Metzler AM: Stagnation in Europa – trübe Wachstumsperspektiven wegen Deutschland
Die Wachstumslokomotive schwächelt: Deutschlands Exporte stagnieren. Ökonomen stimmen so gut wie einhellig darin überein, dass der deutsche Staat mehr investieren müsse – sowohl in Infrastruktur als auch in Forschung & Entwicklung.04.11.2019 | 07:35 Uhr
Das funktioniere in Frankreich offenbar besser, so Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management. Für das Wirtschaftswachstum in China sieht er Zeichen einer Wiederbelebung.
Lange
war Deutschland die Wachstumslokomotive in Europa – dank der
umfassenden Strukturreformen der Regierung Gerhard Schröder. In den
vergangenen Jahren wurden die Reformen jedoch sukzessive
zurückgeschraubt, zudem wurde kaum noch in die Zukunft investiert. Daten
der OECD zeigen, dass die staatlichen Investitionen und Ausgaben für
Forschung & Entwicklung in Deutschland 2016 deutlich unter dem
OECD-Durchschnitt lagen. Deutschland lebt somit zunehmend von seiner
Substanz – zumal eine ausufernde Bürokratie zunehmend private
Investitionen im Inland hemmt.
Die
Quittung dafür ist eine hohe Abhängigkeit vom Export (Freitag), dessen
Wachstumspotenzial in einem Umfeld globaler Handelskonflikte nur noch
begrenzt ist: In den ersten acht Monaten dieses Jahres stagnierte das
Exportwachstum gegenüber dem Vorjahr. Keine Binnennachfrage in
Kombination mit einem stagnierenden Export bedeutet, dass die
Industrieproduktion (Donnerstag) von Januar bis August um 3,1 %
gegenüber dem Vorjahreszeitraum gefallen ist – ein Trend, der sich
vorerst fortsetzen dürfte, wie die zuletzt schwachen Auftragseingänge
(Mittwoch) zeigen. Interessanterweise gibt es zur Diagnose der
wirtschaftlichen Probleme Deutschlands und der notwendigen Maßnahmen zur
Reanimierung kaum abweichende Meinungen unter den Ökonomen.
Frankreich
zeigt derzeit, wie es besser geht. Der Staat investiert und unterstützt
die Forschung. Darüber hinaus schaffen die zahlreichen Strukturreformen
ein positives Investitionsklima. So ist auch die französische
Industrieproduktion in den ersten acht Monaten des Jahres immerhin um
0,7 % gewachsen.
Weltwirtschaft: Stabiles Umfeld
Es
gibt Zeichen dafür, dass sich die chinesische Konjunktur im Oktober
wieder beleben konnte – dafür sprechen der merkliche Anstieg des
Einkaufsmanagerindex in China im Oktober und vor allem der merkliche
Anstieg der Neuauftragskomponente des Einkaufsmanagerindex auf den
höchsten Stand seit 2013. China veröffentlicht immer zwei
Einkaufsmanagerindizes: Der offizielle Einkaufsmanagerindex basiert vor
allem auf einer Umfrage bei großen Staatsunternehmen; er fiel im Oktober
auf 49,3.
Der Caixin-Einkaufsmanagerindex hingegen basiert auf einer
Umfrage bei überwiegend privaten Unternehmen; er stieg im Oktober auf
51,7. In der Vergangenheit sendete der Caixin-Einkaufsmanagerindex die
besseren Konjunktursignale. Die Risiken einer globalen Rezession dürften
somit wieder sinken, zumal sich auch die chinesischen Exporte (Freitag)
im Oktober stabilisiert haben dürften.
In
den USA werden mit dem ISM-Index für den Dienstleistungssektor
(Dienstag) und dem Konsumentenvertrauen (Freitag) nur zwei wichtige
Konjunkturdaten veröffentlicht. Die US-Wirtschaft scheint sich derzeit
in Richtung einer Wachstumsrate von 1,5 % abzuschwächen, was jedoch in
etwa dem Potenzialwachstum entsprechen könnte und mit einer stabilen
Arbeitslosenquote einhergehen sollte.
In
Japan richtet sich der Blick auf die Daten zur Lohnentwicklung
(Freitag), die derzeit jedoch aufgrund statistischer Schwierigkeiten nur
schwer zu interpretieren sind.
Eine gute und erfolgreiche Woche wünscht
Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management