Metzler: Weltwirtschaft in stabilem Umfeld

Solides Wachstum und niedrige Inflation als derzeit prägende Faktoren.

26.06.2017 | 08:16 Uhr

Die Konjunkturdaten dürften in der kommenden Woche das Bild eines soliden Aufschwungs der Weltwirtschaft bestätigen. Dabei spricht die teilweise durchwachsene Datenlage gegen zu viel Euphorie, aber auch gegen zu große Konjunkturängste. Insgesamt scheint die globale Nachfrage etwas schneller als das globale Angebot zu wachsen, sodass die weltweite Arbeitslosenquote weiter gefallen sein dürfte (Arbeitsmarktberichte in Japan und Deutschland, jeweils am Freitag). 

Von ganz entscheidender Bedeutung ist dabei, dass sich die globale Erholung der Investitionsausgaben der Unternehmen fortsetzen und somit dem Aufschwung eine zunehmende Standfestigkeit verschaffen wird. Wichtige Indikatoren dafür sind die US-Auftragseingänge (Montag), der ifo-Index (Montag), das europäische Wirtschaftsvertrauen (Donnerstag), die japanische Industrieproduktion (Freitag) und die US-Konsumausgaben (Freitag). 

Gleichzeitig dürfte die Inflation aufgrund der zuletzt schwachen Rohstoffpreise vorerst niedrig bleiben: Das werden auch die Daten zur Inflation in Japan (Freitag) und in der Eurozone (Freitag) zeigen. Eine gute Konjunkturlage kombiniert mit stabilen Preisen sorgt zweifellos für gute Stimmung bei den Konsumenten. So ist das Konsumentenvertrauen im Juni in der Eurozone auf den höchsten Stand seit 16 Jahren gestiegen. Auch in den USA verzeichnete das Konsumentenvertrauen (Dienstag und Freitag) in diesem Jahr schon Höchstwerte. Zuletzt ist es zwar etwas gefallen, dürfte sich jedoch im Juni stabilisiert haben. 

Wirtschaft in ruhigem Fahrwasser; daher kaum Druck für Notenbanken, ihre Politik zu ändern

Angesichts dieser „Großwetterlage“ stehen die Zentralbanken nur wenig unter Druck, ihre Geldpolitik schon bald anpassen zu müssen. Immerhin denken die US-Notenbanker öffentlich darüber nach, schon ab September die Bilanz der Federal Reserve von derzeit etwa 4 Bio. USD langsam wieder zu reduzieren. 

Bisher gibt es nur wenige Erfahrungen mit solchen Expansionen und Reduktionen. In der Phase der Bilanzexpansion der US-Notenbank von 2009 bis 2015 verwendeten viele Analysten dazu folgende Grafik. 

Die Kurse der US-Aktien scheinen der Bilanz der US-Notenbank seit 2009 zu folgen Zentralbankbilanz der Fed in Bio. USD und MSCI-USA-Kursindex (1.1. 2009 = 100)   


Quellen: Thomson Reuters Datastream, Berechnungen Metzler; Stand: 30.4.2017 

Das Chart zeigt deutlich, dass der US-Aktienmarkt der Zentralbankbilanz der US-Notenbank mehr oder weniger zu folgen scheint. Ein weiteres Beispiel ist die Bilanzreduktion der Bank von Japan von 2006 bis 2007. Damals verkraftete der japanische Aktienmarkt den Liquiditätsentzug nicht sonderlich gut. Die Kurse japanischer Aktien fielen in diesem Zeitraum, während die Notierungen am US-Aktienmarkt sogar stiegen. 

Infolge der Bilanzreduktion der Bank von Japan schnitten japanische Aktien schlechter ab als ihre US-Pendants 
Zentralbankbilanz der Bank von Japan in Bio. JPY und MSCI-Kursindizes (1.1. 2003 = 100) 

Quellen: Thomson Reuters Datastream, Berechnungen Metzler; Stand: 30.4.2017 

Der kurze Horizont und die geringe Zahl an Observationen mahnen jedoch zur Vorsicht, vorschnelle Schlüsse zu ziehen. Erfahrungsgemäß spricht jedoch viel dafür, dass der anstehende Liquiditätsentzug infolge einer Bilanzreduktion der Federal Reserve den US-Aktienmarkt belasten könnte. Allerdings ist überhaupt noch nicht entschieden, ob und wann die Fed ihre Bilanz anpassen wird. 

Neue Studie zeigt: Hard Brexit trifft Deutschland am härtesten 

Die Beratungsfirma Deloitte veröffentlichte in dieser Woche eine Studie zu den möglichen Folgen eines „harten“ Brexits. Dabei kamen die Autoren der Studie zu dem Schluss, dass die Automobilpreise in Großbritannien um 15 % steigen und die Automobilumsätze 2019 um 20 % fallen könnten, sollte es zu einem Brexit ohne jegliches Verhandlungsergebnis kommen. Deutschland wäre davon am stärksten betroffen, und etwa 18.000 Beschäftigte in der deutschen Automobilindustrie könnten in diesem Fall ihre Arbeit verlieren. Nach unserer Einschätzung ist es daher in beiderseitigem Interesse, die Verhandlungen zu einem Erfolg zu führen. Es ist aber auch klar, dass selbst bei einem „weichen“ Brexit der Handel zwischen der Europäischen Union und Großbritannien Beschränkungen unterliegen wird – mit negativen Folgen für die deutsche Automobilindustrie. 

Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass die gegenwärtige Situation sowieso nicht nachhaltig sein kann. Die britische Wirtschaft konnte in den vergangenen Jahren nicht durch ihre Exporterfolge den Kauf deutscher Automobile finanzieren, sondern nur durch den stetigen Zufluss von Krediten deutscher Sparer (was einem Leistungsbilanzdefizit Großbritanniens entspricht). Erfahrungsgemäß trocknet irgendwann die Vergabe neuer Kredite aus, und die Gläubiger verlangen eine Rückzahlung der vergebenen Kredite. Dementsprechend sehen wir für den Automarkt in Großbritannien mittelfristig nur noch begrenztes Wachstumspotenzial.

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