Schroders: In welcher Phase des Stimmungszyklus befindet sich China?

China hat nach der Abkühlung seiner Wirtschaft und der Mini-Abwertung seiner Währung erneut für Schlagzeilen gesorgt. Die Volatilität an den Finanzmärkten ist gestiegen, aber wie geht es jetzt weiter und wie sollten Anleger reagieren?

29.10.2015 | 11:09 Uhr

Der chinesische Stimmungszyklus

Laut den aktuellen Daten schwächt sich das chinesische Wirtschaftswachstum ab. Da China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist und das globale Wachstum derzeit bestenfalls mäßig ist, hat die Unruhe der Anleger zugenommen. Dieser Umstand hat an den Märkten weltweit zu einer Korrektur geführt.

Für die Anleger kann die Entscheidung über ihren nächsten Schritt schwierig sein: Erholen sich die Märkte wieder oder geben sie weiter nach? Ist das Schlimmste überstanden oder stehen uns noch weitere Probleme bevor? In Zeiten wie diesen kann die Analyse von Konjunkturdaten nützlich sein. Spiegeln die Daten allerdings lediglich die aktuelle Situation wider, wird die Entscheidungsfindung für Anleger schwierig.

Ein anderer Ansatz besteht darin, China aus Sicht des Stimmungszyklus zu beurteilen.Die obige Abbildung illustriert die Entwicklung von China im Verlauf des Zyklus. Ausgehend von dieser Analyse wird es noch dauern, bis die Anleger wieder mit Zuversicht kaufen können.

Wie weit ist China von der Kapitulation entfernt?

Anleger sollten Anlagen dann kaufen, wenn die Phase des „außer Mode gekommen seins“ vorüber ist und genau dann verkaufen, wenn die Phase des „blinden Vertrauens“ beginnt.Derzeit befindet sich China in der „Akzeptanz“-Phase des Zyklus. Zur „Kapitulation“ ist es bisher nicht gekommen, doch die Wirtschaft könnte vor einer neuen Hausse noch viele Jahre lang „aus der Mode“ bleiben.

Wir meiden chinesische Anlagen und auch andere Anlagen, die von der chinesischen Wirtschaft abhängig sind. „Aus der Mode“ war China während der Demonstrationen auf dem Tiananmen-Platz im Jahr 1989, bei der Währungsabwertung 1993 und während der Asienkrise von 1997.

Die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft.

Seitdem hat sich die Wirtschaft des Landes bis zur Unkenntlichkeit gewandelt, da die Reformen von 1990 allmählich Früchte trugen und das Land dadurch in die Phase der „ersten Anerkennung“ eingetreten war. Dank des kräftigen Wachstums zwischen 2002 und 2007 hat China die positiven Zyklusphasen durchlaufen.

Nach seiner schnellen Erholung von der globalen Finanzkrise hat sich der Glaube gefestigt, dass die chinesische Wirtschaft wirtschaftlichen Erschütterungen standhalten kann. Das erfolgreiche Überstehen einer Krise ist häufig das letzte Ereignis vor der Phase des „blinden Vertrauens“. So begannen die Anleger damit, die chinesischen Wachstumsprognosen zu akzeptieren, ohne sie zu hinterfragen.

Dabei vergaßen die Anleger, dass es die Reformen der 1990er-Jahre waren, die den Grundstein für die Jahre des Wohlstands gelegt haben und nicht die plötzliche Fähigkeit, ein Wachstum zu erzeugen, indem man einfach vorgibt, dass das „BIP 7 % betragen“ wird.

Durch dieses „blinde Vertrauen“ übersehen die Anleger Warnsignale wie etwa die wachsende Kreditblase (die die Erholung nach der globalen Finanzkrise ausgelöst hat), bis die Vermögenswerte schließlich so stark an Wert verlieren, dass dies nicht mehr ignoriert werden kann.

Rohstoffe waren die ersten Anlagen, die auf die wirtschaftliche Schwäche Chinas reagierten, woraufhin für die Anleger in die Phase der „Anerkennung“ übergingen. Allerdings dauerte es noch bis zum Aktienmarkteinbruch Mitte 2015 und der Mini-Währungsabwertung im August, bis die Anleger vollständig registrierten, dass sich die Fundamentaldaten verschlechtert hatten.

Welchen Weg schlägt China nun ein?

Die Zyklusphasen sind zeitlich proportional zueinander, auch wenn das Verhältnis zwischen ihnen kein exaktes ist. China hat zehn Jahre von der Phase „aus der Mode“ bis zum „neuen Paradigma“ und danach sieben Jahre bis zur „Akzeptanz“-Phase gebraucht.

Die Anleger haben China noch nicht vollständig aufgegeben und das Land wird als Anlageziel vor allem noch eine Zeit lang „aus der Mode“ bleiben, bis die gemachten Fehler beseitigt sind.Dies lässt sich leicht mit Insolvenzen und Reformen erreichen oder, weitaus langsamer, durch die Stützung schwächelnder Institute mit endlosen neuen Krediten. Letzteres ist kurzfristig weniger schädlich und politisch wahrscheinlich eher akzeptabel, wird aber extrem lange dauern. Egal, für welchen Weg sich China entscheidet: aus Stimmungssicht ist das Land noch nicht über den Berg.
 
Die hierin geäußerten Ansichten und Meinungen stammen von Malcom Melville und stellen nicht notwendigerweise die in anderen Mitteilungen, Strategien oder Fonds von Schroders ausgedrückten oder aufgeführten Ansichten dar.

Diesen Beitrag teilen: