Hüfner: Konkurrenz für den Dollar
Titel der Publikation: | Konkurrenz für den Dollar |
Veröffentlichung: | 07/2014 |
Autor: | Martin Hüfner |
Auftraggeber: | Assenagon (Website) |
Die Amerikaner haben derzeit nicht nur bei Spionage und Datensicherheit Probleme mit ihren Partnern. Auch in finanzieller Hinsicht gibt es zunehmend Ärger.
24.07.2014 | 09:27 Uhr
- In der Zusammensetzung der Weltwährungsreserven fällt der Dollar weiter zurück. Bald liegt er unter 60 %. Euro und Renminbi gewinnen überraschend deutlich.
- Der Dollar bleibt aber bis auf Weiteres Schlüsselwährung der Welt.
- Euro und Renminbi können dauerhaft nur dann mehr Einfluss haben, wenn sie größere – und im Falle Chinas auch offene – Kapitalmärkte haben.
Zuerst musste sich Argentinien bei der Bedienung des Schuldendienstes früherer Dollar-Anleihen einem amerikanischen Gericht unterwerfen. Dem Land droht dadurch eine Insolvenz. Dann wurde die französische Bank BNP zu einer Strafe von unglaublichen USD 9 Mrd. verurteilt. Sie muss zahlen, weil sie sonst den wichtigen Zugang zu den Dollar-Märkten verliert. Jetzt ist dem französischen Finanzminister der Kragen geplatzt. Er forderte, dass sich die Finanzwelt stärker vom Dollar emanzipieren müsse.
Solchen Ärger hat es in der Vergangenheit schon häufiger gegeben. Immer wieder unternahmen einzelne Länder den Versuch, sich aus der Abhängigkeit vom Dollar zu lösen. Zeitweise geschah das – vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern – durch Kapitalverkehrskontrollen. Die Europäer gründeten den Euro nicht nur zur Förderung der Integration. Sie wollten auch vom Dollar unabhängiger werden.
So richtig gelungen ist die Emanzipation freilich nicht. Nach wie vor ist der US-Dollar die Schlüsselwährung der Welt. Über 60 % der Währungsreserven der Welt werden in US-Dollar gehalten. Der überwiegende Teil des Welthandels wird in Dollar abgewickelt. Bei den Umsätzen auf den Devisenmärkten liegt der Anteil des Greenbacks bei 80 %.
Das hängt nicht so sehr mit der Dominanz der amerikanischen Politik oder der großen US-Volkswirtschaft zusammen. Es wurde von niemandem verordnet. Es beruht ganz einfach auf den großen und liquiden amerikanischen Geld- und Kapitalmärkten. Sie sind einzigartig in der Welt. In keiner anderen Währung können sich Unternehmen und Banken ähnlich leicht finanzieren und Transaktionen abwickeln. So etwas lässt sich nicht so schnell ändern.
Trotzdem tut sich aber etwas. Die Grafik zeigt, wie der Dollar beim Wachstum der Währungsreserven richtiggehend abgehängt wird. Bei Einführung des Euros 1999 lag sein Anteil an den Weltwährungsreserven noch bei 71 %. Jetzt beträgt er nur noch 61 %. Bald wird er unter 60 % fallen. In den letzten Jahren hat sich hier vor allem die Finanzkrise ausgewirkt. Die Partner der USA verlieren offenbar Vertrauen in die US-Währung. Besonders ausgeprägt ist das bei den Industrieländern, weniger bei den Schwellen- und Entwicklungsländern.
Profitieren tut davon zuerst der Euro. Sein Anteil an den Weltwährungsreserven ist seit seiner Einführung kontinuierlich gestiegen (von anfänglich 18 bis auf 28 % in der Spitze). In der Eurokrise wurde diese Entwicklung unterbrochen. Zentralbanken verabschiedeten sich aus dem Euro. Seit Anfang 2013 kommen sie aber zurück. Der Marktanteil liegt derzeit bei 24 %.
Das Handicap des Euros ist inzwischen nicht mehr das mangelnde Vertrauen der globalen Investoren. Es ist der zu kleine Geld- und Kapitalmarkt. Wer den Euro im internationalen Geschäftsverkehr fördern will, muss daher keine Werbung für den Finanzplatz machen. Er muss dafür sorgen, dass die Egoismen bei den nationalen Kapitalmärkten überwunden werden. Einen ganz besonderen Schub gäbe es, wenn Großbritannien dem Euro beitreten würde. Dann wäre der europäische Kapitalmarkt mit einem Mal auf gleichem Niveau wie der amerikanische. Das gäbe dem Euro einen Riesenschub. Leider sieht es derzeit nicht danach aus.
Noch interessanter ist die Entwicklung der "sonstigen Währungen". Sie lagen lange Zeit im Windschatten des Dollars. Ihr Anteil an den Weltwährungsreserven betrug 10 %. Seit der Finanzkrise machen sie jedoch einen kräftigen Satz nach oben. Nach den neuesten Zahlen des IWF haben sie jetzt einen Marktanteil von 15 %. Jeder denkt hier an das Britische Pfund (4 % Anteil), den Japanischen Yen (ebenfalls 4 %) und den Schweizer Franken (0,4 %). Bei diesen Währungen tut sich aber nicht viel.
Wo die Musik spielt, ist beim Chinesischen Renminbi. Leider gibt es keine Daten über die Bestände der Zentralbanken an dieser Währung. Sie dürften derzeit absolut gesehen kaum größer als die des Pfundes sein. Aber das Wachstum ist enorm.
Anders als beim Euro ist dies keine Marktentwicklung. Dahinter steht vielmehr in erster Linie die gezielte Förderung durch die Regierung in Peking. In allen Handelsabkommen, die sie abschließt, steht das Ziel, mehr Handel in Renminbi abzuwickeln. Freilich stößt diese Entwicklung irgendwann an Grenzen. Wenn China seine Geld- und Kapitalmärkte nicht ausbaut und – ganz besonders wichtig – sie nicht stärker für Ausländer öffnet, bleibt der Renminbi eine Nische.
In jedem Fall wird es aber enger für den Dollar. Er bleibt zwar dominant. Die USA werden aber verletzlicher und müssen mehr Rücksicht auf die anderen nehmen. Umgekehrt werden die anderen vom Dollar unabhängiger. Das Multi-Währungssystem, über das wir so lange gesprochen haben, wird Wirklichkeit. Vielleicht braucht man also keine großen politischen Aktionen, wie sie der französische Finanzminister fordert, um die Probleme zu lösen, sondern nur etwas Geduld. Der Markt bewegt sich in die richtige Richtung.
Für den Anleger
Die Verschiebungen bei den Weltwährungsreserven sind nicht nur wirtschaftspolitisch interessant. Sie haben auch Auswirkungen auf den Wechselkurs. Wenn der Dollar als Währungsreserve nicht mehr so attraktiv ist, dann wird sich sein Wechselkurs nicht so aufwerten, wie das angesichts der höheren Zinsen und des größeren Wirtschaftswachstums eigentlich zu erwarten wäre.