M&G: Ein Trump(f) ist Präsident

Der sprunghafte Anstieg des Anti-Establishments ist definit ein globales Phänomen. Brexit kann nicht mehr als ein tragischer Unfall angesehen werden. Es ist ein Trend.

10.11.2016 | 09:01 Uhr

Donald Trump ist sich seines Siegs fast sicher und trotzt seiner Partei, den Medien und allen politischen Konventionen. Populismus greift nach der Macht. Der kritische Dreh- und Angelpunkt ist jetzt die Frage, was das Wahlergebnis in der Praxis bedeutet.

Die unmittelbare Marktreaktion ist abzusehen. Risikoreiche Vermögenswerte sind abgestürzt, „sichere Häfen“ genießen eine Rally und der US-Dollar fällt. Deja Vu! Werden wir wie beim Brexit in den nächsten Wochen oder Monaten eine Umkehr bei der Preisentwicklung sehen?

Zu diesem Zeitpunkt sieht es zwar so aus, als würden die Republikaner den Kongress und den Senat halten, ein Präsident Trump wird in Praxis zurückhaltender operieren im Wahlkampf. Auch wenn beide Häuser von den Republikanern kontrolliert werden, so ist das keine Garantie dafür, dass es bei einigen von Trumps „exotischen“ Ideen (Mauern bauen, Handelskriege starten) zu einer Einigung kommen wird. Die Tür zu einer Umkehr von Obamacare und Steuersenkungen steht zwar schon offen, doch sind beide – wenn auch marktfreundlich – in der Realität erheblich schwerer umzusetzen.

Der kritische, unbekannte Faktor ist die Frage, ob der Präsident Trump die Politik des Kandidaten Trump verfolgen wird, insbesondere seine Anti-Handel-, Anti-China- und Anti-Mexiko-Politik. Die Vernunft sagt uns, dass der Kongress und die Finanzmärkte seine Handlungsfähigkeit die Zügel anlegen werden. Gleichfalls ist es durchaus möglich, dass diese Wahlkampfrhetorik angesichts seiner neuen Verantwortung der Vergangenheit angehört. Die wahre Sorge ist, dass er tut, was er sagt.

Die anfängliche Marktreaktion ist konsistent mit dem Verhalten, das wir als Reaktion auf Umfragetrends gesehen haben, doch könnte das in den folgenden Wochen und Monaten ins Gegenteil umschlagen. Binnenwirtschaftlich ist es wohl zu erwarten, dass Trump Unterstützung für seine Steuersenkungen und Deregulierung – beide wahrscheinlich dem Kapital freundlich gesinnt – finden wird. Des Weiteren könnten wir zum ersten Mal seit Reagan eine prozyklische Fiskalpolitik sehen. Trumps gegen die US-Notenbank Fed gerichtete Rhetorik würde ich ignorieren. Ironischerweise passt eine lockere Fiskalpolitik der Fed durchaus ins Programm, da sie die Zinsraten zu normalisieren wünscht. Die größte Ironie ist jedoch, dass der letzte populistische Erguss durchaus eine Politik einleitet, die Kapital mehr schätzt als Arbeit, und eher an Keynes als an Neoliberalismus erinnert.

 

Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um Archivinformationen handelt. Sie sind nicht als aktuelle Ansichten oder Einschätzungen, sondern nur als historische Angaben zu verstehen.

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