Kolumne ROBECO: China, Marken und repräsentativer Konsum

Chanel, Gucci und - Goldlion? Arnout van Rijn, CIO Asia, Robeco, Hongkong, berichtet, wie reiche Chinesen ihr Geld zeigen.

12.03.2010 | 13:12 Uhr


Die Chinesen werden heute schnell reich. Obwohl das Land auf dem Papier kommunistisch ist, haben die Reichen den Löwenanteil am Vermögenswachstum. Die Einkommen der Armen sind in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 50% gestiegen. Das ist zwar nicht schlecht, doch verzeichneten die Reichen über denselben Zeitraum einen Zuwachs von 250%. Die reichsten 10% der Haushalte vereinen jetzt 36% des Gesamteinkommens in China auf sich. Wofür geben sie diesen neuen Reichtum aus?

Die Hongkonger Chinesen präsentieren ihn, indem sie Ferrari, Chanel, Gucci und Louis Vuitton kaufen. Sie wollen die Originale, obwohl Fälschungen - z. B. in einer dunklen Gasse in Hongkong und mit Sicherheit direkt hinter der Grenze in Shenzhen - ohne weiteres erhältlich wären. Die Festlandchinesen neigten bisher eher zu Fälschungen, wenden sich aber inzwischen auch vermehrt den Originalen zu.

Ausländische Marken nach wie vor beliebt

China hat eine zwiespältige Beziehung zu ausländischen Marken. Einerseits sind die Chinesen der Meinung, dass sie schon das Beste von allem haben: die älteste und fortschrittlichste Kultur, die schönste Landschaft und das beste Essen. Außerdem halten sie ihre Währung für die beste der Welt. Über viele dieser Annahmen lässt sich streiten. Aber der Nationalstolz ist stark ausgeprägt.

In einer aktuellen Umfrage von Crédit Suisse gaben zwei Drittel der Befragten an, sie würden keinen Aufschlag für ausländische Kosmetik-Markenprodukte zahlen. Als Grund dafür führte die Hälfte der Teilnehmer an: "Chinesen sollten chinesische Produkte kaufen".

Andrerseits kaufen die Chinesen zahlreiche europäische Luxusgüter. Vielleicht ist dies ein Ersatz für eine Reise nach Europa. Ebenso wie bei Gold scheinen die Chinesen den Premium-Wert europäischer Marken anzuerkennen. Die Werbung zeigt ihnen eine andere, exotischere und schönere Welt.

Lokale Marken haben Raum zum Wachsen

Die lokalen Luxusmarken verfügen eindeutig über Spielraum für die weitere Entwicklung. Diesen Unternehmen fehlt oft der Mut, um hohe Investitionen in Design und Marketing zu tätigen. Die meisten chinesischen Unternehmer sind auf schnellen Gewinn aus. Der Aufbau eines Markennamens dauert zu lange.

Die lokalen Luxusmarken, wie etwa die Bekleidungsgruppen Ports Design und Goldlion sowie der Juwelier Chow Tai Fook, sind beliebt. Die Unternehmen, mit denen wir uns treffen, fangen jetzt an, in ihre Marken zu investieren. Sie stellen internationale Designer ein und versuchen, vom Massenmarkt in den High-end-Markt vorzustoßen.

Der Wettbewerb heizt sich also auf. Doch zunächst wachsen europäische Marken wie Armani und Dior, die chinaweit in neuen Einkaufszentren Geschäfte eröffnen, schnell.

Die Chinesen kaufen ihre europäischen Luxusgüter jedoch lieber in Hongkong. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Die Steuern sind niedriger als auf dem Festland. Auch wenn sie wohlhabend genug geworden sind, um die teuren Originalprodukte zu kaufen, liegt die Jagd nach Schnäppchen ihnen im Blut.

Luxusgüter ermöglichen repräsentativen Konsum

Schließlich ermöglichen Luxusgüter repräsentativen Konsum. Die Reichen kaufen teure Häuser und Apartments in prestigeträchtigen Städten wie Beijing, Shanghai und Hangzhou, ohne je die Absicht zu hegen, dort zu leben. In den meisten Fällen bemühen sich die Käufer nicht einmal um Mieter. Sie brauchen sie nicht.

Außerdem nehmen wohlhabende Chinesen keine Hypotheken auf. Sie zahlen bar. Das mag für viele seltsam klingen, doch finde ich es besser, als Geld für die neuste Handtasche von Chanel zu verbrennen. Aber ich bin auch keine chinesische Dame...

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