Schroders: Wie wirken sich die Maßnahmen der EZB auf die Anleihemärkte aus?
Die Anleihemärkte reagierten unmittelbar und größtenteils positiv auf die neuesten Lockerungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB). Doch die Folgen für die Realwirtschaft sind schwieriger einzuschätzen.31.03.2016 | 16:40 Uhr
Die unmittelbare Reaktion des Marktes auf die jüngsten Lockerungsmaßnahmen, die von der EZB am 10. März bekanntgegeben wurden, war in einiger Hinsicht kontraintuitiv. Die meisten Anleger sind es gewohnt, dass die Anleiherenditen nach einer unerwartet hohen geldpolitischen Lockerung in den Keller gehen. Doch diesmal ist die Rendite für 5- und 10-jährige Bundesanleihen steil gestiegen.
Grund ist, dass die Renditen von Bundesanleihen bereits während der eindeutig „risikoscheuen“ Marktstimmung im Januar und Februar auf einen extremen Tiefstand getrieben wurden. Die jüngsten Hilfsmaßnahmen der EZB ließen die Märkte jubeln. Und führten dazu, dass einige der „Sicherheitsaufschläge“ in der Bewertung von Bundesanleihen reduziert wurden.
Auftrieb für optimistische Anleihen
Tatsächlich besteht wenig Zweifel daran, dass die jüngsten Schritte von EZB-Präsident Mario Draghi für die Finanzmärkte positiv sind. In der ersten Phase ihres Anleihekaufprogramms Anfang 2015 hatte die EZB den Schwerpunkt auf Staatsanleihen gelegt. Das trieb die Kurse für Anleihen in die Höhe und die Anleger zum Kauf von riskanteren Anlagewerten, um den Renditeverlust wettzumachen.
Das Rückkaufprogramm, das jetzt auf 80 Mrd. Euro im Monat erhöht wurde, schließt nun auch Investment-Grade-Unternehmensanleihen ein. Das bedeutet, dass die EZB die Risikokosten direkter nach unten treibt. Wir gehen davon aus, dass bonitätsstarke Unternehmensanleihen von jetzt an weiter auf Erfolgskurs bleiben. Die Kreditspreads dürften sich verengen, während Anleger auf Unternehmenstitel mit höheren Renditen setzen. Das wirkt sich infolge der besseren Kapitalkosten auch positiv auf die Aktienmärkte aus.
Werden die Änderungen tatsächlich etwas bewirken?
Die Folgen für die Realwirtschaft sind weniger klar abzusehen. Ein großer Teil der Liquidität, der damals in den USA durch ihre eigenen quantitativen Lockerungsprogramme in die Wirtschaft des Landes hätte fließen müssen, blieb im Bankensystem hängen. Auch zog die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes nicht merklich an. Es gab keine wirkliche Zunahme der Kreditvergabe. Gleichzeitig blieb der Hypothekenmarkt durch die regulatorischen Änderungen in gewisser Weise angeschlagen. Natürlich hätte die Wirtschaftslage in den USA deutlich schlechter sein können, wenn diese geldpolitischen Maßnahmen nicht durchgeführt worden wären.
Unserer Ansicht nach ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass die EZB ihr vielgepriesenes Inflationsziel von 2 % erreicht – selbst nicht innerhalb von fünf Jahren. Die Produktionslücke, die die Preisgestaltungsmacht von Arbeitnehmern wie Unternehmen belastet, ist zu groß für eine Preisverbesserung im Rahmen des angestrebten Wachstumsziels von 2 %. Das Wirtschaftswachstum – aktuell für 2016 mit 1,4 % prognostiziert – reicht nicht aus, diese Produktionslücke schnell zu schließen. Die EZB muss unserer Ansicht nach mehr tun.
Das Wartespiel
Das wirft dann die Frage auf, warum Mario Draghi seinen jüngsten Ankündigungen hinterherschickte, dass weitere Zinssenkungen „unwahrscheinlich“ seien. Der Euro, der nach Senkung des Einlagenzinssatzes gefallen war, ging sofort nach Draghis Kommentar in die Höhe. Wir sehen seine Bemerkung als größtenteils praktischer Natur. Eine Negativzinspolitik kann langfristig nicht funktionieren. Denn sie würde die Anleger dazu bewegen, Geld zu horten. Ein zu hoher Negativzins heißt, dass selbst die Kosten für die „interne“ Einlagensicherung niedriger sein könnten als die Kosten für das Parken von Geld bei der EZB.
Wie auch immer die EZB jetzt weiter verfährt: Es ist unwahrscheinlich, dass der Einlagenzins das von ihr angestrebte Werkzeug ist. Wir gehen erst einmal davon aus, dass die geldpolitischen Änderungen den Märkten mit riskanten Anlagewerten ein weiteres Polster verschaffen und die blank liegenden Nerven etwas beruhigt haben. Geduld ist nun erforderlich, um zu sehen, als wie effektiv sich die Maßnahmen zur Konjunkturankurbelung erweisen.
Autor: Gareth Isaac, Schroders Fondsmanager Anleihen