Metzler AM: Europa im zyklischen Aufwind
Interessanterweise überraschen die Konjunkturdaten aus der Eurozone schon seit Jahresanfang mehrheitlich positiv.24.05.2024 | 13:31 Uhr
Vor diesem Hintergrund erwarten wir nunmehr weniger Leitzinssenkungen als noch im November vergangenen Jahres prognostiziert. Insgesamt gehen wir von drei Schritten von jeweils 25 Basispunkten aus.
In den USA dagegen enttäuschten die Konjunkturdaten laut “Citigroup Surprise Index” zuletzt überwiegend. Sollte das eine merkliche Abkühlung der US-Konjunktur signalisieren, besteht eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass die US-Notenbank den Leitzins doch schon im Juli senken könnte – allerdings entspricht das nicht unserer Erwartung.
Eurozone im Fokus
In der Eurozone hat sich ein grundsätzlich fallender Inflationstrend etabliert. Im Mai dürfte die Inflation (Freitag) jedoch bei 2,4 Prozent verharrt haben und erst in den kommenden Monaten weiter Richtung 2,0 Prozent fallen. Die Gründe dafür sind die Entspannung der Lieferketten, die gefallenen Energiepreise sowie die schwache Konsumnachfrage. Bisher war überwiegend bei den Güterpreisen ein stark disinflationärer Effekt zu beobachten, während die Dienstleistungspreise aufgrund der hohen Lohndynamik einen immer noch zu starken Anstieg verzeichneten. Laut dem „Indeed Wage Tracker“ zeichnet sich jedoch ab, dass sich das Lohnwachstum in den kommenden Monaten auf etwa 3,0 Prozent abschwächen könnte. „Indeed“ ist eine Zeitarbeitsfirma mit einer guten Datenbasis. Damit wäre das Lohnwachstum in etwa im Einklang mit dem Inflationsziel der EZB – unter der Annahme eines Produktivitätswachstums von 1,0 Prozent und stabiler Gewinnmargen der Unternehmen.
„Indeed Wage Tracker“ signalisiert eine Verlangsamung der Lohndynamik
Der positive Inflationstrend ist der Grund für die Ankündigung der EZB, den Leitzins bereits im Juni – und damit voraussichtlich vor der US-Notenbank Fed – senken zu wollen. Darüber hinaus preisen die Finanzmärkte noch etwa zwei Zinsschritte bis Jahresende ein – im September und im Dezember. Die Erwartung von Leitzinssenkungen hatte schon jetzt positive Effekte. So haben die Banken die Kreditzinsen reduziert und ihre Kreditstandards zuletzt nicht mehr verschärft. Die Kreditvergabe (Mittwoch) könnte sich somit im April etwas belebt haben.
Damit bestehen auch gute Chancen für eine Konjunkturbelebung. Eine bessere Kreditnachfrage, steigende Reallöhne, ein hohes Sparvolumen und eine Verbesserung des Konsumentenvertrauens (Donnerstag) könnten eine Erholung des Konsums und damit eine Belebung der Gesamtwirtschaft in den kommenden Monaten ermöglichen: ifo-Index (Montag) und der Europäische Geschäftsklimaindex (Donnerstag).
Interessanterweise überraschen die Konjunkturdaten aus der Eurozone schon seit Jahresanfang mehrheitlich positiv, wie die Rückkehr des Citigroup Surprise Index in den positiven Bereich zeigt. Vor diesem Hintergrund mussten wir unsere Zinsprognose für die EZB anpassen und erwarten nunmehr weniger Leitzinssenkungen als noch im November vergangenen Jahres prognostiziert. Insgesamt erwarten wir drei Schritte von jeweils 25 Basispunkten und liegen damit in etwa im Einklang mit den Erwartungen der Finanzmarktakteure.
Die Eurozone konnte seit Jahresanfang positiv überraschen
USA mit negativen Überraschungen
Laut dem “Citigroup Surprise Index” enttäuschten die Konjunkturdaten aus den USA zuletzt überwiegend, wie das Abtauchen des Index in den negativen Bereich zeigt. Damit muss die Dynamik des Aufschwungs in Frage gestellt werden. Sollten die Enttäuschungen anhalten und eine merkliche Abkühlung der US-Konjunktur signalisieren, besteht eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass die US-Notenbank den Leitzins doch schon im Juli senken könnte – obwohl dies nicht unserer Erwartung entspricht.
Solange aber der Arbeitsmarkt noch robust ist, ist auch nicht mit einer nennenswerten Abkühlung der Konjunktur zu rechnen. Ein starker Arbeitsmarkt ist nämlich die Basis für einen starken Konsum (Freitag). In der Regel haben die Konsumenten (Konsumentenvertrauen, Dienstag) einen guten Einblick in die aktuelle Dynamik am Arbeitsmarkt.
Darüber hinaus werden noch die Immobilienpreise (Dienstag) und das Beige Book (Mittwoch) veröffentlicht.
Japan: Kommt die Inflationsdynamik in Gang?
Der schwache Yen-Wechselkurs sorgt einerseits für höhere Importpreise und könnte andererseits steigende Inflationserwartungen am Devisenmarkt signalisieren. Normalerweise haben Länder mit niedrigen Inflationsraten tendenziell starke Währungen.
Die Frage ist also, ob in Japan langsam eine inflationäre Dynamik in Gang kommt. Daher stehen die Inflationsdaten aus dem Großraum Tokyo (Freitag) im Fokus. Auch richtet sich der Blick auf die Arbeitslosenquote (Freitag), die Industrieproduktion (Freitag) sowie die Einzelhandelsumsätze (Freitag). Nur wenn die Nachfrage in der Realwirtschaft merklich steigt, kann auch Inflationsdruck entstehen.