FRweekly-briefing: Alle Augen auf Amerika

Regelmäßig zu Wochenbeginn informiert FundResearch über aktuelle Markteinschätzungen und –ausblicke.

14.10.2013 | 11:58 Uhr von «Patrick Daum»

Close Brothers Seydler Bank: „Ohne Einigung in Washington droht dramatischer Kursverfall"

Diese Woche steht ganz im Zeichen des US-Budgetstreits. Bis Mittwoch muss in Washington eine Einigung über die Anhebung der Schuldenobergrenze getroffen werden. Sonst sind die Vereinigten Staaten zahlungsunfähig. Die Aktienmärkte tangiert das bisher jedoch kaum: „Zwar bleibt die Unsicherheit, ob der US-Budgetstreit nicht erneut eskaliert“, sagt Claudia Windt von der Helaba. „Dennoch ließ die Risikoaversion an den Kapitalmärkten zuletzt spürbar nach.“ Der Deutsche Aktienindex DAX startete mit 8.724 Punkten in die Woche – rund 200 Zähler höher als am vergangenen Montag. „Beide Parteien im US-Kongress möchten eine Zahlungsunfähigkeit vermeiden, so dass am Ende auch eine Einigung herbeigeführt wird“, begründet Windt.

Auch Berndt Fernow von der LBBW ist zuversichtlich: „Die Nonchalance, mit der die Börsen das US-Fiskalthema in den vergangenen Wochen behandelt haben, zeugt entweder von einem gesunden Grundvertrauen oder aber einer gewissen Abstumpfung, da der Konflikt als ohnehin unlösbar gewertet wird.“ Daher genüge es schon, dass eine unkontrollierte Eskalation ausbleibt, um die Anleger zu beruhigen. Mangels stichhaltiger Gründe für Verkäufe geht Fernow von steigenden Kursen bis zum Jahresende aus. Sie würden insbesondere durch die Nachfrage von Institutionellen getrieben, die bisher nur zugeschaut hätten.

Was aber passiert, wenn es am Mittwoch in Washington keine Einigung gibt? „Sollte bis zum 17. Oktober keine Einigung erzielt werden, könnte im ersten Schritt ein dramatischer Kursverfall die Folge sein“, warnt Oliver Roth von der Close Brothers Seydler Bank. „Weitere Verwerfungen könnten, je nach Dauer der Krise, folgen.“ Dies hätte schwerwiegende Folgen für die US-Wirtschaft. „Aus den Erfahrungen der letzten Jahre – mit den zerrütteten innenpolitischen Verhältnissen in den USA – wird es wohl noch bis zum Showdown am 17. Oktober andauern, bis es dort zu einer Lösung und der Anhebung der Schuldenobergrenze kommt“, glaubt Roth. Dies werde die Börse belasten. Doch er bleibt optimistisch: „Da wir von einer Einigung in Washington ausgehen, heißt das, dass wir empfehlen in der Korrektur einkaufen zu g, Closehen.“

Bull/Bear-Index: Höchstes Niveau seit Mitte Juli

Investoren sollten abwarten, bis eine Lösung in den USA gefunden wurde, raten Frank Wohlgemut und Bernd Scharr von der WGZ Bank: „Zu groß ist aus unserer Sicht die mangelnde Konsensfähigkeit in der US-Politik, um jetzt schon Entwarnung zu geben.“ Mutige Anleger könnten sich aber bereits jetzt aus der Deckung wagen und gezielte Käufe in europäische Qualitätstitel vornehmen, die sich durch ein international diversifiziertes Geschäftsmodell und hohe sowie stetige Ausschüttungen auszeichnen.

An der Börse in Frankfurt macht sich eine deutlich verbesserte Marktstimmung breit. Der Bull/Bear-Index kommt auf 58,9 Punkte und befindet sich damit deutlich auf der Bullen-Seite. Mit dem höchsten Niveau seit Mitte Juli notiert das Barometer jetzt deutlich über seinem Jahresdurchschnitt. „Man muss nicht lange überlegen oder die Schlagzeilen der vergangenen Wochen durchforsten, um zu begreifen, dass der jüngste Schub nicht ein Ereignis einer verheißungsvollen Nachrichtenlage ist“, sagt Gianni Hirschmüller von cognitrend. Die neuen Bullen hätten rein preisgetrieben entschieden. „Hätte man Investoren in den vergangenen Jahren damit gedroht, sie würden mit Ereignissen wie einem heftig tobenden US-Haushaltsstreit konfrontiert, in dem sogar das US-Finanzministerium vor einer möglichen Zahlungsunfähigkeit warnt, die auch noch ausgerechnet mitten im Crash-Monat Oktober eintreten würde – Aktienanleger hätten wahrscheinlich Reißaus genommen.“ Stattdessen seien aus zuletzt völlig entmutigten Bären sehr mutige Bullen geworden. „Es ist womöglich der seit Jahren denkbar schlechteste Zeitpunkt, um einen radikalen Meinungswechsel von bearish auf bullish zu vollziehen“, wundert sich Hirschmüller. Prognoseinstitute in den USA und auch in Deutschland verabschieden sich immer mehr von ihren vormals guten Aussichten. „Das Erstaunliche an dieser Aktion ist weniger das Preisniveau, zu denen die Umschichtungen stattgefunden haben, sondern vielmehr das für Aktienbullen äußerst bedrohliche fundamentale Umfeld, das für einen heißen Herbst im negativen Sinne sorgen könnte.“

Saxo Bank: „Goldpreis könnte Widerstand bei 1.336 US-Dollar testen“

Dass Anleger sich vor dem Streit in den USA nicht weiter fürchten, zeigt auch der Blick auf die Krisenwährung Gold. Nach rund 1.320 US-Dollar vor rund zweieinhalb Wochen hat das Edelmetall auf aktuell 1.275 US-Dollar nachgegeben. „Wie bei allen anderen Assetklassen auch, scheinen Anleger erst mal abzuwarten, was in den USA passiert“, sagt Jörg Sengfelder von Flow Traders in Amsterdam. „Fluchtinstrument ist das gelbe Edelmetall aktuell aber wahrlich nicht.“ Für einen Preisanstieg spricht derzeit nicht viel, da sind sich viele Analysten einig. „Für die durch Geldpolitik und Finanzinvestoren in besonderem Maße getriebenen Edelmetalle scheint es weiterhin keine nachhaltig positiven Nachfrageimpulse zu geben“, meint Heinrich Peters von der Helaba. Mittelfristig erwartet er eine Preisspanne zwischen 1.200 und 1.400 US-Dollar.

Das glaubt auch Ole Hansen von der Saxo Bank: „Bei Gold befinden wir uns seit Ende August in einem Abwärtstrend. Die US-Haushaltskrise sollte jedoch genug Unterstützung bieten, um den Widerstand bei 1.336 US-Dollar pro Unze zu testen.“ Eine Fortsetzung des Abwärtstrends erwartet Wieland Staud, technischer Analyst und Geschäftsführer von Staud Research: „Die Erholungsphase wird wahrscheinlich anhalten und ein zweiter Aufwärtsschub bleibt durchaus im Bereich des Möglichen. Aber mit einer Trendwende ist nicht zu rechnen.“

(PD)

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