Henderson: Chancen in einer eng verflochtenen Welt

Luke Newman, Co-Manager der Henderson UK Absolute Return Strategy, erläutert, warum Vernetzung und Volatilität an den Finanzmärkten kein Grund zur Furcht sein sollten und warum unter den derzeitigen Bedingungen eine globale Sichtweise erforderlich ist.

14.09.2016 | 09:41 Uhr

Welche Anlagethemen beeinflussen momentan Ihr Denken?

Je nachdem, wie sich das wirtschaftliche und politische Umfeld gerade darstellte, waren es seit der Auflegung der Strategie im Jahr 2004 immer wieder andere Themen, die im Mittelpunkt unseres Long/Short-Portfolios standen. Aktuell zählen dazu innerhalb unserer langfristigen „Kern“-Komponente vor allem Unternehmen, die von Dividendenwachstum, Lohninflation und Übernahmeaktivitäten profitieren (oder dadurch Nachteile erleiden). Ein Faktor, der seit der globalen Finanzkrise die Investmentlandschaft – und damit auch unser Denken – stark beeinflusst, ist jedoch die Politik der Notenbanken, und daran wird sich so bald sicher nichts ändern. Die Konsequenzen sind weitreichend und in allen Regionen der Welt zu spüren. Für flexible Anleger können sich daraus interessante Chancen ergeben.

Meldungen über einzelne Unternehmen sind natürlich immer noch ein wichtiger Treiber der Aktienkurse, doch die Bewegungen bei Renditekurven und Wechselkursen, die auf das Konto der Notenbanken gehen, beeinflussen zunehmend die Erträge von Aktienanlegern. Überdies haben erhöhte geopolitische Spannungen und unberechenbare spekulative Kapitalflüsse zur Folge, dass die weltweite Vernetzung der Finanzmärkte zunimmt. Anleger sollten alle diese Faktoren bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.

Wie wird Ihre Positionierung dadurch beeinflusst?

Es liegt wohl am internationale Charakter des FTSE 100 und unserem flexiblen Anlagemandat (wir können einen Teil des Fondsvermögens auch außerhalb Großbritanniens anlegen), dass wir unsere Entscheidungen schon seit vielen Jahren unter Berücksichtigung der globalen Dynamik treffen. In letzter Zeit konnten wir dadurch gezielt von der wachsenden Vernetzung der Kapitalmärkte profitieren und zugleich in ausgewählte geografische und lokale Aktienanomalien investieren. Diese Positionen waren alles in allem lukrativ, und ihre Größe kann jederzeit nach oben oder unten angepasst werden – je nachdem, welche Chancen sich im Einzelnen bieten und wie wir die makroökonomische Lage beurteilen. Zur Unterstützung bei unserer Arbeit haben wir im August einen zusätzlichen Analysten – Dan Davies – ins Team aufgenommen. Jetzt sind wir zu viert – neben mir und Ben Wallace als Co-Fondsmanagern sind Gary Thomson und Dan Davies als Analysten mit an Bord. Zusätzliche Unterstützung erhalten wir von Hendersons Teams für europäische und internationale Aktien, die über geballte Erfahrung verfügen.

Bedeutet der globale Charakter Ihres Anlageuniversums, dass Sie zusätzliche Unternehmen analysieren müssen?

Seit der Auflegung unserer Long/Short-Strategie für britische Aktien vor über 13 Jahren haben wir immer global gedacht, analysiert und investiert. Wie schon erwähnt ist der FTSE 100 ohnehin ein Index mit sehr internationaler Zusammensetzung – nur 26% der Umsätze der darin vertretenen Unternehmen werden, wenn man die Endmärkte nimmt, in Großbritannien erwirtschaftet. In geografischer Hinsicht erscheint die Zusammensetzung beliebig. Antofagasta ist beispielsweise ein chilenisches Bergbauunternehmen, das Erlöse in US-Dollar erzielt, aber im FTSE 100 gelistet ist. Um in den Titel zu investieren, benötigt man gründliche Kenntnisse der Wettbewerber ebenso wie der globalen Entwicklungen bei Angebot und Nachfrage. Ähnlich erfordert die Analyse des in Großbritannien notierten Ölriesen BP ein Verständnis von dessen Konkurrenten wie Total (Frankreich) und Exxon Mobil (USA), aber auch des Ölmarkts insgesamt. Unser Schwerpunkt liegt auf Unternehmen des Large- und Mega-Cap-Segments mit Börsennotierung in Großbritannien, plus Europa und USA.

Wo haben Sie von Ihrem Research konkret profitiert?

Ein gutes Beispiel sind die Konsumgüterkonzerne Unilever und Proctor & Gamble (P&G). Unilever ist sowohl in London (in Pfund denominierte Aktien) als auch in den Niederlanden (in Euro denominierte Aktien) notiert. P&G ist in den USA gelistet, in Dollar. Beides sind multinationale „Mega-Caps“ mit Marken, die in direkter Konkurrenz zueinander stehen: Zu Unilever gehören Dove, Surf und Sure, zu P&G Olay, Ariel und Old Spice.

Anfang 2015 hatten wir recht unterschiedliche Einschätzungen zu Unilever und P&G. Unilever lag wegen der Währungsentwicklung im Aufwind (ein starker US-Dollar führte zu höheren „repatriierten“ Gewinnen), und auch unser Vertrauen in die Fähigkeit des Managements, bei Umsatzwachstum und Gewinnmargen Verbesserungen zu erreichen, brachte uns zu einem positiven Urteil über das Unternehmen. Unilever gefiel uns zudem wegen unserer positiven Einstellung zu anleiheähnlichen Aktien („Bond Proxys“). Der Begriff wird für Unternehmen verwendet, die in der Lage sind, von Cashflows abgedeckte, wachsende Dividenden auszuschütten – eine von den Börsen sehr geschätzte Eigenschaft in einer Welt, in der attraktive laufende Erträge Mangelware sind.

Für den US-Rivalen P&G war die gleiche Situation (starker Dollar), die zu Preiserhöhungen und sinkenden Umsätzen führte, dagegen von Nachteil. Wir hielten deshalb die meiste Zeit des Jahres in unserer Kernkomponente eine Netto-Long-Position in Unilever, während wir in P&G mehrfach kurzfristige taktische Short-Positionen aufbauten. Mit diesem „Pair-Trade“ wollten wir die Möglichkeit nutzen, von der unterschiedlichen Situation der beiden Unternehmen zu profitieren.

Überdies bot sich auf diese Weise die Gelegenheit, unsere Einschätzung zu den in Euro und Pfund notierten Unilever-Aktien auszudrücken. Die Schwäche des Euro hatte 2015 zur Folge, dass zurückgeführte Gewinne der in den Niederlanden notierten Aktie zu einer besseren Performance verhelfen würden als der in London notierten. Wir entschlossen uns deshalb zur Absicherung der Netto-Long-Position in Unilever mit einer Short-Position in dem in Pfund notierten Papier.

Wie die Abbildung zeigt, war diese Positionierung vorteilhaft, denn Unilever schnitt deutlich besser ab als P&G. Insgesamt erwiesen sich diese Trades in Anbetracht der festen Tendenz des Dollars im Jahr 2015 als profitabel für unsere Anleger. Anfang 2016 wechselte der Euro die Richtung, und wir reduzierten unsere Positionen entsprechend.

Nicht im gleichen Boot


Quelle: Thomson Reuters Datastream. 1.1.2015 bis 1.1.2016. Erträge in lokaler Währung, rebasiert. Unilever (€) = niederländische Notierung, Unilever (£) = britische Notierung.

Ist die derzeitige Marktlage für Anleger ein Grund zur Sorge?

Vernetzung und Volatilität an den Finanzmärkten sind kein Grund zur Furcht, solange man über geeignete Instrumente verfügt und den richtigen Ansatz verfolgt. Unsere Long/Short-Strategie hat bisher in der Regel gute Ergebnisse geliefert, wenn die Aktienkorrelationen niedrig und/oder die Schwankungen hoch waren. Wir glauben, dass die Märkte noch einige Zeit volatil bleiben werden. Unsere Flexibilität, kombiniert mit der breiten geografischen Aufstellung, ermöglicht es uns, in turbulenten Marktphasen ebenso wie in ruhigeren Zeiten Gewinne zu erwirtschaften (bzw. das Kapital unserer Anleger zu schützen).

Vor dem Hintergrund der vielen politischen und wirtschaftlichen Ungewissheiten, die sich abzeichnen, halten wir an einer behutsamen und ausgewogenen Positionierung fest. Inflation, Renditekurven und Geldpolitik – nicht nur in Großbritannien, sondern auch in den USA, Japan und Kontinentaleuropa – besitzen das Potenzial zur Veränderung des Makro-Umfelds, in dem wir uns bewegen. Wir müssen deshalb flexibel bleiben und weiter gezielt nach Gelegenheiten fahnden, um stetige absolute Erträge für unsere Anleger zu erzielen.

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für die künftige Wertentwicklung. Alle Performance-Angaben beinhalten Erträge und Kapitalgewinne bzw. -verluste, aber keine wiederkehrenden Gebühren oder sonstigen Ausgaben des Fond.

Die Informationen in diesem Artikel stellen keine Anlageberatung dar.

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