Morgan Stanley: Wiederherstellung von Wettbewerbsvorteilen im digitalen Zeitalter
Wer ist Klassenbester, wenn Basiskonsumgüterunternehmen wieder die Schulbank drücken? Das International Equity Team zur Marktführerschaft im digitalen Zeitalter.20.08.2019 | 10:15 Uhr
In den letzten 50 Jahren konnten sich die führenden Basiskonsumgüterunternehmen in einer analogen Welt problemlos behaupten. Dies zeigte sich an ihren großen Marktanteilen, ihrem steigenden Umsatzwachstum und ihren hohen Renditen auf das Betriebskapital (ROOC). Im digitalen Zeitalter wird der Erfolg dieser Unternehmen jedoch von zwei neuen Entwicklungen bedroht: dem E-Commerce und neuen Marketingplattformen, darunter soziale Medien und soziale Suchmaschinen.
Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die Basiskonsumgüterindustrie sich nur langsam an diese Entwicklungen anpasst. Diese Schwerfälligkeit hat zur Folge, dass die Wachstumsraten vom mittleren einstelligen Bereich in den niedrigen einstelligen Bereich gerutscht sind. Man sprach bereits vom „Ende der großen Marken“. Wir können jedoch Anzeichen dafür erkennen, dass die führenden Anbieter von Basiskonsumgütern allmählich den digitalen Code knacken. Aufgrund ihrer Größe und Fähigkeiten florieren diese führenden Markenunternehmen wieder und verzeichnen erneut steigende Umsätze.
‘‘Im digitalen Zeitalter wird der Erfolg von Basiskonsumgüterunternehmen durch zwei neue Entwicklungen bedroht: E-Commerce und neue Marketingplattformen."
Sehen wir uns einmal den E-Commerce in China an. Dort
stellt ein inländisches E-Commerce-Unternehmen mit modernsten
Technologien und Innovationen ein Online-Ökosystem bereit, das die
vielleicht weltbeste Plattform für den digitalen Markenaufbau ist.
Anders als in anderen Teilen der Welt verfügen die Marken über ihre
eigenen virtuellen Shops, die Funktionen wie Treueprogramme und
Live-Streaming bieten. Diese virtuellen Shops werden vom Betreiber der
Plattform in Segmente geordnet, beispielsweise „The Luxury Pavilion“.
Auf diese Weise erhalten renommierte Kosmetikmarken ihre eigene Sparte.
Somit wird verhindert, dass diese Marken von den Angeboten des Massenmarkts verdrängt oder neben Haushaltsreinigern platziert werden. Der Betreiber der Plattform stellt den Markenunternehmen Daten zum Konsumverhalten bereit, womit diese ihre Produktinnovationen vorantreiben können. Mit der Plattform wird die Reichweite einer Marke drastisch erhöht, womit sie sich nicht nur auf Tier-1- und Tier-2-Städte, sondern auch auf Tier-4- und Tier-5-Städte erstreckt. Damit werden potenziell 600 Millionen Verbraucher mehr erreicht.1
Die führenden Basiskonsumgüterunternehmen in China, einschließlich jener aus Europa und den USA, ernten allmählich die Früchte ihrer Investitionen im digitalen Bereich. Dies zeigt sich am starken Umsatzwachstum chinesischer Unternehmen. Beispielsweise verbuchte ein in unserem Portfolio vertretenes französisches Kosmetikunternehmen im Jahr 2018 im Asien-Pazifik-Raum ein Wachstum von 26% gegenüber dem Vorjahr. Das Wachstum im Jahr 2017 lag dagegen bei 11% und 2015 und 2016 bei unter 5%.1
Außerhalb von China wird der digitale Einzelhandelssektor von einer
bekannten E-Commerce-Website aus den USA dominiert. Im Unterschied zu
seinem chinesischen Pendant veröffentlicht das Unternehmen jedoch keine
Verbraucherdaten, und der Schwerpunkt liegt auf dem Preis und nicht auf
dem Markenaufbau. Zudem agiert das eigene Label als direkter
Wettbewerber. Deshalb herrscht gemeinhin die Ansicht, dass das
Unternehmen das Ziel verfolgt, andere Marken zu verdrängen. Tatsächlich
aber konnte ein Großteil seiner Eigenmarken es nicht mit den führenden
Anbietern von Basiskonsumgütern aufnehmen, die gelernt haben, wie man
sich auf der Plattform erfolgreich behauptet. Solche Unternehmen sorgen
dafür, dass sie bei der Suche nach Schlüsselwörtern ganz oben auf der
Liste stehen. Das ist von entscheidender Bedeutung, da die Produktsuche
in den USA in 55% der Fälle direkt auf dieser Plattform erfolgt.1
Darüber hinaus arbeiten die Unternehmen daran, für ihre Produkte die
besten Kundenbewertungen und Rezensionen zu erhalten. Diese Unternehmen
profitieren ebenfalls davon, dass es in den USA nicht nur einen
E-Commerce-Anbieter gibt. So haben traditionelle Einzelhändler
beträchtlich in ihre eigenen E-Commerce-Angebote investiert. Im Jahr
2018 steigerte der führende traditionelle Einzelhändler seinen
E-Commerce-Umsatz um 40%. Der Spitzen-Discounter im Einzelhandel
erzielte dagegen ein Umsatzwachstum von 36%.2
Im gleichen Zeitraum konnten die führenden Basiskonsumgüterunternehmen dank dieser digitalen Möglichkeiten ihre eigenen E-Commerce-Umsätze weltweit und in den USA um etwa 40% steigern.3 Damit schnitten sie weitaus besser ab als die führende E-Commerce-Plattform in den USA und ließen auch die Wachstumsrate der Branche weit hinter sich.
‘‘Dank der digitalen Möglichkeiten in den USA konnten die führenden Basiskonsumgüterunternehmen ihre E-Commerce-Umsätze im Jahr 2018 um rund 40% steigern."
Heute macht der E-Commerce bei den führenden Basiskonsumgüterunternehmen 5% bis 10% des Umsatzes aus. Vor fünf Jahren lag dieser Anteil noch bei 1% bis 2%.4 Für Basiskonsumgüterunternehmen ist es von großer Bedeutung, dass mit dem E-Commerce ähnliche operative Margen erzielt werden wie mit dem traditionellen Einzelhandelsgeschäft. Zudem erwirtschaften die Internet-Einzelhändler mehr Gewinne mit dem Verkauf von großen Marken als mit dem Vertrieb kleiner Marken.
Im digitalen Marketing funktionieren die wichtigsten Werbeplattformen aus dem Silicon Valley (in Form von Suchmaschinen und Social-Media-Websites) für Basiskonsumgüterunternehmen praktisch wie eine Steuer. In Erwartung höherer Kapitalrenditen haben die Führungskräfte von Basiskonsumgüterunternehmen in den letzten fünf Jahren 30% bis 50% ihres Marketing-Budgets4 von traditionellen Medien auf das digitale Marketing umgeschichtet – tatsächlich aber wurden sie mit einem schwächeren Umsatzwachstum bestraft.
Anscheinend erkennen Anbieter von Basiskonsumgütern inzwischen, dass
sie ihre Marketingabteilungen neu ausrichten und in neuen Fertigkeiten
schulen müssen. Investitionen in das digitale Marketing reichen
schlichtweg nicht aus. Früher haben Unternehmen bis zu einem Jahr im
Voraus Briefings mit Werbeagenturen abgehalten, damit diese den
kreativen Inhalt einer globalen Werbekampagne entwickeln und die
Kampagne wirkungsvoll in die Tat umsetzen, beispielsweise durch die
Ermittlung der besten Uhrzeit für neue Werbespots. Heute sind in den
Marketingteams von Basiskonsumgüterunternehmen auch „Social
Listening“-Teams vertreten, die die neuesten Trends unter den
„Influencern“ aufspüren. Ihre internen Kreativteams entwickeln
kontinuierlich neue Inhalte für Social-Media-Websites.
Spezialisierte Teams sind für das Data-Mining zuständig und überwachen die Entwicklung der digitalen Ausgaben in Echtzeit. So wird beispielsweise überprüft, ob eine bessere Trefferquote erzielt wird, wenn man bei der Werbekampagne für einen Deodorant sportliche Männer zwischen 20 und 30 Jahren oder Raucher zwischen 20 und 30 Jahren anspricht. Mit zunehmender Expertise der führenden Basiskonsumgüterunternehmen – von den Grundlagen (saubere Daten, Einkauf der richtigen Keywords, kürzere Ladezeiten ihrer Websites) bis hin zur Erstellung hochwertiger digitaler Inhalte (eine Werbedauer von zwei Sekunden anstelle von sechs Sekunden) – dürfte die derzeitige „Steuer“ in Form der digitalen Marketingplattform abnehmen.
‘‘Wenn man das digitale Zeitalter meistern möchte, muss man sich neue Tools und Fähigkeiten aneignen."
Wie können wir als Anleger herausfinden, wer auf diesem
Gebiet gut abschneidet? Wir mussten auch nochmal die Schulbank drücken.
In den letzten Jahren haben zahlreiche Basiskonsumgüterunternehmen ihre
Ausgaben für Werbung und Verkaufsförderung im Verhältnis zum Umsatz
reduziert und sich darauf berufen, dass Ausgaben im digitalen Bereich
eine höhere Kapitalrendite ermöglicht haben. Aber alles hat seinen
Preis. Wenn man das digitale Zeitalter meistern möchte, muss man sich
neue Tools und Fähigkeiten aneignen. Das bedeutet, dass Hunderte – oder
Tausende – Experten für die Digitalisierung eingestellt werden müssen.
Diese Investitionskosten werden in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht unter den Aufwendungen für Werbung und Verkaufsförderung, sondern unter den Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten verbucht. Wenn ein Unternehmen sich neue Tools angeeignet und Experten für die Digitalisierung eingestellt hat, werden diese Experten höhere Ausgaben für digitale Inhalte fordern, sodass die Aufwendungen für Werbung und Verkaufsförderung wieder in die Höhe gehen. Bei erfolgreichen Unternehmen steigt dadurch das Umsatzwachstum, wodurch die Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten im Verhältnis zum Umsatz wieder zurückgehen.
Eines unserer Portfoliounternehmen, eine weltweit führende
Kosmetikmarke, steht bei dieser digitalen Entwicklung an vorderster
Front. Unseres Erachtens kann dieses Unternehmen als Messlatte
herangezogen werden, um abzuschätzen, wie andere
Basiskonsumgüterunternehmen in diesem Bereich abschneiden.
Das Beratungsunternehmen Gartner L2 erstellt ein Ranking von 1.872 Marken und stuft diese anhand ihrer Expertise im digitalen Bereich ein. Im Jahr 2018 wurden 57 dieser Marken als „Genius“-Marken oder Spitzenreiter klassifiziert. Die erwähnte Kosmetik-Holding konnte die höchste Anzahl an „Genius“-Marken (sieben) und ein Umsatzwachstum von 7 % vorweisen. Damit erzielte sie ihr größtes Wachstum in über zehn Jahren und übertraf das Gesamtwachstum des Kosmetikmarkts nahezu um das 1,5-Fache.5
‘‘Basiskonsumgüterunternehmen, die den digitalen Code knacken, können ihren Wettbewerbsvorteil festigen sowie höhere Umsätze und nachhaltige Renditen auf das Betriebskapital erzielen."
Wir sind der Ansicht, dass Basiskonsumgüterunternehmen, die den digitalen Code knacken, ihren Wettbewerbsvorteil festigen, weiterhin steigende Umsätze und auf lange Sicht nachhaltige Renditen auf das Betriebskapital erzielen können. Große Marken können in unserer neuen, digitalisierten Welt erfolgreich sein, wenn sie ihre Skaleneffekte und Kapazitäten optimal zu nutzen verstehen. Als Investoren achten wir bei der Bewertung eines Unternehmens nicht nur darauf, dass dieses gut investiert, dezentralisiert und unternehmerisch aufgestellt ist – es muss auch digitale Kompetenzen vorweisen können.
RISIKOHINWEISE
Es besteht keine Garantie, dass ein Portfolio sein Anlageziel erreichen wird. Portfolios sind Marktrisiken ausgesetzt, d. h. es besteht die Möglichkeit, dass der Marktwert der Wertpapiere im Portfolio zurückgeht. Anleger können deshalb durch die Anlage in diese Strategie Verluste verzeichnen. Anleger sollten beachten, dass diese Strategie bestimmten zusätzlichen Risiken ausgesetzt sein kann. Veränderungen der globalen Konjunktur, der Verbraucherausgaben, des Wettbewerbs, der demografischen Entwicklung, der Verbrauchernachfrage, der gesetzlichen Regelungen und der Wirtschaftsbedingungen können sich negativ auf global operierende Unternehmen auswirken und das Portfolio stärker belasten als bei einer Investition des Portfolios in eine größere Vielfalt von Unternehmen. Aktienkurse reagieren im Allgemeinen auch auf unternehmensspezifische Aktivitäten. Anlagen in ausländischen Märkten sind mit besonderen Risiken verbunden. Dazu zählen politische und wirtschaftliche Risiken sowie Währungs- und Marktrisiken. Die Aktien kleiner Unternehmen weisen besondere Risiken wie begrenzte Produktlinien, Märkte und Finanzressourcen auf. Darüber hinaus sind sie einer stärkeren Marktvolatilität ausgesetzt als die Wertpapiere größerer, etablierter Unternehmen. Die Risiken einer Anlage in Schwellenländern übersteigen jene Risiken, die mit Investitionen in ausländischen Industrieländern einhergehen. Nicht diversifizierte Portfolios investieren oftmals in eine beschränkte Anzahl von Emittenten. Aus diesem Grund können Veränderungen der finanziellen Situation und des Marktwerts einzelner Emittenten zu einer höheren Volatilität führen. Overwriting-Strategie. Der Verkauf von Call-Optionen ist mit dem Risiko verbunden, dass bei Ausübung der Basiswert zu einem ungünstigen Kurs oder unter dem Marktpreis verkauft werden muss oder entsprechende Barmittel aufzuwenden sind. Durch den Verkauf von Call-Optionen wird darauf verzichtet, von Kursgewinnen des Basiswerts zu profitieren, die über die Summe aus Verkaufsprämie und Ausübungspreis hinausgehen. Jedoch bleibt das Verlustrisiko bestehen, wenn der Kurs des Basiswerts fällt. Darüber hinaus ist das Portfolio durch die Overwriting-Strategie unter Umständen nicht vollständig gegen einen rückläufigen Marktwert abgesichert. Der Verkauf ungedeckter Optionen ist mit besonderen Risiken verbunden, die zu erheblichen Verlusten führen können.
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