Griechenlandkrise erfordert Neuausrichtung für europäische Aktien

Angesichts der Schuldenkrise in Europa und der robusten Erholung in den USA ist Ronald Doeswijk, Senior Strategist des Economic & Financial Markets Analysis-Teams von Robeco, jetzt zuversichtlicher, was die Aussichten für den Dollar und die US-Aktien anbetrifft.

18.02.2010 | 11:30 Uhr


Obgleich sich die Weltwirtschaft weiter stabilisiert, nehmen die regionalen Unterschiede zu. Besonders stark ist die Erholung in Asien, und auch die USA befinden sich überraschenderweise auf Besserungskurs. In der Eurozone verläuft die Entwicklung jedoch langsamer, und die Erholung in Großbritannien ist enttäuschend.

Diese Unterschiede haben dazu geführt, dass Ronald Doeswijk seine Erwartungen zum US-Dollar und zu Aktien korrigiert. "Wir gehen nicht mehr davon aus, dass europäische Aktien eine bessere Performance zeigen werden als die nordamerikanischen Aktien", betont er. Begründet ist dies in der Schwäche des Euro und der überraschend starken US-Wirtschaft.

Der schwache Euro ist eine Reaktion auf die robuste Erholung der US-Wirtschaft und die Schuldenkrise in Griechenland

Die Schwäche des Euro geht zum Teil auf die unerwartet robuste Erholung der US-Wirtschaft zurück, zum Teil ist sie eine Folge der anhaltenden Schuldenkrise in Griechenland. Die Ängste wegen der griechischen Staatsverschuldung erreichen jetzt auch Portugal und Spanien. Da eine überzeugende politische Initiative auf EU-Ebene fehlt, sehen sich die Länder Südeuropas Jahren mit relativ schwachem Wachstum gegenüber, bis sie wieder wettbewerbsfähig werden.

Selbst schwere Sorgen wegen Griechenland könnten verschwinden, sobald die Regierung weitere Details über die Budgetkürzungen vorlegt, und dies könnte zu einem Zeitpunkt eintreten, in dem sich die US-Wirtschaft schneller erholt als erwartet. Die allgemeinen Bedenken wegen der strukturellen Probleme in Südeuropa (relativ große Defizite, Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit, der demografischen Bedingungen und fehlende Finanzierung der Pensionen) werden nicht so bald verschwinden.

"Angesichts der Besorgnisse über Südeuropa und angesichts der stärker als erwarteten Erholung der US-Wirtschaft gibt es kaum noch Grund, in Bezug auf den Dollar pessimistisch zu sein", so Ronald Doeswijk. Bisher erwartete Ronald Doeswijk eine weitere Dollarschwäche gegenüber dem Euro, bis eine Erholung durch die US-Verbraucher eintritt. Jetzt geht er davon aus, dass die Krise in den südeuropäischen Ländern den Euro weiter belasten wird.

Aktien-Ausverkauf scheint beendet

Ronald Doeswijk erwartet zwar nicht viel von Aktien in Europa, der Gesamtausblick für Aktien ist seiner Meinung nach jedoch weiter gut. Natürlich hatten die Aktienmärkte Anfang 2010 eine schwierige Phase. Die griechischen Schuldenkrise, die Bedenken wegen einer strikteren chinesischen Geldpolitik, einigen makroökonomischen Daten, die schwächer ausfielen als erwartet, und die harten Vorschläge zur Bankenregulierung trübten die Marktstimmung. "Unserer Ansicht nach sind diese Ängste übertrieben", so Ronald Doeswijk.

Seiner Meinung nach werden die Anleger wieder Appetit auf Aktien entwickeln. Wenn die Weltwirtschaft sich weiter festigt und positive Wirtschaftsnachrichten vorliegen, dürfte seiner Meinung nach Geld in Aktien fließen, das bisher sicher geparkt ist, selbst wenn die Besorgnisse wegen der Staatsverschuldung weiter bestehen. "Es gilt nach wie vor unser Ausgangsszenario für eine Rendite von 5 bis 15 % für Aktien im Jahr 2010."

Aktien der Schwellenmärkte weiter Favorit

Bei Aktien bevorzugt Ronald Doeswijk Aktien aus Schwellenmärkten. Ihm ist bewusst, dass für China die Gefahr einer Überhitzung besteht, er ist jedoch der Ansicht, dass die Politik wieder in der Lage sein wird, die aktuelle Beschleunigung in solides Wachstum umzuwandeln. "Unserer Ansicht nach ist die Bewertung kein Hindernis für die moderate Outperformance, die wir in Schwellenmärkten erwarten", so Ronald Doeswijk.

Skeptisch bleibt er in Bezug auf Aktien im Pazifikraum, die sich kürzlich sehr gut entwickelt haben. In der Vergangenheit habe man schon mehrere kurzlebige Rallys zum Ende des Geschäftsjahres in Japan erlebt. Der wahrscheinlichste Deflationskandidat sei ebenfalls Japan.

Immobilien dürften Probleme haben, die gleichen Renditen wie Aktien zu erzielen. Dieser fremdkapitalfinanzierte Sektor profitiert zwar vom Rückgang der Spreads bei Unternehmensanleihen, die Bewertung ist jedoch zu hoch. Globale REITs haben immerhin ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 21,7. Bei Aktien liegt das KGV nur bei 13,7. Außerdem wurden die Ertragserwartungen für REITs nicht nach oben korrigiert.

Zurzeit sieht es so aus, dass die Anleihezinsen weiter niedrig bleiben

Wenn mit einem höheren Wirtschaftswachstum gerechnet wird, ergibt sich nach Ansicht von Ronald Doeswijk kaum noch eine positive Marktprognose für Regierungsanleihen. "Bis jetzt gehen wir jedoch davon aus, dass die kurzfristige Inflationsprognose und die niedrigen kurzfristigen Zinssätze einen Anstieg der Zinsen bei langfristigen Regierungsanleihen verhindern werden", so seine Meinung.

Bei Anleihen bevorzugt Ronald Doeswijk nach wie vor Unternehmensanleihen. Die Unternehmen profitieren von den wieder steigenden Erträgen, halten sich aber mit zu optimistischen Fusionen und Übernahmen zurück. Insgesamt rechnet Ronald Doeswijk für 2010 mit einem moderaten Wachstum; Investment Grade-Unternehmensanleihen hätten in dieser Situation ein besseres Verhältnis zwischen Risiko und Risikoprämie als Hochzinsanleihen.

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