RBC BlueBay AM: „Japans Ausstieg aus der Hotel-California-Geldpolitik“
Den aktuellen Stand bei der geldpolitischen Normalisierung in Japan analysiert Mark Dowding, Fixed Income CIO bei RBC BlueBay Asset Management. In den USA hält er 2025 sowohl Zinssenkungen als auch -erhöhungen für möglich.22.11.2024 | 12:04 Uhr
Hier sein aktueller Marktkommentar:
„Unmittelbar nach den US-Wahlen hatten die Marktschwankungen nachgelassen. Es ist interessant, dass sich die US-Anleiherenditen und -Aktienindizes im Vergleich zu den Niveaus unmittelbar vor der Abstimmung nicht wesentlich verändert haben. Die Bewegungen im Monat zuvor waren bemerkenswerter.
Viele Anleger hatten mit einem sehr knappen und möglicherweise nicht eindeutigen Ergebnis gerechnet. Man hatte das Gefühl, dass die Marktteilnehmer die Wahl im Vorfeld so sehr aufgebauscht hatten, dass eine daraufhin nachlassende Volatilität fast unvermeidlich war.
Da die Wirtschaftsdaten nach wie vor positiv sind, wird die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wahrscheinlich im Dezember dieses Jahres oder im Januar 2025 die vorerst letzte Zinssenkung des Minizyklus vornehmen und dann signalisieren, dass die Zinsen für eine gewisse Zeit auf Eis gelegt werden. So werden die Währungshüter zunächst die Maßnahmen von Donald Trump und seinem Team bewerten, bevor sie im Jahr 2025 weitere Schritte unternehmen.
Einerseits sind deutliche weitere Zinssenkungen möglich, sollten sich die Konjunktur abschwächen und die Rezessionsgefahr wieder aufflammen. Es ist jedoch genauso gut möglich, dass die Fed im nächsten Jahr um diese Zeit aufgrund von Inflationsrisiken eine Zinserhöhung vornimmt.
In Japan deutet die Analyse der wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung darauf hin, dass die Alterung der Bevölkerung inflationäre Wirkung hat – und keine disinflationäre, wie es in den vergangenen Jahrzehnten Konsens war: Ein Rückgang des Arbeitskräfteangebots führt zu einem Wettbewerb um Arbeitskräfte und treibt damit die Löhne in die Höhe. Im vergangenen Jahrzehnt trugen die steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und die zunehmende Beschäftigung älterer Menschen dazu bei, den sich abzeichnenden Arbeitskräftemangel zu überdecken.
Die Erwerbsbeteiligung nimmt jedoch jenseits des 75. Lebensjahres stark ab. Und da die japanische Frauenerwerbsquote bereits eine der höchsten in den G7-Staaten ist, lässt sich ein Rückgang des Arbeitsangebots nicht mehr vermeiden.
In den Shunto-Lohnverhandlungen im ersten Quartal 2025 dürfte unserer Ansicht nach ein Plus von mehr als 5 Prozent herauskommen – eine Einschätzung, die von vielen politischen Entscheidungsträgern und inländischen Investoren geteilt wird.
Es wird davon ausgegangen, dass höhere Löhne die Inflation bei oder über 2 Prozent halten können. Wir rechnen damit, dass die Bargeldzinsen Ende nächsten Jahres 1,00 Prozent erreichen werden, und halten eine Zinserhöhung auf 0,5 Prozent im Dezember 2024 oder möglicherweise im Januar 2025 für wahrscheinlich.
Früher wurde die Politik der Zinskurvenkontrolle als ‚Hotel California‘ bezeichnet: Man kann leicht einchecken, kommt aber kaum wieder raus. Daher ist die Bank of Japan (BoJ) sehr zufrieden, dass der Ausstieg bisher reibungslos verlaufen ist.
Weniger unkompliziert war die Reaktion der Marktteilnehmer auf die Zinserhöhung der BoJ im August. Diese hat zu der Befürchtung geführt, dass sich die Geschichte wiederholen könnte. Schließlich ist die Marktliquidität im Dezember ähnlich niedrig.
Allerdings sind Carry Trades aktuell nicht mehr so verbreitet wie zuvor. Daher dürften die Auswirkungen eher gering sein. Darüber hinaus erwarten wir, dass sich die BoJ ein Beispiel an der Fed nimmt und ihre Absichten vor jeder geldpolitischen Sitzung viel deutlicher kommuniziert. Die Geldpolitik muss Überraschungen vermeiden. Wir hoffen, dass die japanischen Währungshüter in dieser Hinsicht auf die Marktteilnehmer hören.“
Den vollständigen Kommentar in englischer Sprache entnehmen Sie bitte dem Anhang.