Länderblickpunkt Malaysia

Titel der Publikation: Länderrisikoanalyse Malaysia
Veröffentlichung: 11/2014
Autor: Raphaël Cecchi
Auftraggeber: Credendo Group (Website)
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Die politische Entwicklung Malaysias verläuft in ruhigen Bahnen. Die Wirtschaft ist zwar anfällig für externe Schocks, doch der Ausblick bleibt positiv. Die hohe Staatsverschuldung muss abgebaut werden.

28.11.2014 | 09:05 Uhr

Politischer Hintergrund

Im Jahr 1957 erlangte Malaysia seine Unabhängigkeit. Seitdem stellt die United Malays National Organisation (UMNO) mithilfe des von ihr angeführten Parteienbündnisses Barisan (BN) die Regierung, was zu einer ruhigen politischen Entwicklung beigetragen hat. Die stabilen Verhältnisse geraten jedoch seit 2006 durch Proteste der Bevölkerung gegen Korruption und die Benachteiligung ethnischer Minderheiten ins Wanken. „Premierminister Najib Razak wurde zwar bei den Parlamentswahlen im Mai 2013 für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren wiedergewählt“, schreibt Raphaël Cecchi in seiner aktuellen Länderrisikoeinschätzung für die Credendo Group. „Doch die Regierungskoalition BN trug den knappsten Sieg der Geschichte gegen die Oppositionskoalition Pakatan Rakyat (PR) davon und verfehlte zum zweiten Mal in Folge eine Zweidrittelmehrheit im Parlament.“ Zwar habe die Regierung noch immer eine einfache Mehrheit, doch die Popularitätsverluste sind spürbar.
Auch der Premierminister selbst habe an Rückhalt in der Bevölkerung eingebüßt. „Dies ist zum einen auf die schlechteren wirtschaftlichen Bedingungen für die Verbraucher zurückzuführen“, so Cecchi. „Zum anderen geriet die Regierung angesichts ihres schlechten Krisenmanagements in Verbindung mit dem vermeintlichen (und bis heute nicht geklärten) Flugzeugabsturz der Malaysia Airlines MH370 im März 2014 heftig in die Kritik.“ Aber auch die Unzufriedenheit mit der um sich greifenden Korruption, der Verdacht des Wahlbetrugs, ethnische Bevorteilungen sowie die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik hätten zu dem Popularitätsverlust beigetragen. Die Chancen für einen Wahlsieg der Opposition schätzt Cecchi jedoch gering ein, weshalb der erste friedliche und demokratische Machtwechsel in der Geschichte Malaysias noch in weiter Ferne liegen dürfte.

Außenhandel

Aus wirtschaftlicher Sicht sei Malaysia nicht mehr der Tigerstaat aus der Zeit vor der asiatischen Finanzkrise 1997/1998, findet Cecchi. „Doch das Land weist immer noch eine robuste Wirtschaftsentwicklung auf und profitiert von den über viele Jahre erbrachten Leistungen.“ Eine lange Phase des nachhaltigen Wachstums sorge für eine gesunde Grundlage. „Ihre wichtigsten Merkmale sind die makroökonomische Stabilität, eine niedrige Auslandsverschuldung, hohe Investitionsquoten, rückläufige Armut, eine niedrige Arbeitslosigkeit und ein anhaltender Leistungsbilanzüberschuss“, zählt der Experte auf. Zudem gelte Malaysia als Nettogläubigerland mit einer Auslandsverschuldung von 38 Prozent im Verhältnis zum BIP, was dem Vorkrisenniveau von 2008 entspreche. „Die Wirtschaft ist immer noch stark exportorientiert, doch der Anteil der Exporte an der Wertschöpfung ist seit 2006 stetig zurückgegangen“, führt Cecchi aus. „Obwohl die Exportabhängigkeit eindeutig abnimmt, sorgen die Ausfuhren immer noch für 70 Prozent des BIP und haben einen großen Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung.“

Außenhandel: Exportorienrtierung verliert an Gewicht

Die ausgeprägte Marktöffnung mache das Land jedoch anfällig für externe Schocks, was im Zuge der asiatischen Finanzkrise und der Weltfinanzkrise von 2009 zu beobachten gewesen sei: Malaysia rutschte in die Rezession, erholte sich jedoch auch schnell wieder. Seitdem pendelt sich das BIP-Wachstum auf rund fünf Prozent ein. Vor der Krise lag es bei 8,5 Prozent. „Im vergangenen Jahr erreichte das Wachstum mit 4,7 Prozent den niedrigsten Wert der vergangenen vier Jahre“, so der Analyst. „Grund hierfür waren die gesunkenen Rohstoffpreise und die nachlassende Auslandsnachfrage, die nicht ausreichend durch die Nachfrage aus China kompensiert wurde.“ Rohstoffe, zum Großteil Öl und Gas, machten etwa ein Fünftel der Exporte aus. Im laufenden Jahr zeichne sich allerding ein Aufschwung ab: Zur Jahresmitte lag das BIP-Wachstum bei 6,2 Prozent, was die Wachstumsschätzung von sechs Prozent für das Gesamtjahr bestätige. Der Vorteil des Landes: Das Wachstum ist breit angelegt, wie Cecchi bestätigt: „Es stützt sich auf robuste Exporte von elektronischen Gütern und Rohstoffen, insbesondere von Erdöl, Flüssiggas und Palmöl, sowie auf Dienstleistungen und die Industrieproduktion.“

Währung

Auch auf der Nachfrageseite steht Malaysia gut da. Die Verbrauchernachfrage werde von einer inzwischen bedeutenden und wohlhabenden städtischen Mittelschicht angekurbelt. Jedoch könnten die privaten Konsumausgaben durch die sich verschlechternden Bedingungen wie z.B. Preissteigerungen und die anhaltend hohe Verschuldung der Haushalte, die zur Hälfte auf Hypothekenkredite zurückzuführen sei, gebremst werden. Gerade Hypothekendarlehen stellten ein Risiko für die wirtschaftliche Stabilität dar, da sie 85 Prozent des BIP ausmachten. Aber auch der Ausstieg der US-Notenbank Federal Reserve aus der lockeren Geldpolitik könnte das Land treffen. „Der Kapitalabzug aus den Schwellenländern hatte bereits Mitte 2013 als Begleiterscheinung eine Abwertung des Ringgit gegenüber dem US-Dollar in Höhe von zehn Prozent in nur wenigen Monaten verursacht“, erinnert Cecchi.

Insgesamt geht der Experte aber davon aus, dass Malaysia diese Risiken bewältigen dürfte. Die Volatilität am Finanzmarkt werde sich voraussichtlich auf kurzfristige Kapitalabflüsse beschränken. „Hierfür sprechen einige Stärken wie die robuste Inlandsnachfrage, die bessere Balance zwischen Export- und Binnenmarktorientierung sowie der gestärkte Finanzsektor.“ Zudem verfüge die Zentralbank über ein komfortables Devisenpolster: „Die Währungsreserven decken sechs Monatsimporte bzw. zweimal die kurzfristigen Auslandsverbindlichkeiten ab“, rechnet Cecchi. „Das Vertrauen der Investoren in das Land dürfte erhalten bleiben, was bereits durch die allmähliche Aufwertung des Ringgit im Verlauf dieses Jahres zum Ausdruck kam.“

Währung: Wechselkurs Malaysischer Ringgit / US-Dollar

Staatshaushalt

Der Analyst erwartet, dass die restriktive Wirtschaftspolitik des Landes in nächster Zeit fortgeführt wird, was das Wirtschaftswachstum mittelfristig etwas bremse. Erstmals seit 2011 habe die Zentralbank den Leitzins angehoben, um das hohe Wachstum und die sich beschleunigende Inflation einzudämmen. „Die steigende Inflationsrate in Höhe von 3,5 bis vier Prozent ist auf den Abbau von Subventionen zurückzuführen“, erläutert er. „Sie dürfte 2015 durch die Einführung einer Steuer auf Güter und Dienstleistungen weiter in die Höhe getrieben werden.“ 

Eine wichtige Aufgabe komme der Regierung mit der Konsolidierung des stark defizitären Staatshaushaltes zu. Im regionalen Vergleich weise Malaysia mit 57 Prozent des BIP die höchste Staatsverschuldung auf. „Die unvermeidliche Konsolidierung des Staatshaushaltes wird voraussichtlich durch den Abbau der Subventionen für Treibstoffe, Strom und Nahrungsmittel erreicht werde“, erwartet Cecchi. „Im Ergebnis dürfte das Haushaltsdefizit Schritt für Schritt von 6,8 des BIP im Jahr 2013 auf weniger als fünf Prozent im Jahr 2016 zurückgeführt werden.“

Staatshaushalt: Staatsverschuldung der ASEAN-Staaten in % des BIP

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