Morgan Stanley IM: Tauziehen zwischen Bulle und Bär

Mit Blick auf die kürzlich heftigen Marktbewegungen, ist es notwendig, auf die Möglichkeit eines „Melt-up“ als auch eines „Melt-down“ sowie auf die Risiken absurd niedriger Volatilitätsniveaus hinzuweisen. Im Moment sieht es so aus, als sei die Korrektur beendet – doch womit ist als Nächstes zu rechnen?

07.03.2018 | 13:31 Uhr

Angesichts der jüngst heftigen Marktbewegungen müssen jegliche Kommentare heute noch stärker als gewöhnlich abgewogen werden. Und in der Tat landete der erste, Ende Januar verfasste Entwurf dieses monatlichen Kommentars im Papierkorb. Zum heutigen Zeitpunkt erscheint es längst überfällig, auf die Möglichkeit eines „Melt-up“ als auch eines „Melt-down“ sowie auf die Risiken absurd niedriger Volatilitätsniveaus hinzuweisen. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Kommentars (7. Februar) sieht es so aus, als sei die Korrektur möglicherweise beendet, zumindest für den Moment – womit ist also als Nächstes zu rechnen?

„Das Tauziehen dürfte sich fortsetzen … auf der einen Seite sind die Bullen, die von synchron verlaufendem Wachstum weltweit sprechen, auf der anderen Seite die Bären, die auf die Normalisierung der Geldpolitik und auf Risiken durch unvorhergesehene Ereignisse hinweisen – ausgehend etwa von der koreanischen Halbinsel oder den Parlamentswahlen in Italien.”

 Die Turbulenzen Anfang Februar haben vermutlich das Risiko einer plötzlichen Bewegung in die eine oder andere Richtung gesenkt, während die Volatilität paradoxerweise anstieg – insgesamt eine gesunde Kombination. Die noch im Januar herrschende Euphorie und der damit verbundene Konsumrausch beim Einzelhandel dürften sich in dieser Form kaum wiederholen. Auf der anderen Seite scheint die Bedrohung durch Niedrig-Volatilitätsstrategien, die für die Teilnehmer 2017 so rentabel, 2018 jedoch desaströs waren, abgewehrt, ohne dass sie ernsthafte Negativauswirkungen auf die Aktienmärkte direkt gehabt hätten. Das Tauziehen dürfte sich fortsetzen …auf der einen Seite haben wir die Bullen, die von synchronem Wachstum weltweit sprechen, auf der anderen Seite die Bären, die auf die Normalisierung der Geldpolitik und auf Risiken durch unvorhergesehene Ereignisse hinweisen – ausgehend etwa von der koreanischen Halbinsel oder den Parlamentswahlen in Italien.

Das Ergebnis der Aktienmärkte für 2018 können wir nicht klar voraussagen, sind aber längerfristig besonders vorsichtig. Eines unserer Mantras lautet, dass es bei Aktien lediglich auf zweierlei Art zu Verlusten kommen kann: Entweder bleiben die Gewinne aus, oder aber die Bewertungen brechen ein. Angesichts der aktuellen Situation an den Märkten betrachten wir beide Risiken mit Sorge. Die Bewertungen sind nach wie vor hoch. Die jüngste Korrektur, die die Kurse lediglich zurück auf Dezemberniveau führte, konnte ihnen nichts anhaben. Die Bewertungen sind wohl einerseits abhängig von den äußerst niedrigen risikofreien Renditen, die Anzeichen einer Normalisierung zeigen, und andererseits von der Annahme, dass die Ergebnisse weiter steigen werden.

Allerdings geht es nicht unbedingt um die Ergebnisse für dieses Jahr, da das Wachstum und die US-Steuerreform hier Abhilfe leisten sollten. Es geht uns vielmehr um die längerfristige Perspektive. Wenn die Rezession schließlich einsetzt – vermutlich in Folge einer strafferen Geldpolitik –, werden die Ergebnisse starken zyklischen Effekten unterliegen. Darüber hinaus bestehen auch strukturelle Bedenken. Vierzig Jahre unternehmensfreundlicher Politik, angefangen mit der Ära Reagan/Thatcher, verschafften den Unternehmen deutlich Rückenwind. In den USA hat der Gewinnanteil am Bruttoinlandsprodukt einen Höchststand erreicht, und die Lohnquote befindet sich als logische Konsequenz auf einem Tiefstand. Somit ist die Ungleichheit gestiegen und der damit verbundene Zorn der Populisten gewachsen. Bislang wurde dieser Ärger hauptsächlich von den Rechtsparteien kanalisiert, siehe Trump in den USA oder der Brexit in Großbritannien, und auf Einwanderer oder andere „fremde“ Gruppen gelenkt. Die Linke könnte nun die populistische Rhetorik übernehmen und Unternehmen ins Visier fassen. Dabei kann sie sich entweder auf die Seite der Arbeitnehmer stellen und arbeitsrechtliche Vorschriften fordern, oder auf die Seite der Verbraucher, um aufkommende Monopolstellungen zu verhindern. Der im Westen zu beobachtende Einbruch der Mitte-Links-Parteien, die in den vergangenen 30 Jahren die Agenda des freien Marktes bestimmten, lässt diese Bedrohung immer realer erscheinen.

„… mit Anteilen an erstklassigen Unternehmen ist Kapital noch immer vernünftig platziert”

In einer Welt, in der angesichts der hohen Bewertungen kaum Sicherheitsspielraum besteht und in der die Risikofreude trotz des turbulenten Monatsanfangs ungebrochen scheint, scheint Kapital in Form von Anteilen an erstklassigen Unternehmen nach wie vor gut platziert. Diese Unternehmen steigerten ihre Gewinne in der Vergangenheit über den gesamten Zyklus hinweg und reduzierten das Ertragsrisiko. Sie werden derzeit zu sehr vernünftigen Bewertungen gehandelt – zumindest in relativer Hinsicht, denn bei den Basiskonsumgütern bewegt sich das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis für die nächsten zwölf Monate gegenüber dem Gesamtmarkt auf einem Tiefpunkt. Wir wiederholen daher unsere Aussage, dass es derzeit gilt, den eingeschlagenen Weg mit Bedacht fortzusetzen, statt alles stehen und liegen zu lassen.


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