Lackmustest für den Stabilitäts- und Wachstumspakt

Titel der Publikation: Frankreich: Lackmustest für den Stabilitäts- und Wachstumspakt
Veröffentlichung: 04/2012
Autor: Nicolaus Heinen
Auftraggeber: DB Research (Website)
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Veröffentlichung der Defizitzahlen. Viele EU-Staaten auf gutem Weg. Frankreich wird Ziel verfehlen.

19.04.2012 | 15:30 Uhr

Eurostat wird am 23. April die Defizitahlen der EU-Mitgliedstaaten veröffentlichen. Frankreich befindet sich wie weitere 13 von 17 Euroländern in einem Defizitverfahren. Im April 2010 setzte der Ministerrat dem Land eine Frist, sein Defizit von knapp über sechs Prozent des BIP in 2010 bis 2013 auf zu halbieren.

In einem aktuellen Kommentar für DB Research bewertet Nicolaus Heinen die Aussichten für Frankreich als nicht gut. Das Land verfolge seit jeher ein konsumgetriebenes Wachstumsmodell. Eine stabile Binnennachfrage habe über Jahre die Illusion nachhaltigen Wachsens genährt und verstelle den Blick auf die eigentlichen Probleme des Landes: Steigende Lohnstückkosten, hohe Haushaltsdefizite und geringes Potenzialwachstum.

In dem im Februar veröffentlichten „Alert Mechanism Report“ beklage die Europäische Kommission zudem die nachlassende Preis- und Nichtpreiswettbewerbsfähigkeit Frankreichs sowie abnehmende Anteile auf den Weltexportmärkten. Wenn nun am 23. April bewertet wird, ob die „Grande Nation“ auf dem Pfad der Konsolidierung erfolgreich war, könnte es nach Ansicht Heinens zu einer bösen Überraschung kommen. Denn Frankreich sei von dem Weg stark abgewichen. Das Haushaltsdefizit liege noch weit über der Vorgabe von drei Prozent des BIP, wie es der Vertrag von Maastricht vorschreibt. Auch der Haushaltssaldo vor Zinszahlungen auf ausstehende Staatsschulden sinke der Prognose der Europäischen Kommission zufolge weitaus langsamer als in den optimistischen Schätzungen der französischen Regierung.

Zwar werde es, so Heinen, dieses Jahr noch zu keinen scharfen Sanktionen seitens der EU kommen, da im Fall von Spanien ebenfalls Gnade vor Recht erging. Doch im nächsten Jahr werde sich das ändern. Dann drohten entweder Sanktionen – was Heinen für unwahrscheinlich hält – oder eine Verlängerung der Defizitkorrektur.

Daher könne das Verfahren gegen Frankreich 2013 zum Lackmustest für den frisch reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakt werden. Eine Sonderbehandlung Frankreichs würde die angestrebte neue Reputation des Pakts im Keim ersticken.

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