Ist mit einem Inflationsanstieg zu rechnen?

Lukas Daalder, Stratege im Financial Markets Research-Team, zitiert den Geist des Erzmonetaristen Milton Friedman, um zu untersuchen, ob der Anstieg der US-amerikanischen Anleihezinsen auf zunehmenden Ängsten vor einer erhöhten Inflation basiert.

13.01.2011 | 13:44 Uhr



Die Diskussion darüber, ob Inflation oder Deflation bedrohlicher und wahrscheinlicher in den kommenden Jahren ist, hält bereits eine Zeit lang an. Bis zum dritten Quartal schien Deflation der potenzielle Sieger zu sein. Die Inflation ist in der entwickelten Welt weiterhin gesunken, die wirtschaftliche Erholung verlor dort an Momentum und Rentenmärkte bewegten sich hin zu historischen Tiefständen.

Wenig hat sich in den letzten Monaten hinsichtlich der zugrunde liegenden Inflation verändert. Der Verbraucherpreisindex der USA, ausgenommen Nahrungsmittel und Energie, erreichte ein Allzeittief von 0,6 % und der Kern-Verbraucherpreisindex in der Eurozone bewegte sich um 1,0 %. Währenddessen ist Japan weiterhin in einer anhaltenden Deflation (-0,8 %) gefangen. Nur in den Entwicklungsländern war die Inflation eine positive Überraschung. Dennoch scheint das Übergreifen auf die globale Inflation eher begrenzt.

Langfristige Zinsen sind seit der ersten Erörterung von QE2 angestiegen
Die von den Finanzmärkten ausstrahlende Nachricht hat sich jedoch verändert. Seit dem Tag, dass die erneuerte quantitative Lockerung in den USA (QE2) erstmalig beim Treffen der Fed in Jackson Hole im späten August erwähnt wurde, begannen die 30-Jahres-Zinsen auf Schatzanleihen wesentlich anzusteigen. Das lange Ende der Zinskurve hat sich während des Prozesses etwa 90 Basispunkte nach oben bewegt (siehe Grafik 1).

Grafik 1: Der Markt für US-Schatzanleihen im Ausverkauf

Quelle: Bloomberg, Robeco



Das mag eigenartig erscheinen. Schließlich war QE2 insbesondere dazu entworfen, Anleihezinsen niedrig zu halten. Zudem hat die Fed dafür 600 Milliarden US-Dollar an Schatzanleihen aufgekauft.

Wie die Zentralbank jedoch angegeben hat, bezog sich der Kauf hauptsächlich auf kurzfristige Anleihen, die über eine Fälligkeit von bis zu zehn Jahren verfügen. Das führte dazu, dass das lange Ende der Kurve ungeschützt blieb. Angesichts dessen, dass dieser Teil der Kurve der anfälligste für zukünftige Inflation ist, handelt es sich hierbei um keine Überraschung.

Nun zu Milton Friedman
Würde er noch leben, würde Milton Friedman, der leitende Befürworter des Monetarismus, kein Problem damit haben diese Bewegung zu erklären. Er würde einfach seine historische Aussage wiederholen: "Inflation ist immer und überall ein finanzielles Phänomen".

Nach Friedman zu urteilen, unter Ausweitung der Bilanz der Fed um noch weitere 600 Milliarden US-Dollar, nimmt die Wahrscheinlichkeit eines finanziell angetriebenen Schubs in Richtung Inflation zu. Dies führt zudem zu einer bei langfristigen Anleihen geforderten erhöhten Risikoprämie.

Die Schlüsselfrage bleibt jedoch die folgende: Wie kann eine lockere Geldpolitik in einer Inflation enden? Friedman argumentierte, dass Inflation das Ergebnis davon sei, dass "zuviel Geld zu wenig Waren jagen" würde.

Die direkte Bedrohung einer Inflation in den USA ist begrenzt
Sehen wir uns an, wie dieses Argument auf das gegenwärtige Umfeld anzuwenden ist. Sicherlich scheint es ausreichend Liquidität zu geben. Allerdings scheint sich das Jagen nach Waren in Grenzen zu halten. Tatsächlich scheinen die derzeitig einzigen gejagten US-Waren die Finanzanlagen zu sein, die sich nicht in dem gewöhnlichen Warenkorb des Verbraucherpreisindexes befinden. Das bedeutet, dass die direkte Bedrohung einer Inflation in Wirklichkeit begrenzt ist.

Die letzten Zahlen des Kern- und Headline-Verbraucherpreisindexes unterstrichen diese Sicht, dass Inflation noch kein Thema ist. Beide Indizes stiegen im November nur um 0,1 % an.

In Wirklichkeit treiben andere Faktoren Anleihezinsen in die Höhe. Der Scheitern der US-Regierung einen zuverlässigen Aktionsplan zu entwickeln, um die Verringerung des Defizits in 2011 zu handhaben und die besser als erwartet ausgefallenen Wirtschaftszahlen, einschließlich stark verbesserter Einzelhandelszahlen im November, haben den Ausverkauf angeheizt.

Eine stärker als erwartet ausfallende Erholung ist notwendig, um eine Inflation zu entzünden
Trotzdem ist es nicht unmöglich, dass es zu einer ansteigenden Währungsinflation kommen könnte. Ein Anstieg bei der Nachfrage, der nicht mit dem Angebot übereinstimmt, könnte dazu führen, dass dieses Szenario zeitnah einsetzt. Jedoch befindet sich die Nachfrage in den USA nicht gerade im Aufschwung. Gleichzeitig gibt es eine große Reserve an potenziellen Arbeitnehmern und die Kapazitätsauslastung ist gering.

Diese Faktoren implizieren, dass das Angebot sicher der Nachfrage entsprechen könnte, zumindest in den Anfangstadien eines Aufschwungs der Nachfrage (allerdings wird solch ein Aufschwung nicht erwartet). Anders gesagt wird die Inflation nur ansteigen, wenn es zu einer stärker als erwarteten Erholung des Marktes kommt. Das würde wahrscheinlich nicht ein derartig negatives Szenario bedeuten.

Ein Übergreifen von den hohen Rohstoffpreisen auf die Inflation dürfte moderat ausfallen Es existiert ein Vorbehalt. Obwohl es kein Problem damit gibt, dass zuviel Geld zu wenig Waren in den USA jagt, kann man das nicht von den Rohstoffen sagen. Die meisten Rohstoffpreise tendieren in die Höhe oder werden nahe Allzeithochs gehandelt. Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Inflation wieder ansteigt.

Wenn es allerdings keinen Preisanstieg bei einem der Basisrohstoffe, ähnlich wie beim Ölschock in den 1970iger Jahren, gibt – was wir aber nicht erwarten – dürfte das Übergreifen auf die weltweite Inflation in 2011 wahrscheinlich begrenzt bleiben.

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