Rationaler Überschwang? Animal Spirits, Robert Shiller und Donald Trump

Wir werden häufig von Anlegern gefragt, ob es gewagt ist, Ausschau nach ‘Episoden‘ als Investmentchancen zu halten. Könnte dies nicht letzten Endes nach hinten losgehen, wenn Anleger in Panik geraten?

03.02.2017 | 11:08 Uhr

Das kann es tatsächlich und Robert Shiller erläuterte in einer Rede vor zwei Wochen einige der Gründe dafür. Shiller hielt einen Vortrag bei der American Economic Association über „Narrative Economics“. Er sprach darüber, dass die Geschichten, die wir uns selbst erzählen und wie sie sich verbreiten, einen starken Einfluss auf die Geschehnisse in der Realwirtschaft haben. Dabei fokussierte er sich insbesondere auf die Rolle von Geschichten, wenn es darum geht, Bedingungen für eine Rezession zu schaffen.

Shiller schaute sich die Fallstudien der Rezession von 1920, der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren und der Finanzkrise im Jahr 2008 an und untersuchte, weshalb Privatpersonen und Unternehmen die Entscheidung treffen, weniger auszugeben – was letztendlich das Hauptmerkmal einer Rezession ist.

Er ging auf den Einfluss von Geschichten beim Vertiefen von Pessimismus und der Gestaltung von Erwartungshaltungen auf eine Art und Weise ein, die Wirtschaftsmodelle schlichtweg nicht erfassen können.

Solche Geschichten spielen nicht nur im Hinblick auf Rezessionen eine Rolle. Shiller selbst schrieb ausführlich über die Blasen am Häuser- und Aktienmarkt der späten 1990er Jahre. Oder man denke an Hyperinflation und Bank Runs, beides mächtige Wirtschaftskräfte, die davon getrieben werden, wie gewöhnliche Männer und Frauen die Zukunft wahrnehmen. Wenn wir gezeigt bekommen, wie Menschen in langen Warteschlangen ihre Einlagen abheben wollen oder wie Menschen in Einkaufsläden die Regale leer kaufen, kann das einen stärkeren Einfluss haben als sämtliche Daten.

Sind Geschichten wichtiger als je zuvor?

Da Donald Trump heute in sein Amt als Präsident der Vereinigten Staaten eingeführt wurde, kommt der Bedeutung der Erzählung eine große Aufmerksamkeit zu. Shiller beschreibt Donald Trump als „einen Meister der Erzählungen“ und ebenso wie über die Befürworter des Brexit sagt man häufig über diejenigen, die Trump wählten, dass sie sich von „populistischen“ Geschichten haben überzeugen lassen. Man bekommt das Gefühl, dass die Bedeutung von Geschichten so groß ist wie nie zuvor und wir haben in der Vergangenheit bereits darüber gesprochen, inwieweit das Ergebnis davon eine Polarisierung sein könnte.

Trumps Fähigkeit, Geschichten zu kontrollieren, wird für Wirtschaftswissenschaftler überaus interessant sein. Die Maßnahmen von Zentralbanken drehen sich wohl um den Versuch, die animalischen Instinkte zu verstärken: niedrigere Zinsen sollen uns dazu bringen, Geld zu verleihen, um die Produktionstätigkeit zu steigern, die Unterstützung von Banken dient der Wiederherstellung des „Vertrauens“ und bei der so genannten „Forward Guidance“ geht es um das Erwartungsmanagement.

Seltsamerweise und wohl gleichzeitig gibt es Anzeichen dafür, dass jetzt, wo Trump an die Macht kommt, die „Animal Spirits“ stärker werden. Das Geschäftsklima erholte sich bereits in vielen Teilen der Welt von den extremen Tiefstständen.

Vergleichbare Verbraucherdaten fallen hingegen schwächer aus und zeigen bisher geringere Verbesserungen. Gleichzeitig machten Allzeithöchststände bei US-Aktien Schlagzeilen.

In der letzten Zeit werden wir von den Anlegern gefragt: „Sind Anleger mit Blick auf Trump zu optimistisch?“ Wie wir bereits festgestellt haben, können die Kursbewegungen der jüngeren Vergangenheit nicht vollständig als Trump-getrieben erklärt werden. Darüber hinaus ist der Einfluss von Optimismus auf die Realwirtschaft äußerst komplex. Es gibt viele Menschen, die argumentieren, dass Trump viele seiner Versprechen aufgrund von Budgetbeschränkungen nicht einhalten kann. Dies ist jedoch nur aus der Perspektive von „unter sonst gleichen Bedingungen“ richtig. Falls Trump tatsächlich eine Verbesserung der Animal Spirits auslösen würde, dann hätte er durch das folgende Wachstum einen wesentlich größeren Spielraum.

Die Zusammenhänge zwischen Fundamentaldaten und Verhalten sind äußerst komplex, was einmal mehr begründet, weshalb das Prognostizieren von wirtschaftlichen Fundamentaldaten beinahe unmöglich ist (ein Gedanke, der eng mit George Soros‘ Theorie der Reflexivität in Verbindung steht). Anleger müssen die Komplexität akzeptieren, die durch Erzählungen entstehen kann und dabei vermeiden, auf gelegen kommende Geschichten hereinzufallen, die häufig zu schlechten Anlageentscheidungen führen.

 

Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um Archivinformationen handelt. Sie sind nicht als aktuelle Ansichten oder Einschätzungen, sondern nur als historische Angaben zu verstehen.

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