ODDO BHF AM: (Noch) zu früh für Gewinnmitnahmen

Mit den nun abebbenden politischen Risiken ist es Zeit, sich auf die Fundamentaldaten zu besinnen. Zwar präsentiert sich das globale Konjunkturumfeld zunehmend stärker. Manche Daten könnten jedoch enttäuschen und am Markt für Rückschläge sorgen.

10.05.2017 | 15:02 Uhr

Der Index für Konjunkturüberraschungen ist zuletzt (vor allem in den USA und Großbritannien) schwächer ausgefallen, die chinesische Wirtschaft könnte im weiteren Jahresverlauf an Schwung verlieren und von Trump in Aussicht gestellte Pläne werden vorerst vertagt oder verwässert. Ist nach dem Anstieg des Aktienmarkts um 10% nun die Zeit für Gewinnmitnahmen gekommen? Die schwachen globalen Inflationszahlen könnten uns durchaus die nächsten Wochen noch begleiten, sollten jedoch nicht von Dauer sein. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht bietet sich für Aktien weiterhin ein vorteilhaftes, für Anleihen ein weniger günstiges Umfeld.

In der Eurozone stieg die Teuerungsrate im April auf 1,9% ggü. dem Vorjahr von 1,5% im März. Wichtiger noch: Die Kerninflation legte deutlich von 0,8% auf 1,2% ggü. dem Vorjahr zu. Zugegebenermaßen hat hier sicherlich auch der Zeitpunkt der Osterferien mit  hineingespielt. Dennoch dürfte  sich  die  Kerninflation oberhalb des  vorherigen  Bandes  von  0,7%  bis  0,9%  bewegen. Gleichzeitig werden 10-jährige deutsche Anleihen weiterhin bei 0,40% gehandelt! Nicht so einfach überein zu bekommen, oder? Ein ausgewogeneres Bild bietet sich bei den Schwellenländern. Angesichts unserer verhaltenen Sicht auf die chinesische Wirt- schaft sind wir bezüglich des Metall- & Bergbausektors etwas pessimistischer gestimmt. In Indien werden hingegen die Struktur- reformen Wirtschaftswachstum und Kapitalzuflüsse ankurbeln.

Können die jüngsten Ölpreisturbulenzen eine Marktkorrektur auf breiter Front auslösen? Auf 6- bis 12-Monats-Sicht lassen die grundlegenden Bedingungen ein überreiches Angebot erwarten. Auf Nachfrageseite ist indes mit einer Abschwächung von aller- dings zuvor sehr hohem Niveau zu rechnen. Auf die Tiefstände wie Ende 2015 dürften die Preise aber wohl nicht absacken. Die Untergrenze wird durch die aktuelle Break-Even-Schwelle bei der US-Schieferölförderung markiert, das wären gegenwärtig 35-40 USD pro Barrel WTI (von dieser Marke sind wir nicht mehr allzu weit entfernt). Die Äußerungen bei der nächsten OPEC-Sitzung werden sicherlich darauf abzielen, Exzessen beim Ölpreis entgegen zu steuern.

Bezüglich Risikowerten aus der Eurozone sind wir weiterhin zuversichtlich gestimmt. Zur Halbzeit der Berichtssaison zum ersten Quartal hatten 82% der im Euro STOXX vertretenen Unternehmen besser als erwartet ausgefallene Umsatzzahlen vorgelegt. 72% konnten die Gewinnprognosen übertreffen. Bislang sind die Umsätze insgesamt um 9,5% gegenüber dem Vorjahr gestiegen, der Gewinn je Aktie wurde um 25% gesteigert. Zudem steht die Gewinnerholung auf breiter Basis. So wurden über alle Sektoren (mit Ausnahme von Energie und Verbraucherdienstleistungen) positive Gewinnüberraschungen vermeldet. Klar ist, dass das Wachstum der Unternehmensgewinne weiterhin maßgeblicher Treiber für die langfristige Aktienentwicklung bleibt.

Um unsere Eingangsfrage zu beantworten: Für Gewinnmintnahmen ist es verfrüht. Für globale Aktien, die von Unternehmensinvestitionen profitieren, schätzen wir die Aussichten weiter positiv ein. Zur Diversifikation empfehlen wir eine Positionierung in ausgewählte Staatsanleihen aus Schwellenländern und europäische hochverzinsliche Unternehmenskurzläufer und raten, Staatsanleihen aus Industrieländern zu meiden. An dieser optimistischen Sicht werden wir festhalten, bis uns reale Hinweise dafür vorliegen, dass unser Szenario nicht länger Bestand hat und solange die Notenbanken nicht zu zögerlich agieren.

 

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