Janus Henderson: Schwellenländeraktien – Positionierung und Chancen

Aktien aus Schwellenländern (Emerging Market, EM) gaben gemessen in Pfund Sterling im Laufe des Quartals nach. Hauptgrund war das relativ starke Pfund Sterling, wobei die zugrunde liegenden Märkte allgemein auf der Stelle traten.

31.07.2017 | 16:16 Uhr

Auf Länderebene setzten sich Griechenland, die Türkei und Ungarn an die Spitze, während Qatar, Russland und Brasilien das Schlusslicht bildeten. Die Strategie hielt im Berichtszeitraum nicht mit den Schwellenländern allgemein Schritt, erzielte jedoch in den letzten 12 Monaten solide absolute Wertzuwächse.

Investmentansatz

Nachhaltigkeit und Engagement bleiben entscheidend

Wie unsere Anlagetätigkeit in diesem Quartal belegt, ist für uns die Nachhaltigkeit der jeweiligen Geschäftstätigkeit bei der Beurteilung der Qualität eines Unternehmens ein wichtiges Kriterium. Unserer Ansicht nach segnen alle Stakeholder (Gemeinden, Mitarbeiter, Kunden, Aktionäre, Staat und Umgebung) den Betrieb eines Unternehmens stillschweigend oder ausdrücklich ab. Für einen nachhaltigen Betrieb müssen unserer Überzeugung zufolge die Interessen aller Stakeholder berücksichtigt werden.

Portfolioveränderungen

Staatlich kontrollierte Banken bremsen Erträge für Minderheitsaktionäre

Im Berichtszeitraum stießen wir aufgrund von Bedenken über die Unternehmensführung den vollständigen Verkauf des führenden polnischen Geldinstituts Bank Pekao an. Früher schätzten wir Pekao aufgrund seiner sensiblen, risikobewussten Kapitalallokation als attraktiven Portfoliowert.

Dieser Ansatz ist nach unserer Auffassung durch den zunehmenden Einfluss der polnischen Regierung gefährdet, deren Interessen kaum auf die Minderheitsaktionäre abgestimmt werden dürften. Zu dieser Verschiebung der Eigentümerstruktur kam es, als die in Schieflage geratene italienische Bank UniCredit ihre Beteiligung an Pekao 2016 an den staatlich kontrollierten Versicherer PZU verkaufte.

Als der Deal angekündigt wurde, versicherte PZU, dass Bank Pekao seine Geschäfte als unabhängiges Unternehmen fortführen dürfe. Die kürzliche Entlassung des Aufsichtsrats von Pekao und die Ablösung des bisherigen CEO Luigi Lovaglio durch den ehemaligen Mitarbeiter im polnischen Finanzministerium Michal Krupinski belegen nach unserer Ansicht jedoch, dass die Unabhängigkeit von Pekao in Gefahr ist und der Wert des Unternehmens darunter leiden könnte.

In diesem Zusammenhang sind die jüngsten Äußerungen des PZU-Firmenchefs gegenüber der Presse interessant: „Während ausländisch kontrollierte Banken in Polen nur die sichersten Kreditentscheidungen treffen, dürfte Pekao bei seinen Kreditgeschäften zu höheren Risiken bereit sein.” Das verdeutlicht, dass langfristig orientierte Aktienanleger Einbußen hinnehmen müssen, wenn Politiker in den Kreditabteilungen mitmischen.

Technologische Veränderungen

Im Anschluss an die Überprüfung unserer Bestände im Bereich IT-Dienstleistungen nahmen wir im Laufe des Quartals ebenfalls einige Portfolioveränderungen vor. So trennten wir uns vollständig von unseren Positionen auf die indischen IT-Anbieter Tech Mahindra und Infosys und eröffneten im Gegenzug eine neue Position auf Tata Consulting Services.Grund für die Veräußerung von Tech Mahindra waren Bedenken über die rasante Ausweitung der Incentives für Führungskräfte, die in keinem Verhältnis zu den Aktionärsrenditen mehr stehen. Wir werten dies als Hinweis auf eine mangelnde Rücksichtnahme auf Minderheiten. Die Übernahme des italienischen Spezialisten für Autodesign Pininfarina hat unser Vertrauen in die Kapitaldisziplin der Gruppe ebenfalls geschmälert.

Bei Tata Consulting Services ging der Wechsel an der Spitze hingegen wesentlich reibungsloser vonstatten. Der Rücktritt des ehemaligen CEO stand im Kontext der Bemühungen um Unterstützung der Entwicklung der Familien-Holding Tata Sons. Der ehemalige CEO behält seinen Posten im Verwaltungsrat, um weiter Input zu liefern, und konnte seine Befugnisse an einen Insider weitergeben. Dadurch wird das Ergebnis unserer Erfahrung zufolge besser vorhersehbar.

Außerdem freuen wir uns, dass das Unternehmen bewusst weniger Übernahmen tätigt als seine Rivalen und sich stattdessen als „Fast Follower“ positioniert, der besonders talentierten Mitarbeitern die Chance bietet, stärker unternehmerisch zu denken und zu handeln. Dadurch wird das mit dem Kauf anderer Dienstleistungsunternehmen verbundene Risiko der kulturellen Integration umschifft, das Wert für Aktionäre vernichten kann.

Die Bewertungen sind in der letzten Zeit unter Druck geraten. Auslöser waren Sorgen, dass die Änderungen der US-Visabestimmungen diesen Unternehmen den Zugang zum US-Markt erschweren werden. Diese Verschärfungen könnten die Unternehmen zwar etwas bremsen, wirken sich nach unserer Einschätzung aber nicht auf das langfristige Wertversprechen in Gestalt niedrigerer Lohnkosten und Dienstleistungen mit Mehrwert aus, die den Kunden zu technologisch leistungsfähigeren Unternehmen verhelfen. Das Ausmaß dieser Veränderungen ist häufig von den Unternehmen allein nicht zu stemmen, noch sind die zur Durchführung erforderlichen Talente intern vorhanden. Daraus ergeben sich langfristige Chancen für die IT-Dienstleistungsbranche.

Strategie

Das Portfolio ist verstärkt bei an Märkten wie Brasilien, Chile und Südafrika börsennotierten Unternehmen engagiert, die die Hauptlast des Rohstoffpreisverfalls tragen mussten. Der damit einhergehende Konjunkturschock hatte schwächere Währungen und attraktivere Bewertungen zur Folge. Als Mut machende Entwicklung sehen wir den wachsenden Druck auf die Regierungen, bessere Arbeit zu machen.

Die Botschaft der Wähler aus Südafrikas aufstrebender Mittelschicht an die regierende ANC-Partei war klar. Sie forderten eine Bekämpfung der Korruption und stärkere Bemühungen um eine Verbesserung des Lebensstandards In Brasilien scheinen anhaltende politische Skandale die Umsetzung marktfreundlicher Reformen zu verzögern. Dass korrupte Politiker inzwischen zur Verantwortung gezogen werden, macht die Institutionen des Landes so glaubwürdig wie in kaum einem anderen Schwellenland.

Chinesische Aktien sind im Portfolio aktuell schwächer gewichtet. Grund hierfür ist die große Zahl staatlich kontrollierter Unternehmen, die Zweifel an der Berücksichtigung der Interessen von Minderheitsaktionären schürt. Unseres Erachtens besteht eine erhebliche Gefahr, dass viele dieser Unternehmen nationalen Interessen dienen müssen, statt sich auf profitables Wachstum und Renditen für Aktionäre zu konzentrieren. Daher bietet China derzeit für langfristig orientierte Anleger wie uns, die Wert auf einen hohen Absolute Return legen, nur in begrenztem Umfang Chancen

Ausblick

Die Begeisterung für Schwellenländeraktien wächst unaufhaltsam und beschert der Anlageklasse solide Mittelzuflüsse. Das ist zwar auf kurze Sicht positiv, erhöht aber gleichzeitig unsere Wachsamkeit. Nach unserer Meinung kommt es entscheidend darauf an, keine Abstriche bei der Qualität zu machen, einen langfristigen Horizont beizubehalten und eine strenge Bewertungsdisziplin zu befolgen.

Die langfristigen Aussichten für Aktienanleger in Schwellenländern beurteilen wir jedoch optimistisch. Denn sie bieten Anlegern die Möglichkeit, vom strukturellen Trend zu steigenden Lebensstandards in einigen aufstrebenden Ländern zu profitieren.

Diesen Beitrag teilen: