Janus Henderson: Fünf Trends, die den Automobilsektor grundlegend verändern
Nach dem Besuch der Consumer Electronics Show in Las Vegas diskutiert das Janus Henderson Global Technology Team über Innovation in der Automobilbranche.01.03.2019 | 09:32 Uhr
Das Janus Henderson Global Technology Team diskutiert nach dem Besuch der Consumer Electronics Show in Las Vegas über die neuesten technologischen Trends, die den Automobilsektor von Grund auf verändern dürften.
Neue Technologien, sich ändernde Präferenzen der Verbraucher und eine stärkere Fokussierung auf Nachhaltigkeit und Sicherheit stellen die Weichen für einen weiteren grundlegenden Wandel in der Automobilindustrie.
Bis 2030 wird der Automobilmarkt voraussichtlich auf 6,7 Billionen US-Dollar anwachsen von 3,5 Billionen US-Dollar in 2015. Rund 30 Prozent (1,5 Billionen US-Dollar) davon dürften auf neue Technologien entfallen*. Im Gegensatz zu früheren Innovationszyklen in der Branche konzentriert sich ein Großteil dieser neuen Technologie nicht auf die Mechanik des Fahrzeugs, sondern auf umfassendere Themen wie Benutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Emissionsreduktion.
Wir sehen in diesem Zusammenhang vier übergeordnete technologische Trends: autonomes Fahren, Elektrifizierung von Fahrzeugen, Infotainment/Fahrer-Fahrzeug-Interaktion und Gemeinschaftsbesitz (Stichwort: Shared Ownership). Diese Themen sind untrennbar miteinander verbunden - Fortschritt in einem Bereich treibt den Fortschritt in einem anderen voran und dürfte einen Dominoeffekt im Technologiesektor auslösen.
Autonomes Fahren
Prognosen zufolge könnten bis zu 15 Prozent der im Jahr 2030 verkauften Neuwagen vollständig autonom fahren, während bis zu 70 Prozent* einen variierenden Grad an Automatisierung für fortschrittliche Sicherheits- und Assistenzsysteme für Parken und Spurwechsel aufweisen könnten. Die weitere Entwicklung des vollständig autonomen Fahrens hängt von regulatorischen, technischen, sicherheitstechnischen und rechtlichen Fragen wie etwa Haftung und Versicherung sowie der Bereitschaft der Kunden ab, diese Technologie nach und nach anzunehmen und sich ihr anzuvertrauen.
Aus technologischer Sicht basiert der Erfolg von fahrerlosen Fahrzeugen auf zwei wichtigen Entwicklungsbereichen: zum einen, wie das Auto Daten über seine Umgebung sammelt und zum anderen, wie diese Daten verarbeitet werden.
Datensammlung:
Während es mehrere mögliche Technologien gibt, die diesen Prozess unterstützen könnten, ist die Verwendung von verschiedenen Sensoren rund um das Fahrzeug derzeit die am häufigsten diskutierte Lösung. Beispiele hierfür sind die LiDAR-Technologie (Light Detection And Ranging), die den Abstand zwischen Sensor und Zielobjekt mithilfe von Lasern misst und für die Ermittlung von Größe, Winkel und Geschwindigkeit des Objekts Radartechnologie verwendet.
Eine weitere Möglichkeit der Datensammlung ist die Vehicle-to-Everything-Technologie (V2X), eine drahtlose Technologie, die den Datenaustausch zwischen einem Fahrzeug und einer beliebigen Einheit in seiner Umgebung (einschließlich andere Fahrzeuge) ermöglicht. Diese Lösung könnte mit der Zeit die Zahl der benötigten Sensoren um das Fahrzeug herum reduzieren, erfordert aber ein schnelles Netz, um nahtlos zu funktionieren. Wir glauben, dass der Einsatz von 5G die Dynamik in diesem Bereich erheblich verändern und als Wegbereiter der Konnektivität für zukünftig autonome Fahrzeuge fungieren könnte.
Eine weitere Frage, die sich aus diesen möglichen Entwicklungen ergibt, ist die nach dem Ort, an dem die Daten gespeichert sind: im Fahrzeug? In seiner Umgebung? Und was bedeutet das für Cloud- und Speicherunternehmen?
Datenverarbeitung: Angesichts der für autonome Fahrzeuge erforderlichen riesigen Datenmengen, dreht sich eine der größten Debatten in der Automobil- und Halbleiterindustrie um das System für die Analyse dieser Daten: Wird Cloud oder Edge Computing diese Aufgabe übernehmen?
Edge Computing bezieht sich auf die Datenverarbeitung am Rande (englisch: edge) eines Netzwerks (in intelligenten Geräten), anstatt diese Rechenleistung in der Cloud oder einem zentralen Rechenzentrum vorzunehmen. Herkömmliche CPU- und GPU-Produkte (zentrale Recheneinheiten und Grafikkarten) würden wahrscheinlich eher zum Einsatz kommen, wenn die zentrale Verarbeitung bevorzugt wird. Beim Edge Computing werden wir vermutlich einen Trend zu billigeren und stärker integrierten Lösungen sehen. Andererseits könnte es zukünftig durchaus auch eine Kombination beider Systemarchitekturen geben.
E-Mobilität
Obwohl wir uns noch am Anfang der E-Auto-Revolution befinden, halten wir sie für ein ein bedeutendes Thema, befeuert durch eine effizientere Energienutzung und Reduzierung der CO2-Emissionen.
Tesla hat bei der Einführung von Elektroautos (EV) für den Massenmarkt Pionierarbeit geleistet. Auf der Consumer Electronics Show (CES) 2019 im Januar wurden einige neue EV-Modelle von anderen Anbietern vorgestellt, darunter der EQC von Mercedes Benz und die nächste Generation des Leaf e+ von Nissan.
Unserer Meinung nach sind Reichweite, Batteriekapazität und Gesamtkosten von EVs neben der Ladeinfrastruktur wichtige Voraussetzungen, damit E-Autos für die breite Masse infrage kommen. Daher beobachten wir weiterhin sehr aufmerksam die technologische Entwicklung rund um Lithium-Ionen-Batterien (die für die Reichweite relevante Technologie), Leistungshalbleiter und Fahrzeugladeinfrastruktur.
Infotainment und Fahrer-Fahrzeug-Interaktion
Wenn Fahrer zu Fahrgästen werden und mehr Zeit haben, sich dem Fahrzeug selbst zu widmen, steht die Benutzererfahrung im Vordergrund. Fahrzeuge werden heute immer mehr zu „Smartphones“ – zunehmend ausgestattet mit integrierten Multimedia-Tools und eingebauter Netzkapazität, um die Interaktion mit dem Fahrer zu verbessern. Soziale Medien, Verkehrsinformationen in Echtzeit und dynamische Navigationssysteme stehen Benutzern auf Knopfdruck zur Verfügung. Die Interaktion der Fahrgäste mit dem Fahrzeug mittels Sprachsteuerung und andere Anwendungen sind ebenfalls immer häufiger anzutreffen.
Auf der CES im Januar sahen wir große Bildschirme in den Armaturenbrettern für Infotainment und die leichtere Interaktion mit dem Fahrzeug. Wir beobachten zudem die Verbreitung intelligenter Assistenzsysteme wie Alexa von Amazon und Assistant von Google in Fahrzeugen als weiteren sich beschleunigenden Trend.
Gemeinschaftsbesitz oder Shared Ownership
Die technologische Disruption im Automobilbereich führt auch zu einer Verlagerung weg vom traditionellen Autobesitz hin zu neuen On-Demand-Geschäftsmodellen wie Shared Mobility und Robo-Taxi. Robo-Taxis sind selbstfahrende/fahrerlose Taxis für E-Fahrdienste oder On-Demand-Mobilitätsdienste.
Werden die autonomen Fahrzeuge den Robo-Taxi-Unternehmen oder Einzelpersonen/Nutzern gehören? Nach unserer Einschätzung ist Ersteres wahrscheinlicher, zumindest auf Sicht der nächsten fünf Jahre. Längerfristig dürften auch Privatpersonen Eigentümer autonomer Fahrzeuge werden, sobald weitere davon auf dem Markt und die Kosten gesunken sind.
Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle haben schon andere Branchen auf den Kopf gestellt, und auch die Automobilindustrie wird sich dem nicht entziehen können. Wir sehen viele potenzielle Nutznießer der vier hier diskutierten übergreifenden Technologietrends, darunter Tesla und Aptiv im Automobilmarkt, NVidia, Intel, Ambarella, NXP Semiconductors und Infineon in der Komponentenherstellung sowie Daten- und Ökosystem-Anbieter wie Amazon und Google.
Von dieser Entwicklung sind aber nicht nur die Technologieanbieter selbst betroffen. Auch andere Automobilunternehmen sind wegen der drohenden umwälzenden Veränderungen gezwungen, mehr zu investieren. Wie die folgende Grafik zeigt, erhöhen Honda, Toyota, Daimler und Volkswagen bereits deutlich ihre Forschungs- und Entwicklungsausgaben als Reaktion auf die neuen Trends bei E-Autos und längerfristig bei autonomen Fahrzeugen.
Quelle: Bloomberg, Stand: 31. Dezember 2018
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Der Wettbewerb ist die treibende Kraft für Wachstum und Innovation im Technologiebereich. Und dies ist das technologische Schwungrad, auf das wir uns oft beziehen: technologische Fortschritte, die überdurchschnittliches Gewinnwachstum und starke Bilanzen ermöglichen, die wiederum Unternehmen in die Lage versetzen, ihr Geschäft zu schützen oder in neue Bereiche vorzudringen.