Robeco: KI trifft SI - Nachhaltiges Investieren kann von künstlicher Intelligenz profitieren

Künstliche Intelligenz (KI) gilt als der größte Fortschritt des 21. Jahrhunderts. Doch kann KI auch dazu beitragen, unsere Welt nachhaltiger zu machen? Ja, sagt Quant-Experte Mike Chen. Er glaubt, dass die Entwicklung von KI für die Lösung der größten Herausforderungen der Welt nicht weniger bedeutend ist wie die erste Landung auf dem Mond.

02.11.2023 | 14:46 Uhr

Zusammenfassung

  1. KI kann eingesetzt werden, um Klimamodellierungen zu erstellen und erneuerbare Energien weiterzuentwickeln.

  2. KI kann für Verbesserungen in den Bereichen Gesundheit und Bildung sorgen sowie dazu beitragen, die SDGs zu erreichen.

  3. Regulierung ist erforderlich, um den Schattenseiten und einem potenziellen Missbrauch von KI entgegenzuwirken.

Wenn künstliche Intelligenz (KI) auf nachhaltige Investments (SI) trifft, besteht der größte Nachteil darin, dass KI im Wesentlichen nichts anderes ist als ein Computeralgorithmus, der im digitalen bzw. virtuellen Raum arbeitet, während bei nachhaltigen Investments vor allem physische Aspekte im Vordergrund stehen, beispielsweise der Bau von Windturbinen oder der Schutz der Artenvielfalt.

Beim maschinellen Lernen (ML) geht es im Wesentlichen darum, Muster zu erkennen. Dabei werden Daten extrapoliert, um Anomalien zu erkennen, Potenziale für Effizienzsteigerungen zu identifizieren und letztlich künftige Trends vorherzusagen. Ein einfaches Beispiel dafür ist beim Schreiben von Nachrichten auf dem Smartphone die automatische Textvervollständigung, die aus Ihren Tippgewohnheiten lernt, oder die Spam-Detektoren in E-Mail-Programmen.


Auch wenn sich Algorithmen auf die digitale Welt beschränken, sieht Mike Chen, Head of Alternative Alpha Research bei Robeco, enorme Potenziale, sie für nachhaltige Investments zu nutzen – beispielsweise um Klimamodellierungen zu erstellen, die Abholzung von Wäldern aufzudecken, die Gesundheitsversorgung und Bildung zu verbessern oder die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zu erreichen.

Tatsächlich bestehen im ganzen ESG-Spektrum Anwendungsmöglichkeiten in jedem einzelnen Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekt, erklärt Chen. Beginnen wir einfach beim Faktor Umwelt („E“):

E: Die Umwelt schützen

„Der Klimawandel zählt zu den größten Herausforderungen, vor der die Menschheit je stand“, so Chen. „Das Apollo-Programm, mit dem erstmals ein Mensch auf dem Mond landete, war eine gewaltige Herausforderung, für deren Bewältigung es ein ganzes Heer an Wissenschaftlern und Ingenieuren brauchte, das mit der Regierung zusammenarbeitete. Das ist beim Klimawandel nicht anders: Die Regierung muss die Führung übernehmen, doch ohne die Wissenschaftler, Hochschulen und NGOs geht es nicht.“

„KI ist in der Lage, bei der globalen Klimamodellierung komplizierte Muster in sehr großen Datensätzen zu erkennen. Und das ist wahrscheinlich der zentrale Punkt, warum KI uns helfen kann. Mithilfe von KI können wir Meeresströmungen und ihre Sonnenreflexion in der Atmosphäre untersuchen, oder auch Jetstreams – alles Teil eines großen, zusammenhängenden Systems.“

„Wenn wir Satelliten- oder Drohnenfotos von Regenwäldern oder anderen Schutzgebieten haben, kann KI außerdem eingesetzt werden, um Muster zu analysieren, Anomalien zu erkennen und illegale Aktivitäten aufzudecken.“

Erneuerbare Energien weiterentwickeln

Chen glaubt, dass KI auch hinter den Kulissen eine Rolle bei der Entwicklung erneuerbarer Energien spielen kann und somit in der Lage sein könnte, die von KI selbst erzeugten Emissionen, die beim Training und Betrieb von KI-Algorithmen entstehen, auszugleichen. Die Nutzung von Computern ist für 2 % des gesamten weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich – also mehr als die Luftfahrtindustrie. Zurzeit sind es noch hauptsächlich fossile Brennstoffe, mit denen KI betrieben wird.

„Maschinelles Lernen und die Verarbeitung natürlicher Sprache (Natural Language Processing, NLP) sind natürlich nicht in der Lage, selbst loszuziehen und eine Windturbine zu bauen“, erläutert Chen. „Aber bevor man sie baut, muss entschieden werden, wo sie installiert werden soll, wie und mit welcher Technologie sie gebaut wird, und welche Vorteile und Fallstricke zu erwarten sind. Man muss außerdem wissen, welche Generatoren oder Magnete in die Windturbinenmotoren eingebaut werden sollen. Das Ganze erfordert hochkomplizierte Analysen, die mithilfe von KI optimiert werden können.“

Außerdem haben wir das Problem, dass Windturbinen bei Windstille ebenso wenig funktionieren wie Solaranlagen in der Nacht, weshalb für diese Ausfallzeiten Reservestrom gespeichert werden muss. 30 % aller Investitionen, die erforderlich sind, um bis 2050 das Netto Null-Ziel zu erreichen, entfallen auf den Aufbau eines neuen Stromnetzes.

„Wir müssen eine Art Batteriesystem schaffen, weil erneuerbare Energien weniger verlässlich verfügbar sind als fossile Brennstoffe“, erläutert Chen. „Welches sind also die optimalen Standorte für diese Batterien? Und wie baut man ein optimales Batterienetz auf? Den Energiebedarf unserer Gesellschaft zu decken und den sporadischen und zyklischen Charakter der erneuerbaren Energien zu überwinden – das sind nur einige der vielen Probleme, bei denen uns KI helfen kann.“

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