Schroders: Postkarte aus ... China

Eine Reise durch die Industriehochburgen Chinas zeigt, dass sich vor Ort nicht viel geändert hat.

22.11.2016 | 13:08 Uhr

Reduzierung der Überkapazitäten?

Wir kehren gerade von einer Rundreise durch die Industriegebiete Chinas zurück, wo wir kaum Anhaltspunkte für eine signifikante Reduzierung der Überkapazitäten feststellen konnten.

Dies steht im Widerspruch zu den offiziellen Berichten über erreichte oder übertroffene Ziele, ist aber vor dem Hintergrund der erneuten Fokussierung auf Wachstum und Konjunkturförderung vor der Neuausrichtung und Reform vielleicht gar nicht so überraschend.

Die Staatsunternehmen sind sich der Bemühungen der Regierung um den Abbau von Überkapazitäten in der Stahl- und Kohleindustrie sehr wohl bewusst und unterstützen diese offensichtlich auch. Bisher sind die Fortschritte jedoch sehr zäh: Die Begrenzung der Arbeitstage in der Kohleindustrie drosselte zwar das Angebot, Personal oder Produktionskapazitäten wurden bisher jedoch nicht abgebaut.

Hochfahren der Produktion

Tatsächlich scheinen viele Produzenten nur darauf zu warten, die Produktion wieder hochzufahren, sobald es erlaubt ist. Möglicherweise bewegt sie der höhere Preis, den sie dank des verringerten Angebots erzielen, dazu, die Produktion nicht zu erweitern. In der Stahlindustrie, in der die Arbeitszeit nicht eingeschränkt wurde, ging das Angebot gar nicht zurück. Ganz im Gegenteil.

Unterstützt durch zusätzliche Infrastrukturinvestitionen und den neuen Boom am Immobilienmarkt hat die Stahlproduktion trotz der Stilllegung von Werken zugenommen. Um diesen Kreislauf zu verstehen, muss man wissen, dass von den stillgelegten Werken mit einer Kapazität von insgesamt 45 Millionen Tonnen vermutlich nur 10–20 % in Betrieb waren. Die übrigen Fertigungsstätten waren ohnehin wegen mangelnder Rentabilität außer Betrieb und hatte infolgedessen keinen Einfluss auf die beobachtete Produktion. Zur Umsetzung der staatlichen Ziele wäre letztlich eine Reduzierung der produktiven Kapazitäten nötig. Aber in der Stahlindustrie sieht es aus, als würde dies nur ein kleiner Teil sein. Im Kohlebereich könnte der Effekt größer sein. Es ist jedoch unklar, wie sehr dies die Produktivität beeinflussen wird.

Wie wird sich dies auf eine neue Generation von Arbeitskräften auswirken?

Insgesamt scheinen die Staatsunternehmen zu zögern, Arbeitnehmer zu entlassen, und verweisen auf die Verantwortung gegenüber ihren Beschäftigten. Dies erinnert an die Quäker-Ethik im Westen, hängt in Wirklichkeit aber wohl eher damit zusammen, dass die Behörden sich um eine eventuelle Instabilität infolge der höheren Arbeitslosigkeit machen. Stattdessen werden die überschüssigen Arbeitskräfte in andere Zweige der Staatsunternehmen versetzt – viele haben Unternehmen auf anderen Gebieten wie Gesundheit, Immobilien und Logistik gegründet. Damit bleiben sie beschäftigt, aber mit einem fragwürdigen Wert für den Arbeitgeber oder die Gesamtwirtschaft.

Das mag politisch sinnvoll sein, ist aber ein weiteres Zeichen dafür, wie weit sich die Politik der Regierung von der Reformagenda von 2013 entfernt hat. Allgemein können und werden das Wachstum und die Beschäftigung vermutlich ohne größere Stimulationsmaßnahmen auf dem aktuellen Niveau gehalten werden. Wir befürchten allerdings, dass die neue Generation von Arbeitskräften nicht den gleichen Schutz genießt, wenn die Abrechnung schließlich doch kommt.

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