Starke Produktionsdaten gleichen neue Schuldenkrise aus

Risikoanlagen bleiben übergewichtet trotz schuldenbezogener Schwankungen in der Eurozone Ronald Doeswijk, Chief Strategist bei Robeco, erklärt warum. Die weltweit optimistischen Produktionsdaten und die nach wie vor robusten Schwellenmärkte unterstützen die moderate Übergewichtung der Aktien und anderer Risikoanlagen einschließlich Immobilien und Hochzinsanleihen vom Financial Markets Research-Team.

23.12.2010 | 10:50 Uhr



Dennoch hat das Wiederaufflammen der europäischen Schuldenkrise einen langen Schatten geworfen. Die wachsenden wirtschaftlichen Spannungen in der Eurozone führen dazu, dass das Team den Umfang seiner Übergewichtung in diesen Anlageklassen während des letzten Monats reduziert hat (für nähere Einzelheiten siehe den Artikel "Riskante Anlagen haben in ungewissem Umfeld abgenommen"). Dies war ein taktischer Schritt und das Team schätzt die Aktienmärkte aus langfristiger Sicht weiterhin positiv ein.

Für den Moment, erfordert die Schuldenkrise einige Vorsicht. "Die europäischen Behörden haben dabei versagt eine glaubwürdige, langfristige Lösung zu präsentieren. Das bedeutet, dass die Probleme weiterhin auftauchen werden," bemerkt Ronald Doeswijk. "Infolgedessen haben wir unser Risikoprofil, wozu auch Aktien zählen, generell verringert."

Die Schuldenkrise flammte wieder auf, nachdem die führenden Politiker Europas entschieden haben, die staatlichen Umstrukturierungen zukünftig zu erleichtern. Irland musste ebenfalls um Gelder aus dem europäischen Sicherheitsnetz bitten. Portugal ist möglicherweise der nächste Kandidat. "Das Sicherheitsnetz reicht derzeit für diese zwei kleinen Volkswirtschaften aus. Allerdings nahmen die Zweifel darüber zu, ob Spanien zu handhaben ist," sagt Doeswijk.

Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone insgesamt verdeckt regionale Abweichungen
Aber während die Unsicherheit über die Reaktion der politischen Entscheidungsträger hinsichtlich der erneuten Schuldenkrise zu größeren wirtschaftlichen Spannungen auf den europäischen Rentenmärkten führte, hatte die Wirtschaft der Eurozone gute Nachrichten, da der PMI-Index für das verarbeitende Gewerbe im November auf sein höchstes Niveau (55,3) innerhalb von vier Monaten anstieg.

Dennoch erholen sich nicht alle Teile der Eurozone mit derselben Geschwindigkeit. "Die Stärke der Eurozone insgesamt verschleiert den ungleichmäßigen Charakter der regionalen Erholung," meint Doeswijk. Frankreich und Deutschland sind besonders stark, während die südliche Peripherie Schwäche aufweist. Die Geldpolitik wird über 2011 hinweg locker bleiben, um die negativen makroökonomischen Auswirkungen der aktuellen schuldenbezogenen wirtschaftlichen Spannungen auszugleichen.

Wohnungsbau- und Haushaltsdefizite sind die Hauptprobleme der aufhellenden US-Wirtschaft
Die wirtschaftlichen Aussichten für die USA haben sich verbessert. Der Arbeitsmarkt befindet sich in einem deutlichen Aufwärtstrend, die Zahlen des Einzelhandels waren stabil und Unternehmen, die nicht zum Finanzsektor gehören, hatten gute Bilanzen sowie enorme Bargeldreserven.

Trotzdem schwebt noch immer eine Wolke über diese zwei Bereiche. "Der Wohnimmobilenmarkt und das Haushaltdefizit der Regierung stellen die zwei Hauptsorgen dar," sagt Doeswijk. "Dennoch denken wir, dass die makroökonomischen Entwicklungen diese Risiken ausgleichen." In der Zwischenzeit wird erwartet, dass die Geldpolitik sehr locker bleiben wird, da Inflationsrisiken gedämpft werden.

Gegensätzliche Produktionsdaten in Asien
Während die Nachrichten zu den weltweiten Produktionszahlen generell positiv waren, stellte Japan die Ausnahme dar. Die industrielle Produktion ging dort für den fünften Monat in Folge im Monatsvergleich zurück. Die Hersteller werden somit durch die Abschwächung des Yen im letzten Monat entlastet. "Wir können schwerlich begeistert sein über die wirtschaftlichen Aussichten für Japan," sagt Doeswijk. "Japan braucht dringend eine ansteigende Inflationsrate."

Sorgen über eine wirtschaftliche Verlangsamung Chinas klingen nunmehr ab, da der PMI-Index für das verarbeitende Gewerbe im November für den vierten Monat in Folge anstieg. Währenddessen nahm Chinas Inflation zu und stieg im Oktober auf unbehagliche 4,4 %.

Als Folge hiervon hat die Zentralbank die Zinssätze zum ersten Mal seit 2007 angehoben, und zusätzliche Sparmaßnahmen für den Bankensektor eingeführt. "Mit zunehmenden Inputpreisen, ist eine zusätzliche moderate Zinssatzerhöhung in naher Zukunft wahrscheinlich," meint Doeswijk.

Weiterhin positive Einschätzung der Aktienmärkte
Angesichts dieser Entwicklung schätzt das Financial Markets Research-Team Aktien nach wie vor positiv ein, selbst nachdem sich die kurzfristigen Aussichten für die Anlageklasse etwas verschlechtert haben. Zudem nahm das Team im vergangenen Monat eine taktische Reduzierung des Umfangs seiner Übergewichtungen vor.

Bei Aktien sind die Schwellenmärkte weiterhin die bevorzugte Region des Teams. "Wir erwarten, dass Nordamerika, Europa und die Pazifikregion in einem Zeitraum von 3 bis sechs Monaten den Schwellenmärkten hinterherhinken werden," sagt Doeswijk. Grund hierfür ist, dass Schwellenmärkte einen soliden wirtschaftlichen Ausblick vorweisen. "Das Momentum ist stärker, während Überalterung und Staatsschuld aus langfristiger wirtschaftlicher Perspektive keinen so negativen Einfluss haben wie auf entwickelten Märkten," fügt er hinzu.

Finanztitel immer noch unbeliebt
Das Team bevorzugt zyklische Sektoren gegenüber anderen Branchen. Die Anfangsphase der Erholung des Wirtschaftszyklus ist vorüber. Die Erholung hat jedoch noch nicht ihren Sättigungsgrad erreicht. "Wir rechnen daher damit, dass zyklische Werte davon profitieren, insbesondere zyklische Konsumgüter und Industriewaren," meint Doeswijk.

Angesichts der schwachen Performance von Finanztiteln während der letzten Monate, nimmt die Wahrscheinlichkeit einer positiven Wende zu. Allerdings ist das Team nicht gerade über das Risiko-Gewinn-Verhältnis des Sektors in einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten erfreut. "Der Sektor wird weiterhin Schulden abbauen und ein niedrigerer Verschuldungsgrad bedeutet geringere Renditen," erklärt er.

Vorsichtig optimistisch gegenüber dem Immobilienmarkt
Der Immobilienmarkt erlebte einigen Gegenwind in Form von höheren Anleiherenditen. Das derzeitige Kurs-Cashflow-Verhältnis für die Anlageklasse ist das 1,75-fache des Wertes für Aktien. "Wir denken nicht, dass diese Bewertungsprämie eine große Gefahr für zukünftige Renditen darstellt und erwarten, dass Immobilien sich ähnlich wie Aktien entwickeln werden. Wir sind vorsichtig optimistisch gegenüber der Anlageklasse," sagt Doeswijk.

Die Anlageklasse ist folglich übergewichtet, obwohl das Team den Umfang dieser Positionierung im vergangenen Monat reduziert hat.

Unternehmensanleihen immer noch bevorzugt
Obwohl Unternehmensanleihen von den Ereignissen in der Eurozone getroffen wurden – insbesondere Hochzinsanleihen wurden nach unten gezogen – denkt das Team weiterhin, dass sie ein attraktives Risiko-Rendite-Verhältnis bieten. "Ein moderates Wirtschaftswachstum sollte keine außergewöhnliche Anzahl von Konkursen auslösen. Wir rechnen auch nicht damit, dass Unternehmen bei Fusionen und Übernahmen zu viel bezahlen," erklärt Doeswijk.

Das Team bevorzugt derzeit weder Unternehmens- noch Hochzinsanleihen. Allerdings gibt es beiden den Vorzug vor Staatsanleihen. In den USA stieg die Zinskurve der Schatzanleihen um 25 Basispunkte an und wurde steiler, nachdem die Zentralbank die Details ihres geänderten quantitativen Lockerungsprogramms (QE2) bekannt gab. Dabei erreichten 30-Jahres-Renditen seit Mai ihr höchstes Niveau.

Doeswijk sagt dazu: "Das 2 bis 10-Jahres-Segment erscheint auf diesen Niveaus ziemlich gut geschützt. Dennoch erwarten wir, dass insbesondere das 30-Jahres-Segment empfindlich gegenüber Inflationsnachrichten bleibt."

Deutsche Bundesanleihen sind nicht länger gegen die Krise immun
In Europa sind die Spreads bei Anleihen von Peripherieländern im Vergleich mit deutschen Bundesanleihen weiterhin angestiegen, da sich die Unsicherheit über die finanzielle Stabilität verschiedener Mitglieder der Eurozone verstärkt hat. Der Unterschied bei diesem Ausverkauf ist, dass deutsche Bundesanleihen nicht länger eine sichere Zuflucht sind. "Die Logik ist einfach," sagt Doeswijk. "Je mehr Länder Hilfe suchen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland das Land sein wird, das schließlich die Rechnung dafür zu zahlen hat."

Diesen Beitrag teilen: