Prognose: weiter positiv

Nach Meinung von Léon Cornelissen, Senior Strategist im Economic and Financial Markets Analysis-Team von Robeco, haben die Aktienmärkte auf einige negative Nachrichten der jüngsten Zeit überreagiert. Das bescheidene positive Wachstum 2010 existiert immer noch, und risikobehaftete Anlagen dürften in diesem Jahr solide, wenn auch unspektakuläre Erträge bringen.

05.02.2010 | 11:50 Uhr


Die Märkte zitterten einige Tage. Die Kurse an den asiatischen Börsen fielen achtmal hintereinander, die schlimmste Situation seit fast acht Jahren. Seit dem Kurshoch im November ist der Hang-Seng-Index um fast 11 % gefallen, das heißt, es handelte sich um eine ausgewachsene Korrektur. Der VIX-Index, der sogenannte Angst-Index, schoss von etwa 18 Mitte Januar auf über 27 Punkte.

Man dürfe aber nicht die Gesamtlage aus den Augen verlieren, so Léon Cornelissen. Die globalen Aktien entwickeln sich dieses Jahr bisher seitwärts, so seine Meinung. Natürlich gebe es eine höhere Volatilität und die Erträge seien nicht identisch mit den Erträgen der letzten 9 oder 10 Monate. Rückblickend könne man aber nicht sagen, dass es eine wesentliche Marktverschlechterung gegeben habe. Er bekräftigt seine Prognose solider Kursgewinne bei Aktien im Laufe des Jahres 2010.

Die strengere Geldpolitik Chinas ist ein notwendiger Schritt, um nachhaltiges Wachstum zu sichern

Was steckt hinter der Korrektur? Léon Cornelissen verweist auf drei Hauptaspekte. Einmal die strengere Geldpolitik in China: Die chinesischen Behörden haben im Januar eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, beispielsweise höhere Reserveeinlagen der Banken gefordert, und einige Großbanken angewiesen, die Darlehensvergabe zu drosseln. Investoren fürchteten, dass die Erholung der chinesischen Wirtschaft durch eine Überreaktion der Behörden abgewürgt werden könnte.

Nach Ansicht von Léon Cornelissen sind die Maßnahmen jedoch sinnvoll. "Diese Maßnahmen sind angesichts des Darlehens-Booms notwendig, angesichts des starken wirtschaftlichen Wachstums sowie der steigenden Inflation und der Inflationserwartungen." Nach seiner Ansicht werden die Maßnahmen der chinesischen Behörden die Wirtschaftsentwicklung weiter etwas dämpfen, ohne die Erholung komplett abzuwürgen.

Bedenken in Südeuropa übertrieben

Der zweite Hauptgrund für die Krise waren die griechischen Staatsfinanzen. Die Anleihenmärkte waren so nervös, dass die Zinsspanne zwischen griechischen Staatsanleihen und den vergleichbaren deutschen Bundesanleihen eine Rekordmarke von 350 Basispunkten erreichte. Um diese Entwicklung zu beurteilen, sei darauf hingewiesen, dass der JP Morgan EMBI+-Index für Anleihen von Schwellenmärkten zum gleichen Zeitpunkt nur mit 297 bps über der Bewertung der US-Regierungsanleihen gehandelt wurde.

Wie Léon Cornelissen hervorhebt, hat die griechische Volkswirtschaft selbst keine besonders große Bedeutung. Dies ist jedoch der erste Test, wie solide die europäische Wirtschafts- und Währungsunion ist. Er ist zuversichtlich, dass dessen Struktur stabil ist und Griechenland nicht aus der Eurozone ausgeschlossen wird. Für eine so drastische Maßnahme gebe es keine politische Unterstützung.

Ähnlich liegt das Ausfallrisiko bei anderen Ländern in Südeuropa, beispielsweise Portugal und Spanien, die ähnliche Probleme wie Griechenland haben: Schlechte Staatsfinanzen, verschlechterte Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Deutschland und Frankreich und fehlende Mittel für die Rentenversicherung. Italien, das nicht so schwere Defizitprobleme hat, aber eine hohe Staatsverschuldung im Vergleich zum BIP, ist ebenfalls ein Problem.

Nach Ansicht von Léon Cornelissen sind die Sorgen jedoch übertrieben. "Wir brauchen eine gewisse Wiederherstellung des Vertrauens in Griechenland", gibt er zu, ist aber auch der Ansicht, dass dies das Ergebnis einer Mischung aus Sparmaßnahmen im Inland sowie externer Hilfe, wahrscheinlich vom Weltwährungsfonds, sein wird. Eine lange Sparphase mit interner Deflation für die Region erscheint unvermeidlich.

Trotz der jüngsten Schwäche verbessert sich das makroökonomische Bild weiter

Der dritte Faktor für die Entwicklung ist die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Erholung. Einige der jüngsten Daten waren in der Tat enttäuschend, und Sorgen über ein Abflauen der weltweiten Erholung bekamen wieder Oberwasser. In den USA beispielsweise sind der Einzelhandelsumsatz, der Verkauf von Gebrauchtimmobilien sowie die Daten für die Arbeitslosigkeit in jüngster Zeit alle hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Auch die BIP-Daten Großbritanniens für das vierte Quartal 2009 waren schlechter als prognostiziert.

Diese Zahlen reflektieren das fundamentale Bild jedoch nicht exakt. "Die zugrundeliegenden Trends deuten auf eine Erholung hin", so Léon Cornelissen: "Die wenigen schlechten Daten täuschen darüber hinweg, dass es eine Erholung am Arbeitsmarkt gibt, dass die Einzelhandelsumsätze wieder positiv sind, und dass sich der Immobilienmarkt stabilisiert." Insbesondere verweist er auf die ifo-Umfrage zum Vertrauen der deutschen Unternehmen, das sich demnach auch im zehnten Monat weiter erhöht hat. Léon Cornelissen rechnet mit einer weiteren zyklischen Festigung der wichtigsten Volkswirtschaften.

Andere Sorgen, die die schlechte Stimmung förderten, scheinen ebenfalls übertrieben zu sein. "Die unerwartet harten Maßnahmen, die beispielsweise der Volcker-Plan für die US-Banken vorsieht, haben noch einen langen Weg vor sich, bevor sie Gesetzeskraft erlangen", so Léon Cornelissen.

US-Erträge über den Erwartungen

Die Gesamtsituation ist also nicht ganz so schlecht. Die Erträge der Unternehmen sind positiv. Derzeit haben 158 Unternehmen des S&P 500-Index ihre Erträge gemeldet. Ungefähr 80 % davon übertrafen die Erwartungen der Analysten. "Dies ist das dritte Quartal, das wieder hervorragende Ertragsdaten liefert", so Léon Cornelissen. Dabei möchte er noch ergänzen, dass das Ertragswachstum von fast 30 %, das Analysten für 2010 vorhersagen, "in Reichweite" ist.

Dieser moderate, aber positive Ausblick für die Wirtschaft und die Ertragslage sollte sich in der Aktienkursentwicklung niederschlagen. "Die Renditen werden nicht die Erträge der letzten 10 Monate seit dem Markteinbruch im März 2009 widerspiegeln. 2010 dürfte aber mit guten Renditen bei risikobehafteten Anlagen zu rechnen sein", so Léon Cornelissen.

Er bleibt bei seiner Prognose, dass globale Aktien 2010 5 bis 15 % Rendite erzielen werden. Léon Cornelissen geht davon aus, dass die Risikoprämie - die zurzeit höher ist als im historischen Durchschnitt - fallen wird, sobald klar ist, dass die meisten Bedenken wegen der Wirtschaftslage übertrieben sind, und Verbraucher und Unternehmen wieder aktiv werden. Dieser Rückgang der erforderlichen Risikoprämie dürfte ein Stimulus für Kursanstiege bei Aktien sein.

Aktien und Unternehmensanleihen weiter bevorzugt

Infolgedessen hat sich die Einschätzung von Léon Cornelissen zu den verschiedenen Anlageklassen nicht verändert. Er bevorzugt weiterhin Aktien. Innerhalb dieser Anlageklasse haben Aktien aus Europa und den Schwellenmärkten die besten Aussichten. Bei den Wirtschaftsbranchen bevorzugt er Aktien von Unternehmen, die Naturressourcen ausbeuten, IT-Aktien und Industrieaktien. Immobilien sind weniger attraktiv als Aktien, Unternehmensanleihen dürften besser abschneiden als Regierungsanleihen. Rohstoffe bewertet Léon Cornelissen neutral.

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