Paris calling

Angenommen, Sie werden in den kommenden Monaten von einem Salesmanager des Unternehmens La Financiére de L’Echiquier kontaktiert. Dann Achtung: Die französische Fondsboutique hat Top-Produkte im Angebot.

02.01.2017 | 08:00 Uhr von «Teresa Laukötter»

Paris, 53 Avenue d’léna. Knapp 400 Meter entfernt vom l’arc de triomphe: Auf dem 6. Stock eines klassischen Bürogebäudes summt es gewaltig. Hier leben vier Bienenvölker, sozusagen über den Dächern der Hauptstadt. Die französische Fondsboutique La Financière de l’Echiquier hat nicht nur ausgezeichnete Investmentfonds im Angebot sondern auch Honig. Der wird an Freunde und Kunden verschenkt – vielleicht 25 Kilo pro Jahr. Marketing das nachhaltig wirkt. 

„24 Stunden LFDE“, heißt das Motto des Tages. Die Franzosen habe eine Gruppe deutscher Berater, unabhängige Vermögensverwalter und Finanzintermediäre – ins Hauptquartier an die Seine geladen. Vieles läuft heute anders als bei normalen Terminen dieser Art. Wenn da nur der Firmenname nicht wäre. Für deutsche Zungen ist der ein veritabler Zungenbrecher. Deutschland-Chef Jörg Ahlheid und sein Co. Markus Ahlefelder versuchen es mit einem Synonym: Ahlefelder zeigt in seiner Powerpoint-Präsentation eine Esche (Baum) und einen Kai (franz. Quai). Na ja, mit mäßigem Erfolg. Schließlich einigen sich alle auf die Abkürzung LFDE. Das passt und es kann weitergehen. Ahlheid erzählt, das Wachstum auch außerhalb Frankreichs angesagt sei. Er tut dies locker aber sehr bestimmt und fügt hinzu „nicht um jeden Preis“. Und dass man sich als unabhängige Boutique selbstverständlich für Großkunden, aber auch für unabhängige Berater interessant sei. Das passe einfach gut zusammen.

In Frankreich ist LFDE bereits ein starker Brand. Bereits vor 15 Jahren habe de Menestrel TV-Spots geschaltet, da versteckten sich andere werbungtechnisch noch in den Büschen, respektive hinter den Banktresen. Dafür hat LFDE heute rund 4.800 direkte Kunden, die gelegentlich auch in der Pariser Zentrale empfangen werden. Überhaupt ist de Menestrel eine Art Übervater des Unternehmens. Heute fungiert er als Chairman und Inspirator. So war es sicher auch mit seine Idee, die Tiefgaragenplätze zu verringern und stattdessen für alle Mitarbeiter ein Fitnessstudio einzurichten. Da sind – während längerer Parisvisiten – manchmal auch die kooperierenden Berater aus Frankreich (und neuerdings auch aus Deutschland) anzutreffen. Die direkte Endkundenansprache des Unternehmens sei für sie kein Problem. Warum nicht? „Das ist alles völlig transparent, die Berater geben nichts auf“, sagt Ahlheid ohne Scheu, „sie profitieren davon sogar“. 

 

 

Bonjour Allemagne: (von links) Financiére de l’Echiquier-Fondsmanager Guillaume Talibot, Olivier de Berranger, Alexis Grutter, Stéphanie Bobtcheff,
Deutschland-Head Jörg Ahlheid und CEO Dominique Carell-Billiard. 

 

Das Thema Transparenz zieht sich wie ein roter Faden durch den Tag. Als CIO Marc Craquelin von einem der versammelten Experten gefragt wird, wie viele Zinsschritte er von der US-Notenbank FED im Jahr 2017 erwarte, kommt die Antwort prompt: „Die FED wird sich unserer Erwartung nach zurückhalten. Wie gehen von nicht mehr als 2-3 Schritten im kommenden Jahr aus.“ Auch auf den Investmentprozess des Hauses geht er detailliert ein und schildert ihn in allen Details. Wenn die Guidelines der Fondsmanager dies zulassen, bezeichnen sie sich alle gern als „Stockpicker“. Das Thema wird hier wirklich zelebriert. Die Spezialität des Hauses ist die aufwändige Selektion einzelner Unternehmen.

Das Ziel dabei: Hohe und stabile Erträge für die Kunden zu erzielen. Die Strategie dazu: eine tiefgehende Analyse und Kenntnis der Unternehmen zur Ermittlung ihres „objektiven“ Werts – der vom Marktpreis bekanntlich durchaus abweichen kann.

Um das zu erreichen, bedienen sich die Fondsmanager eines Vierstufenschemas: Kennenlernen, Einschätzung, Bewertung, Dokumentation. Gezielt kombiniert die Pariser Boutique in diesem Prozess qualitative und quantitative Methoden. Das Kennenlernen etwa fällt unter den „qualitativen“ Part und besteht aus systematischen Treffen der Analysten und Fondsmanager aus Paris mit den Führungskräften der in Frage kommenden Unternehmen. Pro Jahr ergeben sich auf diese Weise derzeit rund 1100 Gespräche. Im Anschluss daran wird jedes Unternehmen nach 6 qualitativen und quantitativen Kriterien eingeschätzt:  Güte der Unternehmensleitung, Tragfähigkeit der Finanzstruktur, Transparenz der Ergebnisse, Wachstumsperspektiven der Branche, spekulativer Aspekt, Sozial- und Umweltverantwortung. Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien ist Standard – auch, weil man glaubt, dass dies die Einschätzung von Unternehmen und Risiken verbessert. 

Unternehmen, die durch diesen Filter gelaufen sind, werden danach einer streng quantitativen Bewertung unterzogen. Diese ist das Kernelement der Investmentmethode. Sie besteht in einer tiefgehenden, betriebseigenen Finanzanalyse, die zum einen den beim Erwerb der Wertpapiere nicht zu überschreitenden Kaufpreis bestimmt; zum anderen ein mittelfristiges Bewertungsziel nennt, worüber der Verkaufspreis festgelegt wird. Am Schluss wird eine Dokumentation erstellt, aus der die Bestimmungsgründe der Investmentempfehlungen hervorgehen (Investment-Case).

Der Investmentprozess wird bei La Financière de l’Echiquier also gewissermaßen zu einem Schachspiel, dem eine vorwärts gerichtete Analyse der Optionen vorausgeht. Kein Zufall also, dass das französische Wort „Echiquier“ nicht nur „Schatzkammer“, sondern auch „Schachbrett“ bedeutet.  Jedenfalls scheint der international immer erfolgreichere Pariser Assetmanager schon längst so etwas wie der grand maître, bzw. Großmeister seiner Zunft geworden zu sein. Zwar stammt der größere Teil des verwalteten Vermögens noch aus Frankreich; aber der Anteil von Anlegern aus anderen europäischen Ländern hat stetig zugenommen. 

Im Jahr 2014 hat man in Frankfurt, in der Bockenheimer Landstraße, ein Büro eröffnet, um auf dem neben Frankreich wichtigsten europäischen Kernmarkt unmittelbar präsent zu sein und Kunden auch vor Ort betreuen zu können. Von hier aus arbeiten Jörg Ahlheid und Markus Ahlefelder. Ersterer war bereits bei angelsächsischen Unternehmen beschäftigt und kennt den Unterschied: „Natürlich haben wir verabredete Ziele“, sagt er. „Die sind meist mittelfristiger Natur, das haben wir so abge¬sprochen.“ Selbstverständlich renne man nicht langsamer als in US-orientierten Systemen. „Alle wollen doch, dass der Aktienkurs steigt.“  Kollege Ahlefelder, zu Studienzeiten Profi-Schwimmer und Triathlet lacht: „Wir haben erstklassige Produkte und werden sie bekannt machen.“ Im Vergleich zu Frankreich funktioniere aber der deutsche IFA-Markt anders, die bekannten Rezepte aus Paris seien nicht eins zu eins übertragen.

Im Pariser Headoffice ist es spät geworden. Nach und nach hatten sich die Fondsmanager Guillaume Dalibot (Echiquier Agressor), Oliver de Berranger (Echiquier Arty), Stephanie Bobtcheff (Echiquier Entrepreneur) und Alexis Grutter (Echiquier QME) den deutschen Gästen vorgestellt. Beim Fototermin wird viel geflachst und gelacht. Es geht darum, wer vorne stehen soll. „Ist doch klar“, meint einer der Topmanager: „Wer seine Benchmark am besten outperformt“. 


Financière de l’Echiquier: 

Stockpicking-Spezialist in Frankreich und Europa. Stil: Aktives Management mit einem hohen Aktienanteil. USP: Tiefgreifende Einblicke in Unternehmen und sehr gute Kenntnisse über deren Entscheider. 

1991 Gründung

103 Mitarbeiter      

9  Länder  

32   Fondsmanager + Analysten 

100% im Besitz der Gründer und Mitarbeiter      

18 Investmentstrategien   

7,5 Mrd EUR AuM  

Die Top-Produkte der Franzosen 

Echiquier Entrepreneurs: Kleine, europäische Unternehmen. Fondsmanager: Stéphanie Bobtcheff. Fondsvermögen: 213,6 Mio EUR. Wertentwicklung 2016: +9,02% 


 
Echiquier Arty: Ausgewogener Mischfonds für europäische Aktien und Anleihen. Fondsmanager: Olivier de Berranger. Fondsvermögen1.064,1 Mrd EUR. Wertentwicklung 2016: +3,40% 



Echiquier QME: Absolute Return, systematischer Fonds. Fondsmanager: Alexis Grutter, Ludovic Berthe. Keine Korrelation zu den klassischen Assetklassen angestrebt. Auflage: Nov. 2015. Fondsvermögen 92,7 Mio EUR. Wertentwicklung 2016:+3,96%

(DIF)

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