Metzler: Risiken der Turbulenzen in China

In seinem Kapitalmarktausblick auf die nächste Woche wirft Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management, einen näheren Blick auf die jüngsten Kursturbulenzen am chinesischen Aktienmarkt und geht der Frage nach, inwieweit diese die Realwirtschaft belasten könnten.

10.07.2015 | 14:52 Uhr

Mit Blick auf Europa ist seines Erachtens die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Einigung Griechenlands mit seinen europäischen Partnern im Schuldenstreit gestiegen. Die zuletzt vorgelegten Vorschläge aus Athen würden absurderweise denjenigen ähneln, die zuvor im Referendum abgelehnt worden waren. Mit Blick auf die USA könne man gespannt sein, wie es der Fed-Chefin Janet Yellen gelingen werde, dem Für und Wider für eine Zinserhöhung noch in diesem Jahr in einem klug ausbalancierten Statement im Rahmen ihrer Rede vor dem Bankenkomitee des US-Senats gerecht zu werden. 

Kursturbulenzen in China im Fokus 

China hat sowohl gemessen an den Handelsvolumen als auch an der Marktkapitalisierung den zweitgrößten Aktienmarkt der Welt (Nummer 1: USA). So betrug die Marktkapitalisierung des US-Aktienmarktes im Mai 2015 etwa 27 Bio. USD im Vergleich zu etwa 10 Bio. USD in China. Bereits die schiere Größe des chinesischen Aktienmarktes sorgt dafür, dass die dortigen Kursbewegungen im Fokus der internationalen Finanzmarktteilnehmer stehen – vor allem bei Kursturbulenzen wie zuletzt. 

Von Jahresanfang bis Mitte Juni stieg der Shanghai-Composite-Index um knapp 60 %. Die Kursrally wurde dabei hauptsächlich von privaten Investoren getragen, die ein neues Depot eröffneten und Aktien auf Kredit kauften. So entstanden in den ersten fünf Monaten dieses Jahres etwa 18 Mio. neue Depots – mehr als in den gesamten vier Jahren davor. Die kreditfinanzierten Aktienkäufe wirken dabei wie ein zusätzlicher Kursturbo – nach oben, aber auch nach unten, wie die vergangenen Tage gezeigt haben. Das Verhalten der chinesischen Regierung war in der Aufwärts- und Abwärtsphase äußerst unglücklich. So wurde die Aufwärtsbewegung am chinesischen Aktienmarkt oft durch positive Berichte in den öffentlichen Medien begleitet, die anscheinend bei vielen chinesischen Investoren den Eindruck vermittelten, dass die chinesische Regierung aktiv für anhaltend steigende Kurse sorgen würde. Im gewissen Sinne bestätigten sich diese Erwartungen in der Folge, da die chinesische Regierung in den vergangenen Tagen zahlreiche Schritte beschloss, um den Aktienmarkt zu stützen. Damit schuf sie einen gefährlichen Präzedenzfall, da die Anleger auch bei der nächsten Kurskorrektur eine solche Intervention des Staates erwarten und dementsprechend wiederum viel zu hohe Risiken eingehen könnten.           

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche realwirtschaftlichen Konsequenzen die Kursturbulenzen auslösen könnten. Chinesische Haushalte haben eine geschätzte Aktienquote von nur 6–7 % ihrer Finanzanlagen. Bankeinlagen und Bargeld haben mit 55 % bzw. 17 % den größten Anteil am Finanzvermögen. Der ne¬ga¬tive Vermögenseffekt dürfte sich damit in Grenzen halten. Auch nutzen chinesische Unternehmen den Aktienmarkt kaum für die eigene Finanzierung. 

Die einsetzende Konjunkturerholung dürfte darüber hinaus den wirtschaftlichen Schaden der Kurskapriolen begrenzen. So ist der Wohnimmobilienmarkt in nahezu allen Volkswirtschaften frühzyklisch, da er sehr sensibel auf Veränderungen des monetären Umfelds reagiert. In China lässt sich die Entwicklung am Wohnimmobilienmarkt an den Preisveränderungen in den 70 größten Städten ablesen. 

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