Ist die Eurozone in einer Liquiditätsfalle?

Enttäuschende Wirtschaftsdaten und sinkende Inflationsraten erfordern monetären Stimulus.

26.04.2013 | 16:46 Uhr

Die erste Schätzung der Einkaufsmanagerindizes in der Eurozone und der ifo-Index enttäuschten im April auf ganzer Linie und zeigten deutliche Schwächetendenzen. In diesem Umfeld sprachen immer mehr Mitglieder des EZB-Rats über steigende Abwärtsrisiken für die Wirtschaft der Eurozone. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Leitzinssenkung der EZB (Donnerstag) von 0,75 % auf 0,5 % sehr wahrscheinlich. Leider werden von einer Leitzinssenkung kaum expansive Impulse ausgehen, da Geldmarktzinsen wie beim EONIA schon bei 0,08 % liegen und kaum mehr Spielraum nach unten haben. Die Leitzinssenkung wird nur die Zinskosten der Banken in den Ländern an der Peripherie der Eurozone für die EZBKredite reduzieren. Die EZB müsste eigentlich mit ihren Maßnahmen dafür sorgen, dass sich die Kreditversorgung von kleineren und mittleren Unternehmen wieder nachhaltig verbessert. Leider hat die EZB kaum Möglichkeiten, direkt die Lage für die kleineren und mittleren Unternehmen zu verbessern, sondern nur indirekt und in Zusammenarbeit mit der Fiskalpolitik. So könnte beispielsweise die Europäische Investitionsbank mithilfe der EZB in Zukunft eine größere Rolle bei staatlichen Kreditprogrammen in der Eurozone spielen. Es wäre daher sehr wünschenswert, dass EZB-Präsident Draghi in der Pressekonferenz über Überlegungen und einen möglichen Beitrag der EZB zu einem europäischen Kreditprogramm berichtet. Ansonsten könnte der Eindruck entstehen, dass der EZB die Instrumente ausgegangen sind, die Wirtschaft zu stimulieren. Ängste vor einer Liquiditätsfalle in der Eurozone könnten dadurch geweckt werden – umso mehr, als die Inflation in den kommenden Monaten aufgrund der sinkenden Rohstoffpreise deutlich fallen wird. Schon im April dürfte die Inflation in der Eurozone (Dienstag) laut der ersten Schätzung von Eurostat auf nur noch 1,5 % gefallen sein.

Auch macht sich zunehmend eine Sparmüdigkeit unter der Bevölkerung in vielen europäischen Ländern breit. Die EU-Kommission kommt dem entgegen, indem sie den europäischen Ländern längere Zeit als ursprünglich vereinbart einräumt, um die Konsolidierungsziele zu erreichen. So verkündete die spanische Regierung heute, erst im Jahr 2016 – und damit zwei Jahre später als vereinbart – das Haushaltsdefizit unter die Marke von 3 % drücken zu können. Damit wird der voraussichtliche Schuldenhöchststand für viele Länder um teilweise mehrere Jahre nach hinten verschoben. Ohne Zweifel drohen vor diesem Hintergrund bald wieder Herabstufungen der Ratingagenturen. Dabei könnte Spanien das Investmentgrade-Rating verlieren und dadurch gezwungen werden, unter den Rettungsschirm zu flüchten. Trotz aller Risiken für die Eurozone ist die Frage nach den Konjunkturrisiken nach unserer Einschätzung noch ungeklärt. So stiegen beim ifo-Index im April die Exporterwartungen deutscher Unternehmen, während die Baubranche deutliche Rückgänge verzeichnete. Die Schwäche der Baubranche dürfte jedoch vor allem auf den Kälteeinbruch zurückzuführen und daher nur temporär sein, während die gestiegenen Exporterwartungen ein sehr positives Konjunktursignal sind. Wir rechnen daher damit, dass sich die Konjunkturdaten im Mai verbessern werden, und sehen die Schwäche im März und April als nur wetterbedingt an. Damit dürften sich auch die Ängste vor einer Liquiditätsfalle als übertrieben erweisen. Trotzdem werden die in der kommenden Woche publizierten Daten aus der Eurozone die Investoren noch enttäuschen: Also sind Rückgänge beim Economic Sentiment (Montag) und beim Einkaufsmanagerindex (Mittwoch) zu erwarten.

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