Schroders: Ausblick 2018 - Europäische Unternehmensanleihen

Wir rechnen für 2018 mit einigen Phasen, in denen höhere Wertschwankungen die Gelegenheit bieten, attraktive Unternehmensanleihen relativ günstig zu erwerben.

19.12.2017 | 09:20 Uhr

Für den Großteil des Jahres 2017 beobachteten wir erhöhte Marktbewertungen, die durch Zentralbankmaßnahmen und eine weltweit bessere Wachstumsdynamik gestützt wurden. Bis in den Dezember hinein wiesen die Bewertungen nur wenig Spielraum auf, um die Anleger für unerwartete Risiken zu entschädigen.

Wir beobachten gegenwärtig eine anhaltende zyklische Erholung der Weltwirtschaft. Die Daten deuten darauf hin, dass Europa den Höhepunkt des Konjunkturzyklus erreicht hat. Angesichts des zurzeit starken Wachstums der Region ist das Aufwärtspotenzial für Europa wohl eher begrenzt.

Die US-Wirtschaft hat sich als widerstandsfähig erwiesen – und das, obwohl Zweifel an der Fähigkeit der Trump-Regierung laut wurden, die versprochenen Wirtschaftsreformen in die Tat umzusetzen. Sollten Fortschritte bei der Umsetzung der Reformen erkennbar werden (worauf einiges hindeutet), so könnte der US-Konjunkturzyklus über das Jahr 2018 hinaus anhalten. Die Auswirkungen auf die Inflation müssten jedoch genau im Auge behalten werden.

Die Schwellenländer wiesen eine gute Wertentwicklung auf, insbesondere in Lateinamerika. Bedingt war dies durch lokale politische und wirtschaftliche Reformen, das globale Wirtschaftswachstum und eine vorsichtige und progressive Normalisierung der Geldpolitik der US-Notenbank Fed.

Geldpolitischer Richtungswechsel der Notenbanken

Die Zentralbanken haben einen sehr allmählichen Richtungswechsel eingeleitet. Die Vorreiterrolle spielt hierbei die Fed, die gegenwärtig die Zinsen erhöht und ihre Bilanz reduziert. Der Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik ist weltweit im Gange, geht aber sehr langsam vonstatten.

Diese Entwicklung wird voraussichtlich auch 2018 anhalten, wofür vor allem Wachstum und Inflation verantwortlich sein dürften. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn die US-Regierung die Steuern senkt. Wir gehen davon aus, dass die Fed an ihrem aktuellen Kurs festhalten wird.

Die Europäische Zentralbank EZB wird sich dem Ende der quantitativen Lockerung im Schneckentempo nähern und dürfte gegenüber Anzeichen schwächerer Wirtschafts- und Inflationsdaten überaus wachsam bleiben.

Obwohl die Bank of England durch Zinsanhebungen signalisiert hat, dass eine Normalisierung geplant ist, werden die Maßnahmen aller Voraussicht nach durch die Schwierigkeiten rund um den Brexit und die Entwicklung des britischen Pfunds und der Inflation gelenkt werden.

Das Wachstum, das seinen Höhepunkt erreicht haben dürfte, und die disinflationäre Wirkung von Globalisierung und Technologie sprechen weiterhin gegen gemeinsame Anstrengungen der Zentralbanken. Andererseits könnten das anhaltende Beschäftigungswachstum und das Potenzial für beträchtliche Steuersenkungen in den USA die Inflation in die Höhe treiben.

Der Konsens geht zwar von einer niedrigen Inflation aus, wir erkennen jedoch ein Aufwärtspotenzial. Der Konsens in Europa lautet dahingehend, dass die EZB die lockeren Zügel sehr allmählich straffen wird. Der Markt dürfte daher bei jeder vermeintlichen Tonänderung der EZB die Ohren spitzen. Insgesamt werden die Zinsen 2018 wohl kaum deutlich anziehen. Wenn sich sonst nichts ändert, dürften allmählich steigende Zinsen von den Anleiheinvestoren begrüßt werden.

Fundamentaldaten der Unternehmensanleihen

Die höheren Gewinne in Europa und eine gewisse Schuldenreduzierung haben im vergangenen Jahr zu einer nachlassenden Verschuldung (Schulden in den Bilanzen der Unternehmen) sowohl bei qualitativ hochwertigen als auch schwächer eingeschätzten Unternehmensanleihen geführt.

Da das Wachstum in Europa sein Maximum wohl erreicht hat, könnte ein langsameres Wachstum für die Unternehmensgewinne ein Abwärtsrisiko darstellen und zu einer höheren Verschuldung führen, wenn auch von einem positiven Ausgangspunkt aus. Obwohl wir zu diesem Zeitpunkt keine nennenswerte Verlangsamung der Wachstumsdynamik erwarten, würden negative Gewinnrevisionen für Wertschwankungen sorgen, falls die Bewertungen weiter auf ihrem hohen Niveau verharren.

Großbritannien steht durch den Brexit zweifellos vor Herausforderungen. Bislang haben wir jedoch noch keinen beträchtlichen Anstieg bei den Gewinnwarnungen verzeichnet, und dies trotz höherer Inflation und strengerer aufsichtsrechtlicher Bestimmungen. Dies spricht dafür, dass die Unternehmen weiterhin sehr widerstandsfähig sind. Die Unwägbarkeiten rund um den Brexit werden die Unternehmen sicherlich von Investitionen abhalten, was die bereits niedrige Produktivität noch weiter belasten könnte. Die Annahme, dass der Brexit die Gewinne auch 2018 belasten wird, scheint gerechtfertigt.

Wählerisch bei der Anleiheauswahl

Angesichts der allgemein hohen Bewertungen gibt es für unerwartete Risiken nur wenig Entschädigung. Somit halten wir weitere Wertschwankungen für wahrscheinlich. Bieten die Fundamentaldaten der Wirtschaft und der Anleihen im Allgemeinen weiterhin Unterstützung, so dürften Wertschwankungen Chancen für den relativ günstigen Kauf von hochwertigen Anleihen bedeuten.

Tiefgreifendes Anleiheresearch ist hier entscheidend, um diese Chancen zu identifizieren und die Widerstandsfähigkeit der Geschäftsmodelle von Unternehmen gegenüber zukünftigen Herausforderungen zu identifizieren. So dürften zum Beispiel die Unsicherheiten rund um den Brexit eine Belastung für britische Unternehmen darstellen. Dies hat die Anlegerstimmung gegenüber dem britischen Markt für Unternehmensanleihen eingetrübt. Wir glauben, dass sich hier attraktive Chancen für die Anlage in auf britische Pfund lautenden Unternehmensanleihen auftun werden, sowohl bei qualitativ hochwertigen als auch schwächer eingestuften Anleihen ausgewählter Emittenten, deren Fundamentaldaten wir als robust erachten.

Risiken und Chancen

Wir erkennen bereits eine steigende Verschuldung auf dem Darlehensmarkt, was gemeinsam mit lockereren Anlegerschutzbedingungen (Covenants) für ein spätes Stadium im Kreditzyklus spricht. Darüber hinaus schafft eine lockere Geldpolitik lockere Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen. Da wir uns in einem fortgeschrittenen Stadium im Wachstumszyklus befinden, werden Unternehmen versucht sein, die Phase des Wachstums durch Fusionen und Übernahmen (M&A) zu verlängern. Die M&A-Aktivitäten in Europa waren 2017 verhalten. Selbst in den USA, wo – relativ gesehen – mehr Fusionen und Übernahmen getätigt wurden, war zuletzt ein Rückgang der M&A-Aktivitäten zu verzeichnen.

Dennoch bleiben wir im Hinblick auf Anzeichen eines etwaigen Anstiegs wachsam. Unseres Erachtens spricht nur wenig dafür, dass das Neuemissionsvolumen 2018 beträchtlich zunehmen wird. Allerdings glauben wir, dass die Anleger bei der Qualität von Neuemissionen wählerischer sein werden.

Der Markt bietet nur wenig Spielraum bei den Bewertungen, der für unerwartete Risiken entschädigen würde. Sehen wir von makroökonomischen Faktoren einmal ab, hält Italien 2018 eine Parlamentswahl ab, während in Deutschland und Spanien die politische Unsicherheit voraussichtlich anhalten wird. Der Konflikt um die Entwicklung von Atomwaffen in Nordkorea dürfte anhalten und den USA und regionalen Verbündeten schlaflose Nächte bereiten. Derartige systematische Risiken dürften zu kurzfristigen Wertschwankungen führen und müssen genau im Auge behalten werden.

Gegenüber europäischen Anleihen bleiben wir optimistisch. Allerdings nähern wir uns wohl dem Höhepunkt des Konjunkturzyklus, die Zahlungsausfälle sind sehr gering und die Bewertungen nahezu auf Höchstniveaus, mit wenig Entschädigung für unerwartete Risiken. Somit ist davon auszugehen, dass die Wertschwankungen in Zukunft wieder auf „normalere“ Niveaus hinzubewegen werden. Dadurch käme es bei den kurzfristigen Renditen zu mehr Streuung; allerdings würden sich auch mehr Chancen ergeben, um durch aktives Management und die Titelauswahl Mehrwert zu schaffen.

 

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Der Beitrag wurde am 14.12.17 auch auf schroders.com veröffentlicht.

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