl das GBP als auch der EUR preisen derzeit gewisse geopolitische Risiken ein, und ein harter Brexit sowie Extremrisiken für die EU könnten eine Zu- oder Abnahme der entsprechenden Prämien bedingen, wovon die beiden Währungen in der jeweiligen Richtung beeinflusst würden.

Bei Aktien ist die Situation weniger eindeutig. Die im FTSE 100 vertretenen Unternehmen erwirtschaften einen Großteil ihrer Gewinne außerhalb Großbritanniens, wohingegen der FTSE 250 eine wesentlich stärkere Inlandsorientierung aufweist. Eine Abwertung des Pfund Sterling beflügelt somit die Gewinne von Large-Cap-Unternehmen, während die Aussicht auf ein schwächeres Wachstum der britischen Wirtschaft kleinere UK-fokussierte Unternehmen im FTSE 250 stärker belastet. Die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Europäischen Union steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Erfolgen der Populisten in Europa. Zweifellos gehen davon Abwärtsrisiken für die wichtigen britischen und europäischen Aktienindizes aus.

Daher dürfen die Volatilität und die Weiterentwicklung der politischen Landschaft in Europa im weiteren Jahresverlauf das dominierende Thema sein und somit die Marktkurse bestimmen. Als sichere Häfen geltende Anlagen dür en in einem solchen Umfeld profitieren, und genau wie im letzten Jahr werden die Anleger vermutlich währungsabgesicherte Engagements bevorzugen, um so die Ausschläge an den Devisenmärkten abfedern zu können.

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