Schroders: Was die US-Wahl für die Märkte bedeutet

Marcus Brookes erläutert, was wir in Bezug auf die US-Präsidentschaftswahlen von der Brexit-Abstimmung lernen können, wenn es darum geht, Wettbörsen und Meinungsumfragen zu vertrauen. Zudem betrachtet er, wie sich die möglichen Wahlergebnisse auf die Märkte auswirken könnten.

31.10.2016 | 16:04 Uhr

Wettbörsen vs. Meinungsumfragen

Das Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands hat gezeigt, dass Wettbörsen ein Wahlergebnis besser vorhersagen als Meinungsumfragen. Folglich hätten die Briten beim Brexit-Referendum für den Verbleib in der EU stimmen müssen, denn danach sah es an den Wettbörsen aus. Da jedoch alles anders kam, ist die Theorie der Wettbörsen als besserer Indikator widerlegt. 

Ich habe dafür folgende Erklärung gehört: Die Zahl der Wetten auf den Austritt aus der EU war höher als die Zahl der Wetten auf den Verbleib, aber der durchschnittliche Wert der Wetten für den Verbleib war höher, wodurch der Gesamtwert der Wetten zugunsten des Verbleibs verzerrt wurde. Mit anderen Worten: Möglicherweise haben wohlhabende Wettteilnehmer, die auf den EU-Verbleib gesetzt haben, die Daten verzerrt. Beim nächsten Mal werden wir uns wohl den zahlenmäßigen Unterschied der Wetten anschauen, vorausgesetzt, wir erhalten Zugang zu diesen Daten.

Auf welcher Basis sollen wir nun Prognosen für die US-Wahlen aufstellen?  Bei einem angesehenen Buchmacher stand die Quote für einen Sieg von Hillary Clinton bei 4:9 und für einen Sieg von Donald Trump bei 7:4, womit Clinton klare Favoritin ist. Angaben zur Anzahl der abgegebenen Wetten konnte ich nicht finden. Die Ergebnisse der Meinungsumfragen in den USA fallen sehr gemischt aus. Generell bleibt Clinton die Favoritin – der Abstand zwischen beiden Kandidaten ist allerdings nicht besonders groß.

Das erinnert etwas an das Brexit-Referendum, bei dem die Meinungsforscher und die Buchmacher einer Meinung waren und letztlich beide falsch lagen. 

Ich bin auf einen Artikel gestoßen, bei dem eine Reihe von Wahrsagern gebeten wurden, ihre besonderen Fähigkeiten einzusetzen, um das US-Wahlergebnis vorherzusagen, und unter den üblichen Vorbehalten sprachen auch sie sich für Clinton aus. 

Zwei vollkommen unterschiedliche Politikprogramme

Warum ist das alles überhaupt von Bedeutung? Egal, welche politische Einstellung Sie vertreten, es ist klar, dass die beiden Kandidaten sehr unterschiedliche politische Programme für die USA repräsentieren, die sich zu einer globalen Thematik ausbreiten könnten. 

Clinton repräsentiert die etablierte Elite, das „Establishment“, und den meisten Kommentatoren zufolge ist mit ihr eine Fortsetzung der Politik, die man bisher gewohnt ist, am wahrscheinlichsten. Für Anleger interessant ist möglicherweise ihre Einstellung zu den Gesundheitskosten (zu hoch), zur Fiskalpolitik (leichte Lockerung, kein Helikoptergeld), zur Verteidigung (aktivere Außenpolitik, d. h. erhöhte Ausgaben) und zu Regulierungen (gegen strengere Finanzregulierungen). 

Trump hingegen gilt nicht als Teil des Establishments, auch wenn er die typischen Charakteristika „weiß“, „männlich“ und „Milliardär“ aufweist. 

Sein Politikprogramm scheint eher aus Rhetorik als genau durchdachten Initiativen zu bestehen. Wohlbekannt ist seine geplante Mauer zwischen den USA und Mexiko. Darüber hinaus hat Trump aber auch eine stärker protektionistische Agenda angedeutet, die sich durch eine weniger interventionistische Außenpolitik und einen Fokus auf „Amerikanisierung statt Globalisierung“ auszeichnet. Im Hinblick auf seine Fiskalpolitik ist wenig bekannt, außer, dass die Ausgaben unter Trump deutlich höher sein werden als unter Clinton. Wie er das finanzieren will, ist allerdings unklar (vielleicht durch Helikoptergeld). 

Konkreter wurde Trump in Bezug auf die US-Notenbank: Er kündigte an, Fed-Chefin Janet Yellen abzusetzen – möglicherweise ein Anzeichen dafür, dass die Regierung Trumps einen stärkeren Einfluss auf die Geldpolitik der Zentralbank ausüben würde.

Risikoreiche Zeit

Natürlich sind US-Präsidentschaftswahlen immer von großer Bedeutung, doch diese Wahl scheint mit besonderen Risiken für Anleger verbunden. Ein überraschender Wahlsieg Trumps würde sich zunächst auf die Aktien- und Anleihenmärkte auswirken und könnte auch die globalen Märkte treffen. Ausgabenpläne mit fehlender Finanzierung würden zu der Auffassung veranlassen, dass die Inflation steigen wird, ohne dass dabei ein starkes Wachstum erzielt wird.Bei einem Wahlsieg Clintons wird von mehr Sicherheit ausgegangen, doch auch in diesem Fall müssten sich die an geldpolitisches Doping gewöhnten Märkte möglicherweise damit abfinden, dass künftige finanzpolitische Lockerungen recht verhalten ausfallen könnten.  

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