La Financière de l’Echiquier: Trump bringt Nahen Osten aus dem Gleichgewicht

Keinem der führenden Politiker Europas ist es letztlich gelungen, US-Präsident Donald Trump vom Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran abzubringen. Das ist eine Entscheidung von großer wirtschaftlicher und geopolitischer Tragweite.

15.05.2018 | 12:14 Uhr

Das 2015 in Wien geschlossene Abkommen sah im Gegenzug für die Beendigung des Atomwaffenprogramms eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen vor, die die iranische Wirtschaft belasteten. Das erneute Embargo bedeutet, dass sich US- und andere Unternehmen binnen sechs Monaten aus dem Iran zurückziehen müssen: Der US-Grundsatz der Extraterritorialität gebietet jedem Unternehmen, das Geschäfte in Dollar betreibt, die Einhaltung von US-Recht. Andernfalls setzen sie sich einer ganzen Reihe von Sanktionen aus: exorbitante Geldbußen – die BNP kann ein Lied davon singen – und/oder strenge Überwachung – was Alstom zu spüren bekam. Auch wenn Frankreich an dem Abkommen festhält, könnten mehrere französische Großunternehmen betroffen sein und ihre Iran-Projekte beeinträchtigt werden. Dies gilt insbesondere für Airbus, das gut 100 Flugzeuge liefern soll, für Total, das ein Offshore-Gasfeld  ausbeuten soll, und auch  für Peugeot und  Renault, die Partnerschaften für die Montage und den Vertrieb von Autos vor Ort eingegangen sind.

Geopolitisch betrachtet bringt Präsident Trump eine bereits heikle Lage im Nahen Osten aus dem Gleichgewicht, indem er sich dem mächtigsten schiitischen Land entgegenstellt. Seine Entscheidung wurde übrigens von seinen Verbündeten in der Region begrüßt: dem Staat Israel, der in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feiert, und dem saudischen Regime, einem Königreich im Umbruch. Abgesehen vom Ölpreis, der seinen vor etwa einem Jahr begonnenen Anstieg fortsetzt, waren die Auswirkungen auf die Finanzmärkte bisher moderat. Falls es zu einer Eskalation kommen sollte, dürfte die Volatilität der Risikoanlagen zweifelsohne wieder rapide ansteigen.

Der Gegensatz zu Korea ist frappierend. Das für den 12. Juni in Singapur anberaumte Treffen zwischen dem Führer Nordkoreas und dem US-Präsidenten steht symbolhaft für die angekündigte Entspannung. Ein noch vor wenigen Monaten nahezu undenkbares Szenario, als sich die beiden Staatschefs als „Little Rocket Man“ und „feiger Hund“ verhöhnten und die Märkte einen möglichen Atomkrieg befürchteten. Dennoch ist das Problem Nordkorea noch lange nicht gelöst!

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