Janus Henderson: Schwellenland-Aktien - Verstehen, was man im Portfolio hat

Für das Emerging Market Equities Team von Janus Henderson in Edinburgh ist es von zentraler Bedeutung, finanzielle und andere Risiken der Unternehmen, in die es investiert, umfassend zu verstehen. Glen Finegan, Leiter Emerging Market Equities, erläutert, dass das Team zwar Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG-Kriterien) nicht explizit in den Vordergrund stellt, diese aber bei der Analyse der Nachhaltigkeit eines Unternehmens eine besondere Rolle spielen.

07.06.2017 | 08:37 Uhr

Gerade Schwellenländer zeichnen sich mitunter durch mangelnde Rechtsstaatlichkeit aus. Der häufig unzureichende Schutz ausländischer Minderheitsaktionäre, wie wir es sind, bedeutet, dass wir bei einem Rechtsstreit beispielsweise vor einem russischen oder chinesischen Gericht möglicherweise weniger Aussicht darauf haben, berechtigte Ansprüche durchzusetzen als in vielen Industrieländern. Deswegen ist die Qualitätsanalyse im Vorfeld der wichtigste Teil der Bewertung eines Unternehmens, in das wir investieren wollen.

Bewertung der Nachhaltigkeit
Ein wichtiges Kriterium bei der Bestimmung der Qualität eines Unternehmens ist aus unserer Sicht die Nachhaltigkeit seines Geschäftsmodells. Nach unserem Verständnis erhalten Unternehmen von ihren Interessenvertretern, also den Gemeinden, Beschäftigten, Kunden, Aktionären und dem Staat implizit oder explizit die „Erlaubnis“ zur Durchführung ihrer Geschäftstätigkeit. Für das nachhaltige Bestehen eines Unternehmens ist es daher unabdingbar, dass die Interessen aller Beteiligten und auch Umweltfaktoren berücksichtigt werden. 

Nach Warnsignalen Ausschau halten


Source: iStock

Ein Unternehmen, das verseuchtes Abwasser in einen Fluss einleitet, seine Mitarbeiter schlecht handelt oder fragwürdige Führungsstrukturen hat, sendet das Signal aus, dass es möglicherweise nicht hinreichend auf sein dauerhaftes Bestehen bedacht ist. Dies sollte sich auch in seiner Bewertung spiegeln, was aber oft nicht der Fall ist. Unternehmen, die die Beziehungen zu ihren Interessenvertretern für eine bessere Rendite aufs Spiel setzen, dürfen sich nicht wundern, wenn Kunden oder der Staat darauf reagieren und das Geschäft dann erheblich in Mitleidenschaft gezogen wird. Aber auch wenn dieser Schaden nicht eintritt: Ein Unternehmen, das ohne zu zögern eine seiner Anspruchsgruppen für seine Ziele missbraucht, wird irgendwann auch einen Weg finden, uns als Aktionäre zu übervorteilen. Denn offenbar sind kurzsichtige Vorteile für sich selbst seine oberste Maxime. 

Wonach wir suchen
Diese ganzheitliche Herangehensweise an die Stellung eines Unternehmens in seinem sozialen, wirtschaftlichen und räumlichen Umfeld hat eine andere Art der Kommunikation mit dem Management zur Folge. Wenn die Firmenentscheider verstehen, dass unsere Interessen über das bloße Handeln mit Wertpapieren hinausgehen, können Beziehungen zu beiderseitigem Vorteil entstehen. Dabei nutzen wir auch unkonventionelle Informationsquellen wie Nichtregierungsorganisationen (NGOs), deren Unbeliebtheit häufig der beste Ausweis ihrer Glaubwürdigkeit ist. Daneben informieren wir uns auch bei RepRisk, das die Medien nach negativen Nachrichten über Firmen durchforstet. 

Nach unserer Überzeugung reicht es aber nicht aus, einfach eine Liste mit Nachhaltigkeitskriterien abzuhaken: Denn neben dem „Was“ ist auch das „Warum“ von großer Bedeutung. Viele Firmen werden entweder von einer Person oder einer Gruppe, wie z.B. dem Staat oder einer Familie kontrolliert. Das macht sie nicht per se zu schlechten Unternehmen. Wenn zum Beispiel die Interessen einer Familie mit denen der Aktionäre übereinstimmen, ihr der gute Ruf des Unternehmens am Herzen liegt und sie sich dauerhaft darum kümmert, dessen Interessen zu wahren, kann daraus ein sehr stabiles Geschäft werden. Dann entsteht zwischen dem Management und den Kapitalgebern ein Vertrauensverhältnis, auf dessen Grundlage die Firmenentscheider mutige Entscheidungen treffen können, wenn andere ängstlich zögern.   

Source: iStock

Darüber hinaus glauben wir nicht, dass es so etwas wie ein perfektes Unternehmen gibt. Wir schauen daher eher auf die Entwicklung und die Richtung, in die die Reise geht, als nur darauf, wo das Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt steht. Wenn wir das zugrunde liegende Geschäftsmodell gut finden, aber glauben, dass Änderungen für einen höheren Shareholder Value sorgen könnten, suchen wir das Gespräch mit der Firmenleitung, um Veränderungen anzustoßen. Dabei vergessen wir jedoch nicht, dass wir nur Minderheitsaktionäre sind und streben gute Beziehungen zur Firmenleitung basierend auf gegenseitigem Respekt und einem langfristigen Anlagehorizont an. Nach unserer Erfahrung hilft das auch, unsere Überzeugung in die allgemeine Anlagethese zu festigen, da wir so unterschiedliche Seiten des Entscheiderteams zutage fördern können. 

ESG-Kriterien in unserem Anlageansatz
ESG-Aspekte finden praktisch in allen Analysen und Meetings, die wir durchführen, ihren Niederschlag: 

1. Unternehmensberichte: Ein wichtiger Aspekt unserer Research-Berichte ist die Nachhaltigkeit der untersuchten Unternehmen. In der Praxis bedeutet dies: Wir analysieren genau, wie ein Unternehmen mit seinen verschiedenen Interessenvertretern umgeht. Zudem informieren wir uns bei RepRisk und anderen Quellen, einschließlich Wettbewerbern, Zulieferern etc. In diesen Berichten führen wir für gewöhnlich diverse Themen auf, über die wir mit den Unternehmen in einen Dialog treten sollten.

2. Meetings mit Unternehmensentscheidern: Für jedes Meeting erstellen wir im Vorfeld eine Liste mit zentralen Fragen etwa zur ESG-Performance und bestimmten Vorfällen, von denen wir über RepRisk oder aus anderen Quellen erfahren haben. Daneben versuchen wir zu verstehen, wer tatsächlich für ESG-relevante Entscheidungen verantwortlich und wie die Einstellung des Unternehmens in puncto Nachhaltigkeit im weitesten Sinne ist. Üblicherweise haken wir auch bei Themen aus früheren Research-Berichten nach.

3. Ausübung von Stimmrechten: Wir stimmen als Team für alle gehaltenen Anteile ab. Wenn bei einem zur Abstimmung stehenden Thema Fragen aufkommen, versuchen wir diese im Gespräch mit dem Management zu klären und nicht einfach dagegen zu stimmen, wenn wir der Meinung sind, dass eine Beschlussvorlage nicht im Interesse der Minderheitsaktionäre und damit unserer Kunden ist. 

Über unser Research und unsere Meetings mit Firmenentscheidern haben wir in den letzten 12 Monaten viel bewirkt. Zum Beispiel konnten wir beim südafrikanischen Konsumgüterunternehmen Tiger Brands eine wichtige Änderung des langfristigen Anreizprogramms für den Vorstand bewirken, mit der letztlich beim Wechsel des CEO langfristig mehr Shareholder Value geschaffen wird.

Grundlage unseres Anlageansatzes ist ein tiefes Verständnis der Risiken aus allen möglichen Blickwinkeln. Über ESG-Kriterien stellen wir sicher, dass sie eine wichtige Rolle bei unserer Suche nach langfristigen Anlagechancen in Schwellenmärkten spielen. 

 



Anmerkung: Die obigen Aktienbeispiele dienen ausschließlich der besseren Veranschaulichung und geben keinen Hinweis auf die vergangene oder künftige Performance oder die Erfolgsaussichten einer speziellen Anlagestrategie. Janus Henderson Investors, einer seiner verbundenen Berater oder seine Mitarbeiter können eine Position auf die in dieser Präsentation genannten Wertpapiere halten. Die Bezugnahme auf einzelne Wertpapiere stellt weder ein Angebot oder eine Aufforderung zu Ausgabe, Verkauf, Zeichnung oder Erwerb des Wertpapiers dar noch ist sie Teil eines solchen Angebots oder einer solchen Aufforderung.


Diesen Beitrag teilen: