Metzler: Ungewöhnliche Entwicklung der Rohstoffpreise

Hohe Rohstoffpreise können die Wirtschaft bremsen, niedrige befeuern. Reicht das Angebot an Rohstoffen für ein weiteres Wachstum der Weltwirtschaft?

12.11.2018 | 11:52 Uhr

Zwei Faktoren sind ausschlaggebend dafür, ob Rohstoffpreise Rezessionen verursachen: das Angebotsmanagement und Kapazitätsengpässe. Die OPEC betreibt beispielsweise schon seit 1960 ein mehr oder weniger erfolgreiches Angebotsmanagement im Rohölmarkt. Zudem setzte sie in der Vergangenheit zweimal den Ölpreis als politisches Druckmittel ein – 1972 und 1979. Der Ölpreisanstieg damals bedeutete, dass die Konsumenten in den Industrieländern mehr Geld für Ölimporte ausgeben mussten und daher immer weniger für inländischen Konsum übrighatten. Die Folge war jeweils eine Rezession in den Industrieländern. Auch stieg der Ölpreis im Vorfeld und während der Rezession der US-Wirtschaft 1990 aufgrund des ersten Irak-Kriegs merklich an. In einem breiten Rohstoffpreisindex haben Energiepreise aufgrund ihrer überragenden Bedeutung für die Gesamtwirtschaft naturgemäß ein hohes Gewicht und somit einen starken Einfluss auf die Indexentwicklung.

Bloomberg-Rohstoffpreisindex

Quelle: Thomson Reuters Datastream, Metzler

Der Anstieg der Rohstoffpreise im Vorfeld und während der US-Rezessionen von 2001 und 2007 war dagegen auf Kapazitätsengpässe zurückzuführen. Ein starkes Wachstum der Weltwirtschaft über viele Jahre hinweg und die rasante Entwicklung der chinesischen Wirtschaft gingen mit einer enorm steigenden Nachfrage nach Rohstoffen einher, die nicht mehr mit den bestehenden Kapazitäten befriedigt werden konnte. Die Weltwirtschaft benötigte eine Verschnaufpause, damit das Angebot zum höheren Nachfrageniveau aufschließen konnte.  

Die seit 2016 stabilen Rohstoffpreise signalisieren, dass das Angebot an Rohstoffen ausreichend ist, um ein solides Wachstum der Weltwirtschaft zu ermöglichen. Die Entwicklung der Rohstoffpreise signalisiert somit keine erhöhten Rezessionsrisiken. Sollte es jedoch zu einer Rezession aufgrund einer Eskalation des Handelskriegs oder eines anderen politischen Schocks kommen, würde ein merklicher Rückgang der Rohstoffpreise drohen. Aufgrund der gegenwärtig niedrigen Inflationsraten wäre dann die Gefahr groß, dass die meisten Länder schnell in eine Deflation abgleiten.

USA: Stabile Inflation

Kurzfristig betrachtet, ist der Bloomberg-Rohstoffpreis-index von seinem Hoch Anfang Oktober bis Anfang November um mehr als 5 % gefallen, von seinem Hoch im Mai sogar um knapp 10 %. Da die Rohstoffpreisentwicklung die Inflation (Mittwoch) stark beeinflusst, dürfte sie im Oktober auf 2,5 % gestiegen sein, im November dann aber wieder fallen. Das Inflationshoch von 2,9 % im Juli dürfte damit auf absehbare Zeit nicht mehr erreicht werden. Inflationsrisiken in den USA drohen vor allem vom Arbeitsmarkt und den Löhnen. Bisher beschleunigte sich das Lohnwachstum jedoch nur geringfügig.

Gute Konjunktur sorgt für sinkende Arbeitslosenquoten

Quelle: Thomson Reuters Datastream

Darüber hinaus werden noch die Einzelhandelsumsätze (Donnerstag) sowie die Industrieproduktion (Freitag) als realwirtschaftliche Daten veröffentlicht. Als Umfragedaten werden der Geschäftsklimaindex der Mittelständler (Montag) sowie der Philadelphia Fed Index (Donnerstag) veröffentlicht.

Asien: Negatives Wachstum in Japan, fragile Konjunktur in China  

Das Wachstum in Japan dürfte im dritten Quartal wieder negativ sein (Mittwoch), nachdem das erste Quartal schon bei -0,2 % gegenüber dem Vorquartal lag. Japan ist damit nur knapp einer Rezession entgangen – definiert als zwei Quartale mit negativem Wachstum in Folge. Tatsächlich verzerren jedoch die BIP-Daten das Bild der derzeit boomenden japanischen Wirtschaft, da viele Sonderfaktoren das Wachstum beeinflusst haben, etwa Wetterkapriolen. Schon im zweiten Quartal lag das Wachstum bei kräftigen 0,7 % als eine Reaktion auf die Schwäche zuvor. Auch im vierten Quartal dürfte das BIP wieder kräftig steigen. In Japan kommt zum ersten Mal seit langem endlich ein längerer Investitionszyklus der Unternehmen in Gang. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Unternehmen mithilfe von Robotern und künstlicher Intelligenz immer mehr in Rente gehende Arbeitnehmer ersetzen müssen. Schon in den vergangenen fünf Jahren stieg die Produktivität in Japan schneller als in den USA. In den kommenden fünf Jahren könnte der Abstand sogar noch größer werden.

In China werden die Einzelhandelsumsätze (Mittwoch) und die Industrieproduktion (Mittwoch) veröffentlicht – beide dürften sich im Rahmen der Erwartungen bewegen. Die chinesische Regierung versucht mit immer weiteren Maßnahmen die Konjunktur zu stabilisieren. Der Handelskonflikt scheint China stärker zu treffen als gedacht. Immerhin eröffnet der hohe Handelsbilanzüberschuss der chinesischen Regierung genügend Spielraum für Wirtschaftsstimuli.

Eine gute und erfolgreiche Woche wünscht

Edgar Walk
Chefvolkswirt Metzler Asset Management

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