Schroders: Ausblick internationale Aktien

Besonders gute Anlagechancen bieten sich 2019 in Branchen, in denen sich erhebliche Umbrüche vollziehen.

27.12.2018 | 13:30 Uhr

Das Weltwirtschaftswachstum blieb 2018 weitgehend stabil, verläuft aber nicht mehr so synchron wie 2017. Die US-Wirtschaft wächst weiterhin kräftig, während sich in der Eurozone und in China die Konjunktur abgekühlt hat. Auch Japan konnte nicht mit den USA Schritt halten. In Großbritannien wächst die Wirtschaft nach wie vor nur schleppend und eine etwaige Verbesserung des Geschäftsklimas hängt weiter von der Entwicklung in puncto Brexit ab.

Gleichzeitig wird weltweit die Geldpolitik gestrafft, indem die Zentralbanken dem Markt ihre langjährige Unterstützung entziehen. Dieser Trend war klar absehbar, doch nach fast einem Jahrzehnt außergewöhnlich niedriger Zinsen werden die mit höheren Zinsen und einer hohen Unternehmensverschuldung verbundenen Risiken an den Aktienmärkten vielfach auf die leichte Schulter genommen. Tatsächlich ist das eine der „unausweichlichen Anlagewahrheiten” von Schroders für das kommende Jahrzehnt.

Die beste Planung ...

Höhere Fremdfinanzierungskosten sind nicht das einzige Risiko für die Rentabilität und die Bewertungen. Ganz allgemein sind steigende Arbeits-, Energie- und sonstige Geschäftskosten zu verzeichnen. Gleichzeitig beeinträchtigt der Trend hin zum Protektionismus die Effizienz der für die Güterproduktion erforderlichen Prozessabfolge, der sogenannten Lieferkette. Eine Ära niedriger Kosten war eines der hervorstechenden Kennzeichen der längsten US-Hausse1 der Geschichte – doch jetzt sehen wir klare Anzeichen für einen Lohn- und Kostendruck. Die Lohnerhöhung von Amazon auf 15 US-Dollar pro Stunde und die vor Kurzem von Caterpillar veröffentlichte Erwartung höherer Rohmaterialkosten sind in dieser Hinsicht Meilensteine, die offenbar eng mit Zoll- und Handelseffekten zusammenhängen. Insbesondere in den USA dürfte die Rentabilität in den Jahren 2019 und 2020 allmählich auf längerfristige Durchschnitte sinken.

Das aktuelle Umfeld macht Planungen der Unternehmen ungewöhnlich schwierig, und wir rechnen im kommenden Jahr mit weiteren Überraschungen in Sachen Rentabilität. Die aggressive Handelspolitik der USA seit Beginn des Jahres bedroht weiterhin das störungsfreie Funktionieren der Wirtschaft und den reibungslosen Warenverkehr rund um den Globus. Unternehmen, die in hohem Maße auf Zulieferungen aus China angewiesen sind, könnten 2019 mit Zöllen von 25 % auf Exporte in die USA konfrontiert sein. Genauso gut könnte ein Handelsabkommen mit niedrigeren Schranken als zuvor zustande kommen. Dies sind sicherlich zwei sehr unterschiedliche Kosten- und Geschäftsszenarien, was den Unternehmen die Planung extrem erschwert.

Aufgrund des Zeitbedarfs für eine ordentliche Bewertung von Zulieferern oder den Bau von Werken an neuen Standorten können Lieferketten vielfach nicht schnell umgestellt werden. Es ist gut möglich, dass Unternehmen, die Investitionen zur Vermeidung oder Begrenzung von Unterbrechungen in der Lieferkette getätigt haben, mit einem Aufschlag gehandelt werden. Aufgrund all dieser Faktoren ist der Gewinnausblick mit mehr Unsicherheiten als gewöhnlich behaftet.

Die Marktkorrektur zu Beginn des vierten Quartals deutet darauf hin, dass die Anleger die Handelsprobleme nicht mehr so gelassen sehen wie zuvor. Die Aktienbewertungen sind, gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)2, auf ihre längerfristigen Durchschnitte oder darunter gefallen. Doch das KGV ist nicht die einzige Bewertungskennzahl. Wenn anhaltende Handelskonflikte oder eine Rezession die Gewinne auf Talfahrt schicken, sind attraktivere KGVs ein schwacher Trost. Ein solches Umfeld könnte den überschuldeten Unternehmen, die wir oben erwähnten, große Probleme bereiten.

Wir nehmen gegenüber Unternehmen, die hoch verschuldet sind oder die Preise nicht erhöhen können, um höhere Kosten auszugleichen, generell eine vorsichtige Haltung ein. Zurzeit ist der Telekommunikationssektor unseres Erachtens das beste Beispiel für einen solchen Sektor.

Umbrüche und Chancen

Es erfordert einen aktiven Ansatz und ein genaues Verständnis der Fundamentaldaten der Unternehmen, um die Unternehmen zu identifizieren, die am besten dafür gewappnet sind, diese neue Phase des Geschäfts- und Konjunkturzyklus zu meistern – oder sogar aufzublühen.

Unseres Erachtens bietet die aktuelle Phase des Umbruchs in vielen Branchen erhebliche Anlagechancen. Wir bevorzugen viele dieser interessanten disruptiven Unternehmen und sind davon überzeugt, dass weiterhin viele dieser Aktien attraktiv sind, da der Aktienmarkt beständig die wahren langfristigen Wachstumsaussichten erstklassiger Wachstumsunternehmen einpreist.  

Sowohl für die Unternehmen als auch für die Anleger kommt es weiterhin darauf an, auf der richtigen Seite des Umbruchs zu stehen. Wir konzentrieren uns auf die Identifikation der Unternehmen, die zu langfristigen Investitionen bereit sind, auf Veränderungen eingestellt sind und mit ihren Geschäftsmodellen nachhaltig wachsen können.

Betrachten wir beispielsweise die Verschiebung der Nachfrage von fossilen auf erneuerbare Energieträger. Die Preise fossiler Energieträger sind – bis auf eine Korrektur in jüngster Zeit – gestiegen, da die Branche in den Jahren 2015 bis 2017 weniger investierte, was auf die niedrigeren Preise für Energie (und andere Rohstoffe) zu Beginn des Jahrzehnts zurückzuführen war. Der Anstieg der Preise fossiler Energieträger und die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit erneuerbarer Energien machen alternative Energietechnologien zunehmend wettbewerbsfähig. Wir erwarten, dass sowohl erneuerbarer Strom als auch Elektrofahrzeuge in steigendem Maße gefragt sein werden. Wir halten weiter nach guten Unternehmen Ausschau, die an diesem langfristigen Wachstum partizipieren können, und meiden die wettbewerbsintensivsten Bereiche dieser Branchen ebenso wie Unternehmen, die keine einzigartige Dienstleistung anbieten.

Zu unseren Favoriten zählen auch einige Konsum- und Technologietitel. Die Wettbewerbslandschaft in den Branchen Content und Medienkonsum verändert sich rasch. Dies schafft eine Fülle von Chancen, insbesondere in den Bereichen soziale Medien, Musik und Spiele. Teilweise erscheinen die Bewertungen in diesen Segmenten hoch, doch unseres Erachtens unterschätzt der Markt die Fähigkeit einiger Unternehmen, ihre Geschäftsaktivitäten zu erweitern und / oder mit der Monetisierung von Content ihren langfristigen Wachstumskurs zu festigen.

1. Eine Hausse wird allgemein als ein Markt definiert, der im Laufe der Zeit steigt und nicht mehr als 20 % gegenüber seinem in diesem Zeitraum erzielten Höchststand nachgibt.

2. Kennzahl zur Bewertung der Aktien eines Unternehmens. Das KGV wird berechnet, indem der aktuelle Aktienkurs durch den Gewinn je Aktie dividiert wird.

Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders oder anderen Marktteilnehmern ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar. Der Beitrag wurde am 27.12.18 auch auf schroders.com veröffentlicht.

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