ODDO BHF AM: Neues Muster?

2019 steht als Hauptthema die weitere Verschlechterung der makroökonomischen Daten im Mittelpunkt, die die Zentralbanken zu stoppen versuchen.

23.07.2019 | 13:35 Uhr

Die Anleger gehen inzwischen von mindestens fünf Zinssenkungen in den USA und der Wiederaufnahme der Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank aus. Die niedrige Inflation dient der Fed als Freiraum für Zinssenkungen und Mario Draghi verwendet die letzten Monate seiner Amtszeit darauf eine Rezession in der Eurozone zu verhindern. Die Zinsen werden lange, vielleicht sogar sehr lange, niedrig bleiben ...

Wie sollen riskante Anlagen angesichts dieses neuen Musters bewertet werden?

Die historischen Bewertungsmodelle für Aktien messen der Abzinsung der zukünftigen Cashflows immer noch eine große Bedeutung bei. Um für Kontinuität zu sorgen, ändern Fondsmanager ihre Abzinsungssätze, die aus einer geschätzten langfristigen Rendite zuzüglich einer Risikoprämie bestehen, selten. Berücksichtigen diese den Rückgang des risikofreien Zinssatzes hinreichend?

Die Entwicklung der Wachstumswerte, die am empfindlichsten auf die Zinssätze reagieren (Luxusgüter, Getränke, Im- mobilien und in geringerem Maße Versorger) hatte in der jüngsten Zeit nicht viel mit der Entwicklung der zyklischen Aktien gemeinsam. In einem Umfeld, in dem die Konjunktur nachlässt, haben die Anleger zu Recht Wachstumsaktien um jeden Preis bevorzugt. Wie sollte man sich jetzt verhalten, da der Bewertungsunterschied zwischen Wachstumswerten und Zyklikern extrem groß ist?

Wir wollen analysieren was geschieht, wenn sich bestimmte Hypothesen ändern:

1. Rückgang des Abzinsungssatzes

Man muss kein großer Mathematiker sein um zu verstehen, dass das Aufwertungspotenzial in diesem Fall enorm wäre. Der theoretische Preis einer Aktie, der auf der Basis der Aktualisierung der Cashflows auf zehn Jahre berechnet wird, steigt umgehend um 8 %, wenn man den Abzinsungssatz um ein Prozent senkt (z. B. von 5 % auf 4 %). Hiermit würden wir bei diesem neuen Muster bleiben, bei dem das Wachstum der Cashflows und deren Höhe bei der Wertsteigerung der Aktien den Unterschied machen würden. Der Bewertungsunterschied wäre damit keine Anomalie mehr, sondern die neue Norm.

2. Berücksichtigung der negativen Zinsen bei den Risikoprämien

Die Risikoprämie, die als Abweichung zwischen der geschätzten Rendite der Aktien (1/KGV) und dem risikofreien Zinssatz auf zehn Jahre gemessen wird, nähert sich dem bei Einbruch des Marktes Ende 2018 erreichten Höchstwerten.

Bei bestimmten Aktien beträgt die erwartete Rendite 12 % (bei einem KGV von 8) und einer guten Visibilität der zukünftigen Kapitalströme. Sollte man wirklich auf eine Anlage in derartige Werte verzichten, wenn die Renditen sämtlicher sogenannter risikofreier Anlagen gleich Null oder sogar negativ sind?

3. Die Verwerfungen miteinbeziehen

Eine erste Antwort erfordert eine Analyse von möglichen zu- künftigen Verwerfungen in bestimmten Sektoren, ob regulatorisch oder durch Wettbewerb ausgelöst. Auch hier müssen wir uns neu erfinden und dürfen uns nicht nur mit der Analyse der herkömmlichen, strukturierten Daten begnügen, sondern auch Big Data mit einbeziehen.

Wenn es dem Fondsmanager gelingt, Unternehmen mit interessanten Risikoprämien zu wählen, die den aktuellen technologischen und geopolitischen Umbrüchen standhalten, kann sein Portfolio selbst bei einer Konjunkturwende dauerhafte Performance erzielen. Um diesem Wandel Rechnung zu tragen, beziehen wir die künstliche Intelligenz in den Managementprozess unserer Strategien mit ein.

"Auch hier müssen wir uns neu erfinden und dürfen uns nicht nur mit der Analyse der herkömmlichen, strukturierten Daten begnügen, sondern auch Big Data mit einbeziehen."

Laurent Denize

Global co-CIO & Glob

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