Mikrofinanz – Stabilität mit finanzieller sowie sozialer Rendite
TiAM FundResearch sprach mit Dr. Carlos De las Salas Vega, Chief Investment Officer von Invest in Visions, über den Vorteil von Mikrofinanz, die Auswirkungen der strafferen Geldpolitik und den Ausblick auf 2023.06.03.2023 | 13:20 Uhr
TiAM FundResearch: Herr Dr. De las Salas Vega, das vergangene Jahr war für Anleger kein einfaches Jahr. Wie hat der Mikrofinanzsektor 2022 überstanden?
Dr. Carlos De las Salas Vega: Während Inflation, Zins- und Zeitenwende sowie die Pandemie-Nachwirkungen für eine Neubewertung risikobehafteter Investments sorgten, konnte der Mikrofinanzsektor 2022 erneut unter Beweis stellen, dass sich diese Anlageklasse von anderen Märkten abhebt. Mikrofinanz zeichnet sich insbesondere durch geringe Volatilität sowie niedrige Korrelation zu den traditionellen Anlagen aus, was sich stabilisierend auf ein Investmentportfolio auswirken kann.
Wie drückt sich das in Zahlen aus?
Mikrofinanzfonds erwirtschaften neben einer finanziellen vor allem eine soziale Rendite mit messbaren positiven Auswirkungen auf die Gesellschaft. In den letzten Jahren konnten auch Mikrofinanzfonds vom allgemeinen Niedrigzinsumfeld und der hohen Unsicherheit in der Eurozone profitieren. Jährliche Erträge zwischen 1,5 % und 2,5 % in Verbindung mit einer messbaren sozialen Rendite sorgten für einen stabilen Baustein im Portfolio.
Welche Performance erwarten Sie dieses Jahr vom IIV Mikrofinanzfonds?
Wir gehen weiterhin von einer stabilen positiven Rendite aus. Das liegt an unterschiedlichen Faktoren, wie den steigenden Darlehenszinsen, den Absicherungskosten, der Bonität des Portfolios und der Verzinsung der Liquidität
Können Sie das näher erläutern?
Natürlich, sehr gerne. Das global gestiegene Zinsniveau wirkt sich auch auf die Konditionsgestaltung für Mikrofinanzinstitute aus. Im Jahresverlauf 2023 werden 330 Mio. Euro der vom IIV Mikrofinanzfonds vergebenen Darlehen fällig, was 45 % aller im Fonds befindlichen Darlehen entspricht. Aktuell erfolgen Neuabschlüsse zu Konditionen, die den durchschnittlichen Zinssatz des Investmentportfolios um rund einen Prozentpunkt erhöht haben. Diese höheren Darlehenszinsen erhöhen in Folge das Ausschüttungspotenzial für die Investor:innen des IIV Mikrofinanzfonds.
Ein weiterer Punkt sind die Absicherungskosten. Nach einem deutlichen Anstieg in der zweiten Jahreshälfte 2022 erwarten wir, dass die Kosten der Währungsabsicherung dieses Jahr wieder sinken werden. Viele makroökonomische Faktoren deuten darauf hin, dass ein weiteres Auseinanderdriften von amerikanischen und europäischen Geldmarktzinsen unwahrscheinlich ist. Folglich sollten sich die am Markt gehandelten Terminquotierungen für EUR/USD wieder entspannen.
Gibt es weitere Faktoren, die sich gegebenenfalls positiv auf die Performance auswirken?
Ja, die Bonität des Portfolios: Die Abwertungen der mexikanischen Mikrofinanzinstitute hatten im zweiten Halbjahr 2022 einen negativen Effekt auf die Wertentwicklung von rund einem Prozentpunkt. Die Kapitalausstattung und Profitabilität der durch den IIV Mikrofinanzfonds refinanzierten MFI hat inzwischen wieder ein vor-pandemisches Niveau erreicht. Im Januar 2023 gab es lediglich noch 0,5 % Darlehensstundungen im Vergleich zu 6,1 % im Oktober 2020. Auch die Anzahl der restrukturierten Darlehen hat sich in diesem Zeitraum mehr als halbiert. Es gehört zum Wesen des Mikrofinanzkonzepts, dass Ausfälle und Rückstellungen aufgrund adverser Bewertungen auch in Zukunft vorkommen können.
Der IIV Mikrofinanzfonds hält 10 % bis 15 % des verwalteten
Fondsvolumens als Liquidität. Während diese Reserve im ersten Quartal 2022 noch
im Durchschnitt mit negativen 0,3 % p. a. verzinst wurde, werden freiwerdende
Gelder des Fonds inzwischen wieder zu Zinssätzen zwischen 2,0 % und 2,5 %
angelegt. Dies sorgt für einen positiven Beitrag für die Gesamtperformance des
Fonds.
Vielen Dank für das Gespräch.