Schroders: Inflation gewinnt an Fahrt - Welche Sektoren könnten profitieren?

Wir berichteten im vergangenen Jahr, dass wir mit einer baldigen Rückkehr der Inflation in Europa rechnen und dass Banken dabei wahrscheinlich zu den größten Profiteuren gehören würden. Da sich die Anzeichen für eine Inflation immer stärker manifestieren, stellt sich die Frage: Welche anderen Sektoren sollten Anleger jetzt in Erwägung ziehen?

23.03.2017 | 12:10 Uhr

Inflation nistet sich ein

Nach den jüngsten Daten lag die Inflation in Großbritannien im Januar 2017 bei 1,8 % und damit nahe am Ziel der Bank of England. Auch die Inflation in der Eurozone wird im Januar auf 1,8 % geschätzt. Die globale Konjunktur scheint sich gerade einheitlich im Aufwind zu befinden. Das schlägt sich insbesondere im Euroraum in einem positiven Trend nieder.

Auch gibt es Belege dafür, dass sich die höhere Inflation einnistet und mehr ist als der rohstoffgetriebene Ausschlag nach oben, den viele Kommentatoren vermuten. Bezeichnenderweise stellen wir fest, dass in letzter Zeit viele Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen (wie Reifen, Nahrungsmittel und Zement) über Preiserhöhungen für den Endverbraucher sprechen, um ihre Gewinne zu schützen.

Auch beschränkt sich dieses Phänomen nicht allein auf Europa: Der chinesische Produzentenpreisindex (PPI) ist erstmals seit 2012 positiv und die Lohninflation drückt weiter auf die Gewinnspanne, was die Preisstellung zu einem zentralen Thema auf Geschäftsleitungsebene macht.

Zeit, sich bei Telekommunikationsfirmen einzuwählen

Die Telekommunikationsbranche dürfte unserer Ansicht nach nun am meisten von der Inflation profitieren. Der in Ungnade gefallene Sektor gehörte 2016 zu den schlechtesten an den europäischen Märkten, da Anleger Telko-Unternehmen fälschlicherweise mit „Bond Proxies“ auf eine Stufe gestellt hatten. Als Folge davon sind die Bewertungen günstig und der Sektor ist weit davon entfernt, überrepräsentiert zu sein.

Nach einer Phase scharfen Wettbewerbs unter den Telekommunikationsbetreibern erleben wir jetzt, dass sich die Märkte in vielen europäischen Ländern wieder beruhigen. Das geschieht mit stillschweigender Billigung von Regierungs- und Behördenseite, da die Dienstleister in Glasfaser- und 5G-Mobilfunknetze investieren müssen. Vor allem aber denken wir, dass sich diese Investition in Glasfaser und 5G entsprechend auszahlen wird.

Chancenrückgang bei Banken

Anzeichen für eine Rückkehr der Inflation sind fantastische Signale für den Finanzsektor. Schon in der zweiten Hälfte 2006 konnten Bankaktien signifikante Gewinne verbuchen. Die bislang übergroßen Bewertungschancen bei Banken haben sich nach dieser Phase einer starken Wertentwicklung verringert. Allerdings besteht immer noch genügend Spielraum für erhebliche Gewinnverbesserungen.

Bei den Finanzdienstleistern gefallen uns besonders die Versicherungstitel. Versicherer bieten nach wie vor eine angemessene Bewertung und sind weniger schwankend als Banken. Auch profitieren sie ganz klar von der Reflation4 , da diese ihnen die Möglichkeit bietet, ihre Erlöse in Anleihen mit höherer Rendite5 zu investieren.

Lohninflation kommt Konsumtiteln zugute

Einige Konsumtitel könnten ebenfalls zu den Gewinnern im aktuellen reflationären Umfeld gehören. Ein klassischer Ansatz für konjunkturorientiertes Investieren bestünde darin, zyklische Konsumtitel zu vermeiden, solange Rohstoffpreise und Anleiherenditen im Steigen begriffen sind. Das dürfte allerdings gerade jetzt nicht unbedingt die beste Vorgehensweise sein. Denn diese entwickeln sich bereits unterdurchschnittlich. Und auch die Anleiherenditen dürften erst einmal noch weiter niedrig bleiben, auch wenn sie sich von ihrem derzeit absurden Niveau erholen dürften.

Zwar hat der Zinserhöhungszyklus in den USA gerade eingesetzt, er schreitet aber nur langsam voran. Und andere Zentralbanken bleiben in Bezug auf Inflation scheinbar bewusst hinter der Kurve zurück.

Gleichzeitig ziehen die Arbeitsmärkte weiter an. Es könnte also vor allem wegen der höheren Löhe zu einem Anstieg der Inflation kommen. Das wäre ein vorteilhaftes Umfeld für Verbraucher. Wir stellen ebenfalls fest, dass viele Konsumtitel – z. B. Autozulieferer und -händler – angesichts der aktuellen Gewinnprognosen günstig bewertet aussehen.

Kurzum: Unserer Ansicht nach sollten sich Anleger zurzeit nach günstigen Bewertungen in Europa umschauen. Wir denken, in vielen Bereichen des Marktes, die im Zuge der niedrigen Zinssätze hoch bewertet wurden, könnten die Aktienkurse weiter fallen.

Der Beitrag wurde am 22. März 2017 auf Schroders.com veröffentlicht.

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