Postbank: Weltwirtschaft wächst 2015

Titel der Publikation: Konjunktur 2015: Niedriger Ölpreis verbessert die Wachstumsaussichten
Veröffentlichung: 01/2015
Autor: Heinrich Bayer
Auftraggeber: Postbank (Website)
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Auch in Deutschland und der EU sollte das Wachstum positiv sein. Der sinkende Ölpreis und der fallende Euro sind dabei von Vorteil. Schwellenländer entwickeln sich uneinheitlich.

23.01.2015 | 09:11 Uhr

„Auf das Jahr 2015 blicken wir verhalten positiv“, sagt Heinrich Bayer, Investmentstratege bei der Postbank. Eine Wachstumsbeschleunigung erwartet er insbesondere für die Industrieländer: „Hier hat sich der fiskalische Konsolidierungsdruck verringert, sodass von dieser Seite ausgehende Bremseffekte weiter nachlassen sollten.“ Vom gesunkenen Ölpreis dürfte zudem erheblicher Rückenwind für die Binnennachfrage ausgehen. „Wir rechnen deshalb für die entwickelten Länder mit einem Anstieg des Wachstums auf 2,4 Prozent in 2015, was das beste Ergebnis seit 2010 wäre“, so Bayer. Deutlich differenzierter ist jedoch sein Ausblick für die Schwellenländer: „Die Belastungsfaktoren, die das Wachstum in einigen Ländern bereits 2014 ausgebremst haben, werden nachwirken oder sich sogar verstärken“, erwartet der Experte. Insbesondere für Staaten, die auf Rohstoffexporte angewiesen sind, werde es problematisch. Schwellenländer, die Rohstoffe importieren, dürften hingegen auf der Gewinnerseite stehen. „Unter dem Strick gehen wir von einer Beschleunigung des globalen Wachstums auf 3,6 Prozent aus.“

Bayer macht allerdings auch Risiken aus: So könnte eine Verschärfung der geopolitischen Konflikte das Wachstum in einzelnen Regionen nachhaltig bremsen. „Zudem birgt der Verfall des Ölpreises auch eine mögliche Kehrseite“, gibt der Postbanker zu bedenken. „Sollte er zu zunehmenden Deflationsängsten führen, könnten die Investitionen eingeschränkt werden, sodass der positive Effekt über die Konsumseite verpufft.“

Moderates Wachstum in Deutschland

Speziell für Deutschland sollte das in diesem Jahr aber kein Problem darstellen. Bayer erwartet vielmehr sich fortsetzende Auftriebskräfte „durch den deutlich gesunkenen Ölpreis und die Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar“. Die Euro-Abwertung sollte die Exporte stützen, für die er bei sich gleichzeitig leicht belebender Weltwirtschaft einen Zuwachs von 4,7 Prozent erwartet. Das BIP der Bundesrepublik dürfte nach Bayers Analyse moderat um 1,0 Prozent zulegen. „Am Arbeitsmarkt sollte der Mindestlohn den Aufschwung jedoch bremsen, was durch die Einführung der Rente mit 63 noch verstärkt wird“, kritisiert der Experte gleich zwei Gesetze, die zum 1. Januar 2015 in Kraft traten. Ebenfalls bei 1,0 Prozent verharre 2015 die Inflationsrate, wobei das Risiko einer Unterschreitung dieser Marke überwiege. „Dämpfend wirken sich die niedrigen Rohstoffpreise aus, während von der erwarteten weiteren Abschwächung des Euro und einem stärkeren Anstieg der Löhne kompensierende Effekte ausgehen.“


Privater Verbrauch stärkt Euroraum

Optimistisch blickt Bayer auf den Euroraum: „Wir gehen davon aus, dass die Europäische Währungsunion (EWU) 2015 auf einen etwas höheren Wachstumspfad einschwenkt.“ Grund dafür sei insbesondere das erwartete breit angelegte Anleiheankaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) im ersten Quartal des Jahres. „Dies sollte dann das Vertrauen in die Wachstumsaussichten erhöhen, die Inflationserwartungen stabilisieren und zu einer weiteren Schwächung des Euro beitragen“, erwartet Bayer. „Zusätzliche Impulse sind von dem drastischen Rückgang des Ölpreises zu erwarten.“ Dieser – so die Rechnung des Experten – sollte zu einer Beschleunigung des Wachstums des privaten Verbrauchs auf 1,3 Prozent beitragen, der damit 2015 zum wichtigsten Impulsgeber würde. Die zuletzt auf 0,3 Prozent gefallene EWU-Inflationsrate könne aufgrund des Ölpreises in den kommenden Monaten durchaus auf null Prozent oder sogar leicht darunter fallen. Die konjunkturelle Belebung in Verbindung mit dem schwachen Euro sollte im Jahresverlauf jedoch für einen Anstieg der Kerninflation sorgen. „Für das Gesamtjahr 2015 rechnen wir deshalb wie 2014 mit einer Inflationsrate von lediglich 0,5 Prozent, wobei das Risiko eines weiteren Rückgangs nicht unerheblich ist.“

US-Wirtschaft ist breit aufgestellt

In den USA werde der konjunkturelle Aufschwung weitergehen: „Die Auftriebskräfte der US-Wirtschaft sind zum Jahreswechsel 2014/2015 außergewöhnlich breit aufgestellt, was dem Aufschwung eine hohe Robustheit verleihen sollte“, so der Postbank-Stratege. „Der private Konsum dürfte 2015 von der weiterhin deutlich steigenden Beschäftigung profitieren.“ Hinzu komme die erhebliche Entlastung der Verbraucher durch die niedrigen Energiepreise. „Insgesamt rechnen  wir damit, dass die US-Wirtschaft 2015 auf dem eingeschlagenen Wachstumspfad bleibt und trauen ihr ein BIP-Wachstum von 3,5 Prozent zu“, prognostiziert Bayer. Nach einem zwischenzeitlichen Anstieg ist die Inflationsrate aufgrund des Ölpreisrückgangs zuletzt auf 1,3 Prozent gefallen. Da Öl 2015 tendenziell unter dem Preisniveau von 2014 liegen sollte, geht Bayer von einem weiteren Abwärtsdruck auf das Preisniveau aus. Entsprechend dürfte die Inflationsrate von 1,7 Prozent auf 1,2 Prozent sinken.

Emerging Markets sind von Rohstoffpreisen abhängig

Schwierig ist eine Prognose für die Schwellenländer: „Im Jahr 2015 dürfte sich die ungewöhnlich starke Wachstumsdifferenzierung innerhalb der Gruppe der Schwellenländer fortsetzen“, ist Bayer überzeugt. „Dabei wird das niedrige Niveau der Rohstoffpreise eine bedeutende Rolle spielen.“ Dies werde sich für Länder, die von Rohstoffexporten abhängig sind, als Belastung erweisen. Rohstoffimportierende Staaten hingegen dürften Rückenwind erfahren. „Zu den letzteren zählen die meisten asiatischen Volkswirtschaften, für die wir im Durchschnitt ein Anziehen des BIP-Wachstums von 6,0 Prozent auf 6,2 Prozent erwarten“, so Bayer. „Eine bedeutende Steigerung der Wachstumsrate auf 6,5 Prozent erwarten wir insbesondere für Indien, zumal sich dort bereits eine Erholung des privaten Verbrauchs abzeichnet.“ Für die chinesische Wirtschaft rechnet Bayer hingegen aufgrund schwacher Bauinvestitionen zunächst mit einer weiteren Abkühlung, bevor mögliche Leitzinssenkungen und expansive Impulse seitens der Fiskalpolitik greifen. In Summe geht Bayer daher von einem Rückgang des chinesischen BIP-Wachstums auf 7,0 Prozent aus.

„Für Lateinamerika erwarten wir zwar eine Wachstumsbeschleunigung von 0,8 Prozent, womit der Kontinent sein Potenzial aber weiterhin nicht ausschöpfen wird“, sagt der Postbanker. Besonders in Brasilien bleibe die Entwicklung schwach. „Die brasilianische Regierung hat zwar Reformen versprochen, inwieweit diese umgesetzt werden, bleibt aber abzuwarten“, bemängelt Bayer. „Wir gehen deshalb von einem BIP-Wachstum von nur 0,7 Prozent aus.“ Russland sollte sogar eine Rezession durchlaufen: „Infolge des niedrigen Ölpreises und der anhaltenden Sanktionen dürfte die Wirtschaftsleistung um 0,9 Prozent sinken.“ Insgesamt rechnet Bayer für die Schwellenländer mit einer marginalen Steigerung des Wachstums auf 4,5 Prozent.


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