Metzler: Korrektur bei Bundesanleihen

Der starke Renditeanstieg 10-jähriger Bundesanleihen wurde durch ein hohes Emissionsvolumen von Staatsanleihen im Mai verursacht, glaubt Edgar Walk, Chefvolkswirt des Metzler Asset Management.

08.05.2015 | 15:27 Uhr

Im Juni und Juli könnten jedoch wieder die Staatsanleihenkäufe der EZB das Marktgeschehen dominieren. Zudem weist Walk im Kapitalmarktausblick für die kommende Woche darauf hin, dass es bei bestimmten Segmenten am Anleihemarkt zu Liquiditätsproblemen kommen könnte. 

Ursachen der Korrektur bei Bundesanleihen 

Dass die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen völlig fehlbewertet ist, ist die einhellige Meinung unter den meisten Analysten. Je nach Modellansatz liegt das fundamental angemessene Renditeniveau zwischen 1,2 % und 1,7 %. Bisher ging man jedoch von der Annahme aus, dass das Wertpapierkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) für eine künstliche Knappheit an Bundesanleihen sorgt, sodass sich die Rendite von 10-jährigen Bundesanleihen über einen längeren Zeitraum substanziell vom fundamental angemessenen Niveau entfernen wird. 

Vor diesem Hintergrund ist es grundsätzlich nicht überraschend, dass die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen steigt, sondern dass der Anstieg schon jetzt während des EZB-Kaufprogramms erfolgte. Der Renditeanstieg wurde hauptsächlich durch einen Anstieg des Realzinses von -1,25 % auf -0,65 % verursacht, während die Inflationserwartungen weitestgehend stabil geblieben sind.   

Hinter dem höheren Realzins verbergen sich die verbesserten Wachstumsperspektiven für die Wirtschaft der Eurozone und eine deutlich gestiegene Laufzeitenrisikoprämie. Vieles spricht dafür, dass die Flut an Neuemissionen von Staatsanleihen in der Eurozone im Mai die Knappheit an ausstehenden Anleihen merklich verringert hat und damit die fundamentalen Kräfte wieder die Überhand im Marktgeschehen gewinnen konnten. Im Endeffekt verringerte die Emissionsflut die Überschussliquidität am Rentenmarkt und bewirkte somit einen Anstieg der künstlich niedrigen Laufzeitenrisikoprämie. Im Juni wird jedoch die von der EZB geschaffene künstliche Knappheit an ausstehenden Anleihen wieder moderat zunehmen, im Juli sogar substanziell. 

Interessanterweise stieg auch die Rendite 10-jähriger US-Treasuries merklich. In den USA war die Ursache dafür ebenfalls ein Anstieg des Realzinses. Immerhin sind in den USA die Inflationserwartungen seit Jahresanfang im Einklang mit den höheren Notierungen für den Ölpreis gestiegen.   

Illiquidität als unterschätztes Risiko am Anleihemarkt 

Die Finanzmarktkrise hatte erhebliche Änderungen der Regulierungen an den Finanzmärkten ausgelöst. So ist es für die Market-Maker am Anleihemarkt äußerst unattraktiv geworden, Anleihen auf die eigene Bilanz zu nehmen. In der Vergangenheit stellten die Market-Maker bei Verkaufswellen immer einen Kurs, auch wenn sie die Anleihen auf ihre eigene Bilanz nehmen mussten. Die Market-Maker treten nun zunehmend nur noch als Vermittler zwischen Käufern und Verkäufern auf. In den USA hat sich seit der Finanzmarktkrise beispielsweise das Volumen an von Fonds gehaltenen Unternehmensanleihen verdoppelt, während sich die von Market-Makern gehaltenen Unternehmensanleihen mehr als halbiert haben. 

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