Positiv für Konsumwerte trotz düsterer Aussichten für chinesische Aktien

Obwohl sich die Aussichten für chinesische Aktien im Allgemeinen verschlechtert haben, sind konsumorientierte Branchen weiterhin attraktiv. Victoria Mio, Fondsmanagerin von Robeco Chinese Equities, erläutert die Gründe.

14.05.2010 | 13:16 Uhr


Victoria Mio ist mittlerweile weniger optimistisch in Bezug auf die Aussichten für chinesische Aktien, die ein erhöhtes politisches Risiko widerspiegeln, - insbesondere durch Maßnahmen zur Einschränkung des Immobilienmarktes -, und den möglicherweise dämpfenden Effekt auf die Realwirtschaft und Märkte. Die kurzfristigen Aussichten für den allgemeinen chinesischen Aktienmarkt beurteilt sie derzeitig als neutral.

Doch da die Regierungsmaßnahmen gegen Spekulationsblasen auf bestimmte Branchen abzielen, - vorwiegend auf Immobilien und Banken -, bleibt Mio bei den Aussichten für Unternehmen, die von den Verbraucherausgaben im Inland abhängig sind, optimistisch. Das ist ein Bereich, den die chinesische Regierung als Rückenstärkung für ihre geplanten Maßnahmen für eine nachhaltige und ausgeglichene Wirtschaft erhalten will.

Beispiellose Auflagen für Beschränkungen in der Immobilienbranche
Schauen wir uns die Faktoren an, wodurch die Aussichten für den allgemeinen Markt weniger positiv gestalten. Der wichtigste Faktor ist, dass die Behörden beschlossen haben, gegen Immobilienspekulationen härter durchzugreifen. "Die Entschlossenheit der Regierung, Immobilienpreise zu kontrollieren, ist beispiellos", sagt Mio, die gerade von einer Exkursion auf dem chinesischen Festland zurückgekehrt ist, während der sie mit leitenden Beamten zusammentraf.

Im Laufe der letzten Monate wurde eine Reihe von Initiativen in Gang gesetzt. Zu den wichtigsten gehören Beschränkungen bei Darlehen für nicht ortsansässige Käufer, höhere Eigenmittel-Verpflichtungen für Käufer und das Verbot von Hypotheken beim Kauf von Drittwohnsitzen. Zudem wird in einigen Großstädten möglicherweise in Kürze ein Pilotprogramm zur Besteuerung von Grundeigentum eingeführt.

All das ergibt zusammen ein Paket von sehr strengen Auflagen. "Die neuen Verordnungen zur Kühlung überhitzter Immobilienmärkte sind wirklich effektiv", sagt Mio. "Sie sind sinnvolle makroökonomische Elemente, die bei der Vermeidung von Spekulationsblasen Wirkung zeigen sollten."

Nach den dramatischen Preiserhöhungen dieses Jahr ist die Einschränkung der Spekulation entscheidend
Warum ergreifen Ministerien und Aufsichtsbehörden solch strenge Maßnahmen? Oder, anders gefragt, was ist es, das sie am Immobilienmarkt so sehr beunruhigt? Sie wurden durch rekordartige Erhöhungen der Immobilienpreise in diesem Jahr erschreckt. Im März stiegen beispielsweise die Immobilienpreise in 70 Städten um 11,7 % an. Politische Entscheidungsträger glauben, dass strengere Schritte zur Kontrolle der Spekulation erforderlich sind, welche ihrer Meinung nach für die Preiserhöhungen verantwortlich ist.

Diese Preiserhöhungen waren das Ergebnis davon, dass sich der Vorrat unverkaufter Wohnhäuser aufgrund weniger geplanter Bauvorhaben während der Krise 2008/2009 auf einem Rekordtief befand. Diese Situation wird in diesem Quartal nicht besser: Die Vorräte haben sich aufgrund der Länge des Bauzyklus (noch) nicht erhöht.

Mio weist darauf hin, dass die politischen Entscheidungsträger, mit denen sie kürzlich zusammentraf, zuversichtlich sind, dass das Auflagenpaket den schnellen Anstieg von Immobilienpreisen verhindern wird, da es Spekulationen erschwert. In der Zwischenzeit werden neue Immobilienangebote zum Jahresende das Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage verbessern.

Erfolgreiches hartes Durchgreifen im Immobilienbereich sollte die Wahrscheinlichkeit von Beschränkungen reduzieren
Wenn die neuesten Maßnahmen in den nächsten drei Monaten zu einem Sinken der Immobilienpreise führen, sollte die Notwendigkeit für weitere Beschränkungen, - in Form von höheren Leitzinsen oder eingeschränkter Kreditvergabe -, abnehmen.

Mio warnt jedoch davor, dass die aktuelle Anti-Spekulationsblasen-Politik auch unerwünschte Nebenwirkungen haben könnte. "Diese Politik ist ein stumpfes Instrument und kann für einige Teile der Wirtschaft und Aktienmärkte schmerzhaft werden", sagt Mio.

Trotzdem sagt Mio für 2010 weiterhin ein BIP-Wachstum von 9-10 % voraus. Das ist etwas weniger als das Wachstum von 11,9 %, das im ersten Quartal dieses Jahres erzielt wurde.

Inlandsverbrauch bleibt bevorzugtes Investitionsthema
Die Behörden konzentrieren sich weiterhin darauf, die Wirtschaft stabiler zu gestalten, indem sie dem Inlandsverbrauch mehr Gewicht geben. Tatsächlich wurde die Bedeutung des Inlandsverbrauchs beim Nationalen Chinesischen Volkskongress im März als eins der Hauptziele der Regierung immer wieder hervorgehoben. Die Strategien, die für 2010 in diesem Bereich vorgesehen sind, wirken durchaus vorteilhaft.

Mehrere Bestimmungen, darunter das Unterstützungsprogramm für Elektronikgeräte in ländlichen Gebieten, das Tauschprogramm "alt gegen neu" für Elektronikartikel sowie das Unterstützungsprogramm für landwirtschaftliche Maschinen wurden fortgesetzt.

Andere wurden erweitert, so z.B. die Aktion "Zieh aufs Land", durch die sich Landbewohner Autos eher leisten können, sowie Reduzierungen bei Sozialversicherungsprämien für Personen mit niedrigen Einkommen. Neue Initiativen umfassen auch ein Pilotprogramm in fünf Städten für den begünstigen Kauf von Fahrzeugen mit Elektroantrieb.

Positive Aussichten für Verbraucher der Mittelklasse
"Die angekündigten Anreize bestätigen unsere positiven Aussichten für konsumorientierte Bereiche wie insbesondere Verbraucherelektronik, Internet, Landwirtschaft, Gesundheitswesen und Automobile", sagte Mio.

Ihre Zuversicht bei diesem Thema wurde durch den Aufwärtstrend im neuesten chinesischen Konsumklima-Index gestützt. Jegliche negative Auswirkungen auf das Konsumklima, die sich durch das Durchgreifen im Immobilienbereich ergeben, werden zeitverzögert auftreten.

Dass Wirtschaftsbereiche wie Banken und Immobilien gebremst werden (was auch einen Dominoeffekt auf den Rohstoff-Sektor haben wird) und gleichzeitig der Inlandsverbrauch stark beschleunigt wird, macht deutlich, dass China zunehmend ein Markt mit zwei Geschwindigkeiten wird.

Dieses Umfeldes bedeutet, dass die Auswahl der richtigen Investitionsthemen noch nie so wichtig war. Eine andere Auswirkung ist, dass, wenn der Markt als Ganzes sich seitwärts bewegt, - wie Mio es erwartet -, Aktien der inländischen Konsumnachfrage besser abschneiden dürften.

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